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Aktenversendungspauschale bei elektronisch geführter Akte

Erfolgt Akteneinsicht durch die Bußgeldstelle, welche zum Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht die Akte bereits elektronisch führte, ohne dass hierfür eine Rechtsgrundlage vorliegt, kann die Übersendung eines Ausdrucks aus der ohne Rechtsgrundlage geführten elektronischen Akte keine Aktenversendungspauschale begründen.

(Leitsatz des Verfassers)

AG Idar-Oberstein,Beschl. v.15.5.2020–5 OWi 73/20

I. Sachverhalt

Gegen den Betroffenen wird seitens des Polizeipräsidiums Rheinpfalz – Zentrale Bußgeldstelle – ein Verfahren wegen eines Verkehrsunfalls beim Einparken geführt. Der Verteidiger des Betroffenen hat bei der Polizei Akteneinsicht. Nach Abgabe der Sache durch die Staatsanwaltschaft an die Bußgeldstelle gewährte die Bußgeldstelle in Form von ausgedruckten Kopien der elektronischen Akte Akteneinsicht. Für die Aktenversendung wurde eine Auslagenpauschale von 12,00 EUR erhoben. Der Verteidiger hat Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Der hatte Erfolg.

II. Entscheidung

Nach Auffassung des AG fehlt es im Hinblick auf den durch die Bußgeldstelle an den Verteidiger übersandten Aktenausdruck derzeit an einer Grundlage für die Auslagenfestsetzung. Gemäß § 107 Abs. 5 Satz 1 OWiG könne von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführte Sendung einschließlich der Rücksendung durch Behörden pauschal 12 EUR als Auslagen erhoben werden. Werde die Akte elektronisch geführt und erfolge ihre Übermittlung elektronisch, werde eine Pauschale nicht erhoben, § 107 Abs. 5 S. 2 OWiG.

Die elektronische Führung der Akten sei bei der Bußgeldstelle trotz fehlender Rechtsgrundlage erfolgt (OLG Koblenz, Beschl. v. 17.7.2018 – 1 OWi 6 SsBs 19/18). Bisher fehle es im Landesrecht von Rheinland-Pfalz an einer Rechtsgrundlage, die eine elektronische Aktenführung durch die Verwaltungsbehörde ermögliche. Eine Rechtsverordnung auf Grundlage der Verordnungsermächtigungen in § 110a Abs. 1 OWiG n.F. sei bisher nicht erlassen worden. Insofern sei die Aktenführung bei der Zentralen Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, wo alle verfahrensrelevanten Dokumente zunächst nur digital vorhanden sind und erst bei Bedarf ausgedruckt werden, derzeit rechtswidrig. Nichts anderes gelte hier, auch wenn die Akte zum Zeitpunkt des Akteneinsichtsersuchens noch in Papierform bei der Polizei/der Staatsanwaltschaft geführt wurde. Erfolgt sei die Akteneinsicht erst durch die Bußgeldstelle, welche zum Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht die Akte bereits elektronisch führte, ohne dass hierfür eine Rechtsgrundlage vorgelegen habe. Die Übersendung eines Ausdrucks einer insofern ohne Rechtsgrundlage geführten elektronischen Akte könne keine Aktenversendungspauschale begründen, denn eine solche könne nur dann anfallen, wenn Einsicht in eine zulässigerweise und ordnungsgemäß geführte Akte gewährt werde.

III. Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung liegt auf der Linie der amtsgerichtlichen Rechtsprechung der letzten Zeit (vgl. AG Daun, Beschl. v. 15.4.2020 – 4c /141/20; AG Landstuhl/AG Trier RVGreport 2020, 190; AG Pirmasens, Beschl. v. 14.4.2017 – 1 OWi 424/16). Sie gilt nicht nur für Rheinland-Pfalz, sondern ggf. auch für andere Bundesländer, wenn dort eine Rechtsgrundlage für die elektronische Aktenführung nicht gegeben sein sollte. Daran ändert sich – worauf das AG zutreffend hinweist – nichts dadurch, dass zum Zeitpunkt der Akteneinsichtsantragstellung die Akte (noch) in Papierform vorgelegen entscheidend. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Akteneinsichtsgewährung.

RADetlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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