Auch nicht einschlägige Vorstrafen dürfen strafschärfend gewertet werden. Im Urteil sind dann regelmäßig Ausführungen zum Zeitpunkt der Vorverurteilungen, zum Schuldspruch, zu den erkannten Rechtsfolgen und zu einer etwaigen Verbüßung erforderlich. Sollen aus Vortaten und Vorstrafen gewichtigere Konsequenzen gezogen werden als die Wertung des Umstands, dass der Angeklagte sich die Vorverurteilungen nicht hat zur Warnung dienen lassen, bedarf es in der Regel ergänzend einer (zusammengefassten) Sachverhaltsschilderung und gegebenenfalls auch der Wiedergabe relevanter früherer Strafzumessungserwägungen.
(Leitsatz des Gerichts)
I. Sachverhalt
Nicht einschlägige Vorstrafe strafschärfend gewertet
Das AG hatte den Angeklagten wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 EUR verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung hat es zu seinen Lasten berücksichtigt, dass der Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln vorbestraft ist. Welche konkreten Betäubungsmittel und welche Menge der damaligen Verurteilung zugrunde lagen, wurde im Urteil nicht mitgeteilt.
Revision erfolglos
Die gegen das Urteil des AG eingelegte Sprungrevision des Angeklagten hat das BayObLG gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe verworfen, dass dem Angeklagten eine Ratenzahlungsbefugnis bewilligt wurde.
II. Entscheidung
Nicht einschlägige Vorstrafen berücksichtigungsfähig
Nach Auffassung des Senats sind die Ausführungen des AG zur Vorstrafe des Angeklagten zwar knapp, bedingen jedoch nicht die Aufhebung des Strafausspruchs.
Darlegungsanforderungen einzelfallabhängig
Grundsätzlich dürften auch nicht einschlägige Vorstrafen bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, weil sie belegten, dass der Täter sich die frühere Verurteilung nicht hat zur Warnung dienen lassen. Die Vorstrafen seien im Urteil in dem Umfang und in der Detailliertheit mitzuteilen, in denen sie für die getroffene Entscheidung von Bedeutung sind. Denn der Tatrichter sei gehalten, dem Revisionsgericht die Nachprüfung zu ermöglichen, ob er die gebotene wertende Gesamtschau von Tatgeschehen und Person des Angeklagten sowie der für seine Persönlichkeit, sein Vorleben und sein Nachtatverhalten aussagekräftigen Umstände vorgenommen hat. Die jeweils gebotene Darstellungsbreite und die Darstellungsdichte bestimmten sich nach dem Einzelfall. Regelmäßig erforderlich seien Ausführungen zum Zeitpunkt der Vorverurteilungen, zum Schuldspruch, zu den erkannten Rechtsfolgen und zu einer etwaigen Verbüßung.
Sachverhaltsschilderung nicht immer erforderlich
Einer (zusammengefassten) Sachverhaltsschilderung und gegebenenfalls auch der Mitteilung relevanter früherer Strafzumessungserwägungen bedürfe es hingegen nur, wenn aus Vortaten und Vorstrafen gewichtigere Konsequenzen gezogen werden sollen. Gemessen hieran seien die Ausführungen des AG ausreichend, da die Vortat mit einer Geldstrafe am unteren Rand geahndet werden konnte und das Tatunrecht nicht allzu hoch gewesen sei. Daher habe keine weitergehende Erörterungspflicht bestanden.
III. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend
Die Entscheidung ist zutreffend. Insbesondere ruft der Senat zu Recht in Erinnerung, dass Vorstrafen des Angeklagten entgegen einer bei den Gerichten immer noch weit verbreiteten Praxis nicht immer in aller Ausführlichkeit im Urteil wiedergegeben werden müssen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen dem Angeklagten lediglich strafschärfend angelastet wird, dass er sich eine frühere Verurteilung nicht habe zur Warnung dienen lassen. Denn Vorstrafen sind, was auch der BGH immer wieder betont, nur in dem Umfang und in denjenigen Einzelheiten mitzuteilen, in denen sie für die getroffene Entscheidung von Bedeutung sind. Es ist daher nicht sachgerecht, Vorstrafenurteile undifferenziert und ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit im Einzelnen in wörtlicher Wiedergabe einzurücken oder einzukopieren (BGH, Beschl. v. 25.11.2021 – 4 StR 255/21, NStZ-RR 2022, 88).