Die Einziehung des Werts des Erlangten ist auch gegen bloß leichtfertig handelnde Täter ohne Abzug von Aufwendungen anzuordnen.
(Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Verurteilung wegen leichtfertiger Geldwäsche
Das AG hatte die Angeklagte wegen Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt, die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von 15.184,25 EUR angeordnet und sie vom Vorwurf der – ebenfalls leichtfertigen – Geldwäsche in zwei weiteren Fällen freigesprochen. Auf die Berufungen der Angeklagten, die vollständigen Freispruch erstrebt hat, und der Staatsanwaltschaft hat das LG die Angeklagte wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen verurteilt und die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von 17.324,25 EUR angeordnet.
Feststellungen des LG
Das LG ist von folgenden Feststellungen ausgegangen: Im März 2022 las die Angeklagte in der Zeitung eine Annonce einer … GmbH aus Stuttgart, die eine Tätigkeit als „Transfermanagerin im Homeoffice“ anbot. In der Annahme, dass es sich um ein seriöses Arbeitsangebot handele, kontaktierte die Angeklagte die … GmbH. Die Angeklagte wurde sodann als Transfermanagerin auf 20-Stunden-Basis mit einem Stundenlohn von 18,75 EUR und 2 % Provision pro getätigte Transaktion, die jeweils in dem „Umtausch“ von auf einem vorgeblichen Treuhandkonto eingehenden Überweisungen in Kryptowährungen bestehen sollte, eingestellt. Sie eröffnete auf Weisung eines Teammanagers P auf ihren Namen ein vorgebliches Treuhandkonto bei der Deutschen Kreditbank, welches für die Transaktionen dienen sollte, ferner ein Konto bei der Kryptowährungsbörse Bitpanda, über das dann die eigentlichen Transaktionen von EUR in die Kryptowährung Bitcoin erfolgen sollten. Sodann führte die Angeklagte die vier Transaktionen durch, wobei sie sich aufgrund des ihr in Aussicht gestellten, aber nie erhaltenen guten Verdienstes der sich zunehmend aufdrängenden Einsicht verstellte, dass sie sich so an der Weiterleitung betrügerisch erlangter Geldbeträge beteiligte:
Am 22.3.2022 ging auf dem vorgenannten DKB-Konto eine Gutschrift über 1.940 EUR von P mit dem Verwendungszweck „privat“ ein. Die Angeklagte überwies diesen Geldbetrag am gleichen Tag auf ihr Konto bei der Bitpanda GmbH. Dort erfolgte der Umtausch in Bitcoin zum Zugriff durch den vorgeblichen P oder anderen Verantwortliche der PB Capital GmbH.
Weiter erhielt die Angeklagte am 28.3.2022 eine Gutschrift in Höhe von 5.584 EUR einer gesondert verfolgten B mit dem Verwendungszweck „Auftrag“ auf das e-Konto bei der DKB Bank überwiesen. Die Angeklagte überwies zunächst 200 EUR als Auslagenersatz auf ihr Privatkonto weiter. Die übrigen auf dem DKB-Konto der Angeklagten verbliebenen 5.384 EUR wurden aufgrund eines Überweisungsrückrufs an B zurücküberwiesen. Die Angeklagte hatte aber bereits einen Bitcoinkauf bei der Bitpanda GmbH durchgeführt, weswegen sie inzwischen von dieser Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Sodann sperrte wegen eines dort entstandenen Geldwäscheverdachts die DKB-Bank das Konto.
Der vorgebliche Herr P bat die Angeklagte, kurzfristig ihr Privatkonto zur Verfügung zu stellen, u.a. weil nunmehr Echtzeitüberweisungen erfolgen sollten, die die DKB nicht anbiete. Ferner sollte sie ein Konto bei der Kryptowährungsbörse Kraken eröffnen.
Die Angeklagte erhielt ebenfalls am 28.3.2022 eine Überweisung vom Konto des F in Höhe von 6.752,13 EUR auf ihr Sparkassenkonto. F war dazu gebracht worden, Transaktionsnummern (TAN) seines Volksbankkontos einem vorgeblichen Bankmitarbeiter mitzuteilen. So wurde die Überweisung von seinem Konto mit dem Verwendungszweck „Rechnung Mercedes“ ausgelöst. Die Angeklagte überwies einen Geldbetrag in Höhe von 6.752 EUR auf ihr Konto bei der Kryptowährungsbörse Kraken (Payward Limited) weiter. Es erfolgte ebenfalls eine Umwandlung in eine Kryptowährung mit Zugriff durch den vorgeblichen P oder andere Verantwortliche der PB Capital GmbH.
Am gleichen Tag überwies die Angeklagte noch weitere 8.432 EUR auf ihr Kraken-Konto und transferierte es in eine Kryptowährung, wobei das Geld aus einer Gutschrift in Höhe von 8.432,12 EUR vom Konto des Y stammte und welches aus einem vorangegangenen Betrug/Computerbetrug herrührte, was die Angeklagte ebenfalls nicht wusste.
II. Entscheidung
Das LG ist in allen vier Fällen von einer leichtfertigen Geldwäsche (§ 261 StGB) ausgegangen und hat die Angeklagte, gegen die inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, insoweit verurteilt.
Einziehung des Werts des Erlangten
Das LG hat außerdem gem. § 73c StGB die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von insgesamt 17.324,25 EUR, und zwar 1.940 EUR und 200 EUR und 6.752,13 EUR und 8.432,12 EUR, angeordnet: Die den Konten der Angeklagten überwiesenen und von ihr an P oder andere Verantwortliche der … GmbH weitergeleiteten Geldbeträge sind von ihr i.S.d. § 73 Abs. 1 StGB erlangt worden. Aufgrund der weitgehenden Rückbuchung des am 28.3.2022 erlangten Betrages sei nach Maßgabe des § 73e StGB in diesem Fall die Einziehung nur noch in Höhe der von der Angeklagten auf ihr Privatkonto überwiesenen 200 EUR anzuordnen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen stehe der Anordnung der Einziehung nicht entgegen.
Kein Abzug von Aufwendungen
Obschon die Angeklagte nicht vorsätzlich gehandelt habe, komme – so das LG – ein Abzug ihrer Aufwendungen – die bis auf die von ihr auf ihr Privatkonto überwiesenen 200 EUR den erlangten Beträgen entsprächen – nach § 73d Abs. 1 S. 1 StGB nicht in Betracht. Zwar sei anerkannt, dass bei einem bloß fahrlässig handelnden Täter dieser Abzug vorzunehmen sei (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.2019 – 1 StR 107/18, BGHSt 64, 161 ff.; Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 73d Rn 6 m.w.N.). Dies kann aber nach Auffassung der Kammer aus rechtssystematischen Gründen nicht für den leichtfertig handelnden Täter gelten. Selbst ein nicht Tatbeteiligter Dritter sei ohne Abzugsmöglichkeit der Einziehung des Erlangten ausgesetzt, wenn er dessen kriminelle Herkunft hätte erkennen müssen, also diese leichtfertig verkannt hat (vgl. § 73b Abs. 1 S. 2 StGB, s.a. LK/Lohse, StGB, 13. Aufl. 2020, § 73d Rn 15 m.w.N.; Fischer, a.a.O.; a.A. Rübenstahl, in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltskommentar StGB, 3. Aufl. 2020, § 73b Rn 17). Dieselbe Wertung folge auch aus dem Vergleich mit dem zivilrechtlichen Kondiktionenrecht (§§ 812 ff. BGB), dem die strafrechtliche Einziehung nachempfunden sei. § 817 S. 2 BGB schließe die Rückforderung einer vorsätzlich oder leichtfertig gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten erbrachten Leistung aus (vgl. BGH, Urt. v. 23.5.2005 – VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490 m.w.N.; Grüneberg/Sprau, BGB, 82. Aufl. 2023, § 817 Rn 17).
III. Bedeutung für die Praxis
Erstaunlich leichtgläubig
1. Zur Sache: Man ist immer wieder erstaunt, wie leichtgläubig doch mancher ist, wenn es um das Geldverdienen geht. Dass das, was man der Angeklagten hier angetragen hat, nicht koscher sein konnte, lag m.E. auf der Hand.
(Gegenstands-)Wert für Nr. 4142 VV RVG von Bedeutung
2. Gebührenrechtlich ist die Entscheidung für Verteidiger im Hinblick auf die Nr. 4142 VV RVG von Interesse. Diese zusätzliche Verfahrensgebühr (zum Anfall eingehend Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Nr. 4142 VV Rn 5 ff. und Rn 18 ff.) berechnet sich nach dem Gegenstandswert (dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4142 VV Rn 29 ff. m.w.N.; zu allem auch die Kommentierung der Nr. 4142 bei Gerold/Schmidt, RVG, 26. Aufl. 2023). Und dafür ist diese Entscheidung von Bedeutung, da sie zur Höhe des maßgeblichen Gegenstandswerts in diesen Fällen (noch einmal) Stellung nimmt. Der richtet sich ja nach dem Wert des Erlangten/des eingezogenen Betrages. M.E. ist es zutreffend, wenn die herrschende Meinung davon ausgeht, dass der Täter, der das Verbotene eines Geschäfts fahrlässig verkennt, seine Aufwendungen nicht bewusst für eine Straftat getätigt hat, sodass sie für das Geschäft bei der Bestimmung des Erlangten zu berücksichtigen sind (BT-Drucks 18/9525, S. 68, 69; vgl. hierzu auch Hiéramente/Schwerdtfeger, BB 2018, 834, 838; Saliger, ZStW 2017, 995, 1013; Schilling/Corsten/Hübner, StraFo 2017, 305, 307). Das Argument zieht bei leichtfertigem Handeln nicht.