Auch das alleinige Verlesen des Protokollkopfs einer überwachten Telekommunikation stellt ein Verhandeln zur Sache i.S.d. § 229 StPO dar.
(Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Verfahrensrügen erfolglos
Das LG hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das BtMG zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und sachlich-rechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hatte mit der Sachrüge Erfolg, die Verfahrensrügen des Angeklagten waren hingegen erfolglos.
II. Entscheidung
Verletzung von § 229 Abs. 4 S. 1 StPO?
Der Angeklagte hatte u.a. auch eine Verletzung von § 229 Abs. 4 S. 1 StPO gerügt. Auch diese Rüge war erfolgslos. Entgegen der Ansicht des Angeklagten war nach Auffassung des BGH in den von ihm angeführten Fortsetzungsterminen zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert worden.
Verlesung des Protokollkopfs einer überwachten Telekommunikation reicht aus
Dies gilt für den Termin am 1.7.2022 insbesondere deshalb, weil bei Aufruf der Sache um 12.05 Uhr ein früherer Mitangeklagter abwesend war, die Verhandlung um 12.20 Uhr unterbrochen und um 15.45 Uhr in Anwesenheit des früheren Mitangeklagten fortgesetzt worden sei. Im Anschluss sei aus einem Sonderband der Protokollkopf einer überwachten Telekommunikation verlesen worden. Die Sitzung sei dann um 15.55 Uhr beendet worden.
Dieser Verfahrensablauf stelle ein Verhandeln zur Sache dar, mit dem die Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO gewahrt worden sei, denn angesichts der offenbar nicht zuvor angekündigten Abwesenheit des früheren Mitangeklagten habe die Hauptverhandlung augenscheinlich nur in wesentlich geringerem Umfang gefördert werden können (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2017 – 3 StR 262/17, NStZ 2018, 297, 298; Beschl. v. 5.11.2008 – 1 StR 583/08, NStZ 2009, 168; KK-StPO/Gmel/Peterson, 9. Aufl. 2023, § 229 Rn 6).
Auch das alleinige Verlesen des Protokollkopfs einer überwachten Telekommunikation im Termin vom 25.7.2022 stelle ein Verhandeln zur Sache dar. Aus dem mit der Revisionsbegründung vorgelegten Überwachungsprotokoll ergeben sich eingangs des Dokuments Datum, Uhrzeit, Telefonnummern der Anschlüsse und deren Inhaber sowie die Teilnehmer des Gesprächs. Es habe sich mithin um grundsätzlich auch für den weiteren Fortgang der Beweisaufnahme relevante Inhalte gehandelt.
III. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend
Eine der doch recht zahlreichen Entscheidungen, die sich mit dem Begriff der „Sachverhandlung“ befassen. M.E. ist das Ergebnis zutreffend. Der BGH stellt zu Recht darauf ab, dass auch die Verlesung des Protokollkopfs Erkenntnisse ergeben hat, die für die Beweisaufnahme und damit für die Feststellungen von Bedeutung sein können und damit für den Fortgang des Verfahrens von Bedeutung waren (zur Sachverhandlung s. auch die Nachweise bei Burhoff, in. Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 11. Aufl. 2025, Rn 3222 ff.).