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(Neue) automatische Kennzeichenerfassung (§§ 163g, 101 StPO)

Durch das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ vom 25.6.2021 (BGBl I, S. 2099) ist in § 163g StPO mit Wirkung ab 1.7.2021 als neue Fahndungsmaßnahme eine Befugnis zur automatischen Kennzeichenerfassung im öffentlichen Verkehrsraum eingeführt worden. Wir stellen Ihnen diese Neuregelung vor.

I.Allgemeines

Der neue § 163g StPO hat eine spezialgesetzliche Befugnis der Strafverfolgungsbehörden zur automatischen Kennzeichenerfassung im öffentlichen Verkehrsraum, insbesondere zu Fahndungszwecken, eingeführt. Ausdrücklich geregelt ist damit der Fahndungseinsatz von automatischen Kennzeichenlesesystemen (AKLS), die es erlauben, über einen bestimmten Zeitraum hinweg vor allem auf Fernstraßen sämtliche passierende Fahrzeuge abzulichten, deren amtliche Kennzeichen durch eine Software auszulesen und sie mit Kennzeichen von Kraftfahrzeugen abzugleichen, die auf den Beschuldigten oder seine Kontaktpersonen zugelassen sind bzw. von diesen Personen genutzt werden. Insoweit bestand in der StPO nach Auffassung des Gesetzgebers bislang eine Regelungslücke (vgl. die Zusammenstellung in BT-Drucks 19/27654, S. 82). Der Gesetzgeber hat die Einführung einer spezialgesetzlichen Fahndungsregelung nunmehr auch in der StPO als erforderlich angesehen, weil deren geltende Befugnisnormen in diesem Bereich den Einsatz von AKLS nur unzureichend zu rechtfertigen vermögen und eine ausdrückliche, rechtssichere Regelung nach den Vorgaben des BVerfG geboten erschien (wegen der Einzelheiten BT-Drucks 19/27654, S. 82 f.).

Hinweis

Die Bundesländer hatten eine noch weitreichendere Regelung gefordert (BR-Drucks 57/21, Beschluss, S. 6, 18). Sie hatten eine Regelung in einem § 100k StPO-E gefordert, der die automatische Kennzeichenerfassung zu Fahndungszwecken und zur Identitätsfeststellung erlauben sollte sowie eine längere Speicherung der Daten vorsah (zu § 163g StPO). Diese Vorschläge sind aber nicht Gesetz geworden.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann die Erhebung verdeckt durchgeführt werden (BVerfG, Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15, 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10, NJW 2019, 827; BT-Drucks 19/27654, S. 84).

II.Befugnis zur Datenerhebung (163g Abs. 1 StPO)

Die Zulässigkeit des Einsatzes von AKLS ist nach § 163g Abs. 1 S. 1 StPO von folgenden Voraussetzungen abhängig:

Nach § 163g Abs. 1 S. 1 StPO muss ein auf Tatsachen gestützter Anfangsverdacht der Begehung einer Anlasstat, nämlich einer Straftat von erheblicher Bedeutung, bestehen (BVerfG a.a.O.). Dabei handelt es sich um die zentrale Verhältnismäßigkeitsanforderung aus der Rechtsprechung des BVerfG zum Einsatz von AKLS im Gefahrenabwehrrecht. Für die Auslegung des Merkmals „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ gilt: Die StPO verwendet hier die Formulierung, wie sie z.B. auch in § 98a StPO bei der Rasterfahndung (Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Aufl. 2019, Rn 3596 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV], verwendet wird. Damit kann die dazu vorliegende Rechtsprechung herangezogen werden (Burhoff, EV, Rn 3601 f.). Verwiesen werden kann auch auf § 81g Abs. 1 S. 1 StPO, auf § 100h Abs. 1 S. 2 StPO, auf § 100i Abs. 1 StPO, auf die §§ 131 ff. StPO, auf § 163e Abs. 1 S. 1 StPO und auf § 163f Abs. 1 S. 1 StPO. Danach scheiden Bagatelldelikte aus und die Anlasstat muss mindestens dem mittleren Kriminalitätsbereich zuzurechnen sein, den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen, was bei Verbrechen i.d.R. der Fall sein dürfte, bei Vergehen aber erst ab einer bestimmten erhöhten Strafrahmenobergrenze (s.a. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 98a Rn 5 m.w.N.; BT-Drucks 19/27654, S. 85.).

Hinweis

Weitere Beschränkungen in tatsächlicher Hinsicht – etwa auf einen bestimmten Straftatenkatalog oder auf Taten, die auch im Einzelfall schwer wiegen oder auf Subsidiaritätskonstellationen (sog. Erschwerens- bzw. Aussichtslosigkeitsklausel) – hat die Neuregelung nicht aufgestellt. Die Gesetzesbegründung verweist darauf, dass diese auch vom BVerfG nicht verlangt werden, wenn die erhobenen AKLS-Daten unverzüglich im sog. hit/no hit-Verfahren ausgewertet werden (BVerfG a.a.O.).

Als weitere Voraussetzung verlangt § 163g Abs. 1 S. 1 StPO, dass tatsächliche Ermittlungserkenntnisse die Annahme rechtfertigen, dass der Abgleich der AKLS-Daten nach § 163g Abs. 2 StPO zur Ermittlung der Identität oder des Aufenthaltsortes des Beschuldigten führen kann (sog. Erfolgsaussicht; BT-Drucks 19/27654, S. 83, 85; BVerfG a.a.O.). Gemeint ist damit der Einsatz zu Zwecken der Fahndung nach dem namentlich bekannten Beschuldigten – „zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten“ – sowie zu Zwecken der Identifizierung des noch unbekannten Beschuldigten, wenn das Kennzeichen des von ihm genutzten Kraftwagens schon bekannt ist – „zur Ermittlung der Identität des Beschuldigten“.

Nach § 163g Abs. 1 S. 2 StPO darf der Einsatz von ALKS „nur vorübergehend und nicht flächendeckend erfolgen“ (vgl. auch das Erfordernis der Befristung in § 163g Abs. 3 S. 3 StPO). Mit dieser Einschränkung soll sichergestellt werden, dass die vom BVerfG (a.a.O.) geforderte räumliche und zeitliche Begrenzung der Maßnahme eingehalten wird (BT-Drucks 19/27654, S. 85). Zudem wird die in § 163g Abs. 1 S. 1 StPO geforderte Erfolgsaussicht nur für solche Kontrollpunkte im öffentlichen Verkehrsraum anzunehmen sein, an denen sich ein Passieren der Zielperson i.S.d. § 163g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 StPO in absehbarer Zeit aus Ex-ante-Sicht als hinreichend wahrscheinlich darstellt.

Hinweis

Ein flächendeckender Einsatz der automatischen Kennzeichenerfassung „ins Blaue hinein“ ist also ausgeschlossen. Im Falle einer längeren Erfolglosigkeit des AKLS-Einsatzes liegen die Voraussetzungen für eine ggf. beabsichtigte Verlängerung nicht vor (BT-Drucks 19/27654, S. 87).

Mit der räumlichen Beschränkung des AKLS-Einsatzes durch das Erfordernis „örtlich begrenzt“ dürfte der Einsatz von AKLS-Geräten vornehmlich als stationärer Einsatz in Betracht kommen, wenn also die Geräte an bestimmten Kontrollpunkten im Verkehrsraum fest installiert sind. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 19/27654, S. 85) soll aber auch der sog. mobile Einsatz von AKLS aus dem fahrenden Dienstwagen heraus zulässig sein, und zwar zumindest insoweit, wie sich die damit generierte Überwachung nicht als flächendeckend i.S.d. Rechtsprechung des BVerfG darstellt.

III.Erhebungsgegenstand (S. 1)

Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung vor, besteht die Befugnis zur Erhebung der Kennzeichen von Kraftfahrzeugen und bestimmter abschließend genannter Daten, und zwar der Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, Ort, Datum, Uhrzeit, Fahrtrichtung. Unter den Begriff des „Kennzeichens“ fallen in erster Linie amtliche Kennzeichen, ggf. aber auch Versicherungskennzeichen bzw. entwertete oder ausländische Kennzeichen (BT-Drucks 19/27654, S. 85).

Hinweis

§ 163g Abs. 1. S. 1 StPO enthält eine Aufzählung, welche Daten erhoben werden dürfen. Weitere Daten dürfen nicht erhoben werden (BT-Drucks 19/27654, S. 85). Die Ablichtungen der passierenden Kraftfahrzeuge dürfen zudem ausschließlich dafür genutzt werden, mithilfe einer Software die Ziffernfolge des Kennzeichens auszulesen. Eine Speicherung oder Auswertung von weiteren Elementen der Ablichtungen, etwa die Feststellung, mit wie vielen Personen ein Fahrzeug besetzt war oder gar ein ggf. technisch möglicher Gesichtsabgleich zur Identifizierung von Zielpersonen, ist nicht zulässig (BT-Drucks 19/27654, S. 8).

„Örtlich begrenzt“ ist der Einsatz von AKLS auf den öffentlichen Verkehrsraum. Dies umfasst den Bereich der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten öffentlichen Straßen und Plätze (zum Begriff der Öffentlichkeit u.a. Burhoff, in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl. 2021, Rn 3696 m.w.N.), nicht aber private Orte, und zwar auch nicht solche, die ohne Rücksicht auf die privatrechtlichen Verhältnisse einem unbestimmten Personenkreis zur Benutzung freigegeben sind (BT-Drucks 19/27654, S. 86). § 163g StPO ist insoweit enger gefasst als die Befugnis zur Errichtung von Kontrollstellen an öffentlich zugänglichen Orten nach § 111 StPO (Meyer-Goßner/Schmitt, § 111 Rn 8). I.d.R. wird es daher absehbar vor allem um den Einsatz von AKLS auf Fernstraßen gehen.

IV.Abgleich (§ 163g Abs. 2 StPO)

In § 163g Abs. 2 StPO ist die Befugnis zum Abgleich der erhobenen Kennzeichen geregelt. Sie schließt sich computergestützt unmittelbar an die Erhebung an.

Nach § 163g Abs. 2 S. 1 StPO darf die nach Abs. 1 ausgelesene Ziffernfolge des Kennzeichens nur mit Kennzeichen von solchen Kraftfahrzeugen abgeglichen werden, die einer der in Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 genannten Zielpersonen zuzuordnen sind. Die Aufzählung ist abschließend.

Erfasst werden nach Nr. 1: Kraftfahrzeuge, die auf den Beschuldigten als Halter zugelassen sind oder – wofür tatsächliche Anhaltspunkte bestehen müssen – mutmaßlich von ihm genutzt werden, ohne dass er deren Halter ist. Zielpersonen können aber nach Nr. 2 statt oder neben dem Beschuldigten auch sog. Kontaktpersonen (dazu VG Aachen RuP 2010, 201) sein. Der gegen sie gerichtete Einsatz von AKLS ist nach dem Vorbild von bereits bestehenden Regelungen (vgl. § 100f Abs. 2 S. 2 StPO oder § 100h Abs. 2 S. 2 Nr. 2 StPO oder § 163e Abs. 1 S. 3 StPO oder § 163f Abs. 1 S. 3 StPO) nur unter den weiter ausdrücklich genannten Voraussetzungen zulässig, nämlich: Es müssen tatsächliche Anhaltspunkte für einen bereits bestehenden oder angebahnten Kontakt zum Beschuldigten vorliegen. Zudem muss, wie sich aus § 163g Abs. 1 S. 1 StPO ergibt, die Aussicht auf die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten bestehen und dies nach Maßgabe des Ermittlungsstandes im Anordnungszeitpunkt auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert sein (dazu Burhoff, EV, Rn 2816).

Der Datenabgleich hat nach § 163g Abs. 2 S. 2–4 StPO unverzüglich nach der Erhebung im sog. hit/no hit-Verfahren zu erfolgen (BVerfG, Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15, 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10, NJW 2019, 827; BT-Drucks 19/27654, S. 86). Erforderlich ist danach also ein Prüfungsablauf, wie er vom BVerfG auch für den Einsatz von AKLS im Gefahrenabwehrrecht für zulässig erachtet wurde. Insoweit gilt:

Zunächst ist nach S. 2 „unverzüglich“ (§ 121 BGB) nach der Erhebung nach § 163g Abs. 1 StPO ein automatisierter, computergestützter Abgleich vorzunehmen, welcher das Ergebnis „Treffer“ oder „Nichttreffer“ ergibt. Im Trefferfall hat sich nach S. 3 – ebenfalls unverzüglich – ein zweiter, manueller Abgleich durch einen Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden zwischen den erhobenen amtlichen Kennzeichen und den in § 163g Abs. .1 S. 1 bezeichneten Halterdaten anzuschließen, der die aufgrund technischer Unzulänglichkeiten nicht vermeidbaren „unechten Trefferfälle“ herauszufiltern hat, bei denen eine Übereinstimmung der Kennzeichen durch den persönlichen optischen Abgleich nicht bestätigt wird. Für derartige unechte Treffer besteht ebenso wie für Nichttreffer nach S. 4 die Pflicht zur sofortigen und spurenlosen Löschung, um das Gewicht des Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung für die Masse der betroffenen Personen so gering wie möglich zu halten (BVerfG a.a.O.).

V.Anordnungskompetenz (§ 163g Abs. 3 StPO)

Die Anordnungskompetenz ist in § 163g Abs. 3 StPO geregelt. Vorgesehen ist eine abgestufte Anordnungskompetenz, die der Regelung in § 131c Abs. 1 S. 2 StPO – Ausschreibung nach § 131a Abs. 1 und 2 StPO (dazu Burhoff, EV, Rn 2205 ff.) – folgt. Das bedeutet: Grds. ist die Staatsanwaltschaft zur Anordnung befugt (§ 163g Abs. 3 S. 1 StPO). Ausnahmsweise besteht nach § 163g Abs. 3 S. 4 StPO bei „Gefahr im Verzug“ (dazu Burhoff, EV, Rn 1609 ff.) auch eine Anordnungsbefugnis für die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG). Derartige Eilfälle werden seltener in Fahndungskonstellationen, aber öfters in Ermittlungssituationen im frühen Stadium nach der Tatbegehung gegeben sein, wenn das Kennzeichen des Tatfahrzeugs bereits bekannt, die Identität des Beschuldigten aber noch ungeklärt ist. In derartigen Eilfällen, in denen der Ermittlungserfolg wesentlich davon abhängen kann, dass die Überwachungsmaßnahmen ohne Zeitverzug ins Werk gesetzt werden, ist die Anordnung der Maßnahmen durch die Polizei ausreichend.

VI.Form der Anordnung (§ 163g Abs. 3 StPO)

Die Anordnung der Maßnahme durch die Staatsanwaltschaft ergeht nach § 163g Abs. 3 S. 1 StPO schriftlich. In der schriftlichen Anordnung müssen nach § 163g Abs. 3 S. 2 StPO die Voraussetzungen der Maßnahme dargelegt werden (BT-Drucks 19/27654, S. 86 f.). Gemeint sind damit in erster Linie Ausführungen zu den Anordnungsvoraussetzungen des Abs. 1, wie der Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung, der Erfolgsaussicht der Maßnahme sowie ggf. zu den Voraussetzungen des Abs. 2, insbesondere im Falle der Überwachung von Kontaktpersonen sowie der Nutzung von nicht auf den Beschuldigten zugelassenen Fahrzeugen. Auch sind die Kennzeichen, mit denen die automatisch zu erhebenden Daten abgeglichen werden sollen, von vorneherein genau zu bezeichnen (zu allem vorstehend II. ff.). Nach § 163g Abs. 3 S. 3 StPO muss die örtliche Begrenzung im öffentlichen Verkehrsraum ausdrücklich bezeichnet werden. Nach § 163g Abs. 3 S. 3 StPO ist die Anordnung außerdem zu befristen (BT-Drucks 19/27654, S. 87.). Sie darf nur bis zu einem konkret zu benennenden, den jeweiligen Umständen nach verhältnismäßigen Enddatum angeordnet werden. Diese Regelungen entsprechen den Anforderungen des BVerfG an die verfassungsrechtlich gebotene Dokumentation von AKLS-Maßnahmen (BVerfG, a.a.O.).

Nach § 163g Abs. 3 S. 4 StPO kann die Anordnung durch die Ermittlungspersonen mündlich ergehen. In dem Fall sind die nach § 163g Abs. 3 S. 2 und 3 StPO erforderlichen (schriftlichen) Darlegungen binnen drei Tagen vom Anordnenden nachzuholen.

VII.Beendigung der Maßnahme (§ 163g Abs. 4 StPO)

Nach § 163g Abs. 4 StPO besteht die Pflicht zur unverzüglichen Beendigung der AKLS-Maßnahmen, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Anfangsverdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung (§ 163g Abs. 1 StPO) aufgrund weiterer Ermittlungen entfällt oder die konkrete Erfolgsaussicht der Maßnahmen aufgrund neuer Erkenntnisse zur Identität oder zum mutmaßlichen Aufenthaltsort des Beschuldigten nicht mehr anzunehmen ist (BT-Drucks 19/27654, S. 87). Das Gleiche gilt, sobald der Zweck der Maßnahmen erreicht ist, also ein Fahndungs- bzw. Identifizierungserfolg eingetreten ist.

Hinweis

Im Übrigen gelten für die personenbezogenen Daten aus beendeten Maßnahmen nach § 163g StPO, d.h. die erlangten Daten zu den „echten Trefferfällen“, nach Aufnahme des § 163g StPO in den Katalog des § 101 Abs. 1 StPO die strengen Löschungs-, Dokumentations- und Zweckbindungsregeln des § 101 Abs. 8 StPO (BT-Drucks 19/27654, S. 87).

VIII.Rechtsmittel

Für Rechtsmittel gelten die allgemeinen Regeln. Das heißt: Durch die Änderung des § 101 Abs. 1 StPO ist die Neuregelung des § 163g StPO in den Katalog der Maßnahmen aufgenommen worden, für die die Verfahrensregelungen bei verdeckten Maßnahmen gelten (vgl. a. Burhoff, EV, Rn 3615). Der Rechtsschutz richtet sich also nach § 101 Abs. 7 S. 2 StPO, und zwar auch hinsichtlich des nachträglichen Rechtsschutzes. Zulässig/möglich ist also ein Antrag auf nachträgliche Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Maßnahme (wegen der Einzelheiten Burhoff, EV, Rn 3637 ff.).

IX.Beweisverwertungsverbote

Für Beweisverwertungsverbote bietet sich m.E. ein Vergleich mit Beweisverwertungsverboten bei Maßnahmen ohne Wissen des Betroffenen (§ 100f StPO; Burhoff, EV, Rn 2825) oder der Rasterfahndung (§ 98a StPO; Burhoff, EV, Rn 3816) an. Diese Maßnahmen sind in etwa mit der automatischen Kennzeichenerfassung vergleichbar, so dass man die dort angenommenen Beweisverwertungsverbote entsprechend anwenden kann.

X.Verfahrensregelungen (§ 101 StPO)

In § 101 Abs. 1 StPO ist der Katalog der Vorschriften, bei denen die besonderen Verfahrensregelungen des § 101 StPO gelten, um die automatische Kennzeichenerfassung zu Fahndungszwecken im öffentlichen Verkehrsraum nach § 163g StPO erweitert worden. Damit bestehen die dort geregelten Benachrichtigungspflichten und Rechtsschutzmöglichkeiten von betroffenen Personen (zur Begründung BT-Drucks 19/27654, S. 70 f., 84 ff.).

Bei Maßnahmen der automatischen Kennzeichenerfassung sind typischerweise Personen in sehr großer Anzahl betroffen, nämlich im Ausgangspunkt alle Halter, deren Kraftfahrzeuge die Kontrollstellen im öffentlichen Verkehrsraum passieren und erfasst werden. Eine Benachrichtigung sämtlicher Personen erschien dem Gesetzgeber praktisch undurchführbar (BT-Drucks 19/27654, S. 70). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass sie zudem aufgrund der vorgesehenen sofortigen Löschungsverpflichtung für alle Daten, die nicht zu einem Treffer führen, auch nicht umsetzbar gewesen wäre. Sie sei aber auch nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG zur automatischen Kennzeichenerfassung im Gefahrenabwehrrecht aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht erforderlich. Das BVerfG habe insoweit ausdrücklich festgestellt, dass es anders als für heimliche Überwachungsmaßnahmen von höherer Eingriffsintensität insoweit grds. keiner Benachrichtigungspflicht bedürfe, auch nicht im sog. „Trefferfall“, solange eine hinreichende aufsichtliche Kontrolle greift (BVerfG, Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15, 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10, NJW 2019, 827). Diese sei im Bereich der Strafverfolgung gewährleistet. In die Liste der zu benachrichtigenden Personen des § 101 Abs. 4 S. 1 Nr. 13 StPO sind daher vor diesem Hintergrund nur die Personen aufgenommen worden, die in erheblichem Ausmaß von der neuen Maßnahme der automatischen Kennzeichenerfassung betroffen sind. Dabei handelt es sich um die Zielperson, d.h. um den Beschuldigten, oder um Kontaktpersonen nach § 163g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 StPO.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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