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Verbotenes Kraftfahrzeugrennen

Zur Auslegung der Strafnorm des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. (Leitsatz des Gerichts)

BGH, Beschl. v. 17.2.2021 – 4 StR 225/20

I. Sachverhalt

Das LG hat den Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs u.a. zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte für den Tattag einen Pkw Jaguar F-Type R mit 550 PS, der auf der Internetseite des Autovermieters mit einer Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h, einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,2 Sekunden und einer Klappenauspuffanlage als besonderem Ausstattungsmerkmal beworben worden war, angemietet. Neben seinen technischen Interessen ging es dem Angeklagten bei der Anmietung darum, mit dem auffälligen Fahrzeug und durch eine Aufmerksamkeit erweckende Fahrweise Freunden und Bekannten, aber auch unbekannten Passanten zu imponieren. Nach der Übernahme des Fahrzeugs am Nachmittag des Tattages hatte der Angeklagte bis kurz vor Mitternacht teils allein, teils mit ihn jeweils als Beifahrer begleitenden Freunden und Bekannten eine Vielzahl von Fahrten ganz überwiegend durch die Innenstadt von Stuttgart unternommen.

Kurz vor 24.00 Uhr holte der Angeklagte dann einen Bekannten ab, um mit ihm „noch eine Runde durch Stuttgart zu drehen“. Nach dem Zusteigen des Bekannten steuerte der Angeklagte den Pkw Jaguar auf der R-Straße, auf der die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt, zunächst mit angepasster Geschwindigkeit stadteinwärts bis zu einem ca. 500 Meter vor der späteren Unfallstelle befindlichen Einkaufsmarkt. Zwischen dem Einkaufsmarkt und der Unfallkreuzung verläuft die vorfahrtsberechtigte R-Straße in einer langgezogenen Rechtskurve. Nach dem Erreichen des Einkaufsmarktes gab der Angeklagte ‒ wie von Beginn an beabsichtigt ‒ Vollgas, um die maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Der ortskundige Angeklagte, dem aufgrund seiner Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten klar war, dass auch zur Nachtzeit mit Fußgängern und Fahrzeugverkehr zu rechnen war, hatte vor, die R-Straße unter bewusster Missachtung der innerorts geltenden Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h mit der maximal zu erreichenden Geschwindigkeit entlangzufahren. Auf diese Weise wollte er seinen Beifahrer beeindrucken und gleichzeitig seine Fähigkeiten demonstrieren, mit dem Fahrzeug auch gefährliche Situationen zu meistern. Etwa 100 Meter von der späteren Unfallstelle entfernt erreichte er bei vollständig durchgedrücktem Gaspedal eine Geschwindigkeit von mindestens 163 km/h. Ohne Veranlassung durch andere Verkehrsteilnehmer entschloss sich der Angeklagte nunmehr zu einer Bremsung des Fahrzeugs, um seine Geschwindigkeit etwas zu verringern. Ihm war in diesem Zeitpunkt klar, dass er bei der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit nicht rechtzeitig auf in die R-Straße ein- bzw. von ihr abbiegende Fahrzeuge werde reagieren können und deshalb mit letztlich unkalkulierbarer Wahrscheinlichkeit die Gefahr bestand, mit einem ein- oder abbiegenden Fahrzeug zu kollidieren. Dabei hielt er es für möglich, dass ein solcher Zusammenstoß zum Tod eines oder mehrerer Unfallbeteiligten führen könnte. Der Angeklagte, der ‒ wenn auch in völliger Überschätzung seiner Möglichkeiten und Fähigkeiten ‒ davon überzeugt war, das Fahrzeug auch bei hohen Geschwindigkeiten in gefährlichen Situationen sicher beherrschen zu können, vertraute aber nicht ausschließbar auf das Ausbleiben eines tödlichen Erfolgs.

Als sich der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 163 km/h ca. 100 Meter vor der Unfallkreuzung befand, erkannte er den ihm auf der R-Straße entgegenkommenden Pkw Ford S-Max des Z. Dieser war in der Absicht, von der R-Straße nach links in die Stichstraße zwischen den Anwesen R-Straße 23 und 25 abzubiegen, aus seiner Fahrtrichtung auf der dortigen Linksabbiegerspur bis zur Kreuzung vorgefahren und hatte, da er kein entgegenkommendes Fahrzeug wahrgenommen hatte, damit begonnen, nach links abzubiegen und die Fahrspur des Angeklagten zu queren. Um einen ‒ objektiv auch durch eine Gefahrenbremsung nicht mehr vermeidbaren ‒ Zusammenstoß mit dem abbiegenden Fahrzeug zu verhindern, entschloss sich der Angeklagte unter Aufrechterhaltung der gerade erst wirksam gewordenen Bremsung dazu, auf die Gegenfahrspur auszuweichen. Bei einer noch gefahrenen Geschwindigkeit von 150 km/h schlug er das Lenkrad nach links ein, wodurch das Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von noch 138 km/h nach links einlenkte und anschließend über die Abbiegespur und die Gegenfahrspur fuhr. Als der Angeklagte das Fahrzeug durch eine starke Lenkung nach rechts auf der Fahrbahn halten wollte, bewegte sich der Pkw Jaguar trotz nach rechts eingeschlagener Räder geradeaus weiter, prallte mit beiden linken Rädern gegen den Bordstein, überfuhr den Grünstreifen und fuhr auf der sich anschließenden Parkplatzausfahrt mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von mindestens 90 km/h frontal in die Beifahrerseite des von RK gesteuerten Pkw Citroën C1. RK stand mit dem Fahrzeug in der Parkplatzausfahrt oder bewegte sich mit minimaler Geschwindigkeit, um nach rechts in die R-Straße einzubiegen, hatte mit dem Abbiegevorgang aber noch nicht begonnen. Infolge der Kollision, die zu einer vollständigen Zerstörung des Pkw Citroën C1 führte, erlitten RK und seine auf dem Beifahrersitz sitzende Lebensgefährtin JB jeweils schwerste Verletzungen, die noch an der Unfallstelle zum Tod der beiden führten.

Mit ihrer Revision erstreben die Nebenkläger eine Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen Mordes. Die Rechtsmittel hatten keinen Erfolg.

II. Entscheidung

Nach Auffassung des BGH ist die Ablehnung eines bedingten Tötungsvorsatzes nicht zu beanstanden. Das LG habe das voluntative Element eines bedingten Tötungsvorsatzes unter anderem deshalb verneint, weil der Angeklagte nicht ausschließbar darauf vertraute, das Fahrzeug in gefährlichen Situationen auch bei hohen Geschwindigkeiten jederzeit sicher beherrschen zu können. Entgegen der Ansicht der Nebenkläger stehe diese Annahme zu der weiteren Feststellung der Strafkammer, wonach der Angeklagte die mit einer nur vom Zufall abhängigen Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr eines Zusammenstoßes mit ein- oder abbiegenden Fahrzeugen erkannte, schon deshalb nicht in Widerspruch, weil sich die konkrete zum Tod der beiden Tatopfer führende Kollision außerhalb der Fahrbahn ereignete, nachdem der Angeklagte infolge des Ausweichmanövers die Herrschaft über das Fahrzeug verloren hatte.

Der BGH sieht andererseits bei der bei Rechtsmitteln von Nebenklägern in entsprechender Anwendung des § 301 StPO veranlassten Prüfung des angefochtenen Urteils auf Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten keine solchen Rechtsfehler. Der Schuldspruch u.a. wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge gemäß § 315d Abs. 5 StGB sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach der als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestalteten Begehungsalternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB mache sich strafbar, wer sich im Straßenverkehr als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Objektive Tathandlung sei das Sich-Fortbewegen als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit. Mit dem Erfordernis der nicht angepassten Geschwindigkeit habe sich der Gesetzgeber begrifflich an die straßenverkehrsrechtliche Regelung in § 3 Abs. 1 StVO angelehnt, ohne indes gesetzestechnisch auf diese Norm zu verweisen. Das Merkmal der unangepassten Geschwindigkeit sei daher ähnlich wie die Begriffe der Vorfahrt und des Überholens in § 315c Abs. 1 Nr. 2a und b StGB (vgl. zum Überholen BGHSt 61, 249; zum sogenannten erweiterten Vorfahrtsbegriff BGHSt 11, 219) maßgeblich durch Auslegung des Regelungsgehalts der Strafnorm zu bestimmen. Ausgehend von der Wortbedeutung meine unangepasste Geschwindigkeit jede der konkreten Verkehrssituation nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht mehr entsprechende Geschwindigkeit. Tatbestandlich erfasst würden danach im Einklang mit den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks 18/12964, S. 5) nicht nur Verstöße gegen die Gebote des § 3 Abs. 1 StVO, sondern auch Überschreitungen der in § 3 Abs. 3 StVO geregelten allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten (vgl. König, in: LK-StGB, 13. Aufl., § 315d Rn 24; Zieschang, NZV 2020, 489, 490).

Der Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB setze weiter – so der BGH – ein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten des Täters voraus. Damit knüpfe die Vorschrift ausweislich des Ausschussberichts (vgl. BT-Drucks 18/12964, a.a.O.) an die Umschreibung des strafbaren Verhaltens in § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB an, so dass für das inhaltliche Verständnis dieser einschränkenden Tatbestandsmerkmale auf die zu § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB ergangene Judikatur zurückgegriffen werden könne. Ungeachtet der durch die Verwendung des Verbindungswortes „und“ von § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB abweichenden Formulierung der Vorschrift beziehen sich die Merkmale grob verkehrswidrig und rücksichtslos ‒ wie bei der Strafnorm des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB ‒ auf die objektive Tathandlung, mithin auf das Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit. Für die Tatbestandsverwirklichung erforderlich sei daher, dass sich gerade die Fortbewegung des Täters mit nicht angepasster Geschwindigkeit als grob verkehrswidrig und rücksichtslos darstellt.

Das grob verkehrswidrige und rücksichtslose Sich-Fortbewegen mit nicht angepasster Geschwindigkeit müsse, um den Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zu erfüllen, ferner im Sinne einer überschießenden Innentendenz von der Absicht getragen sein, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Neben den einschränkenden Merkmalen der groben Verkehrswidrigkeit und Rücksichtslosigkeit komme nach den im Ausschussbericht verlautbarten Intentionen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks 18/12964, S. 6) gerade dem Absichtselement die Aufgabe zu, den für das Nachstellen eines Rennens mit einem Fahrzeug kennzeichnenden Renncharakter tatbestandlich umzusetzen und das nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbare Verhalten von den alltäglich vorkommenden, auch erheblichen Geschwindigkeitsverletzungen abzugrenzen. Wie die verschiedenen in den Gesetzesmaterialien aufgeführten Parameter zur Bestimmung der höchstmöglichen Geschwindigkeit erkennen lassen (vgl. BT-Drucks 18/12964, S. 5 f.), müsse die nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbarkeitsbegründende Absicht darauf gerichtet sein, die nach den Vorstellungen des Täters unter den konkreten situativen Gegebenheiten ‒ wie Motorisierung, Verkehrslage, Streckenverlauf, Witterungs- und Sichtverhältnisse etc. ‒ maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen (vgl. KG DAR 2020, 149, 151 = VRR 2/2020, 15 = StRR 3/2020, 26; OLG Köln NStZ-RR 2020, 224, 226; OLG Stuttgart NJW 2019, 2787 = VRR 9/2019, 16 = StRR 11/2019, 23; Zieschang, NZV 2020, 489, 491 f.; Zopfs, DAR 2020, 9, 11; Jansen, NZV 2019, 285, 286). Da der Gesetzgeber mit dem Absichtserfordernis dem für das Nachstellen eines Rennens kennzeichnenden Renncharakter habe Ausdruck verleihen wollen, sei für das Absichtsmerkmal weiterhin zu verlangen, dass sich die Zielsetzung des Täters nach seinen Vorstellungen auf eine unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten nicht ganz unerhebliche Wegstrecke bezieht. Während die abstrakte Gefährlichkeit für das Rechtsgut der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs (vgl. König, a.a.O., § 315d Rn 3) bei Rennen mit mehreren Kraftfahrzeugen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB maßgeblich aus dem Wettbewerb unter den Teilnehmern resultiere, ergebe sie sich in den Fällen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB aus dem unbedingten Willen des Täters, sein Fahrzeug bis zur relativen Grenzgeschwindigkeit zu beschleunigen.

Die Absicht des Täters, nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die nach den situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss nach Auffassung des BGH nicht Endziel oder Hauptbeweggrund des Handelns sein. Es reiche vielmehr aus, dass der Täter das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit als aus seiner Sicht notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein weiteres Handlungsziel zu erreichen (vgl. OLG Stuttgart a.a.O.; König, a.a.O., § 315d Rn 29; Zieschang, NZV 2020, 489, 493; Zopfs, DAR 2020, 9, 11; Jansen, NZV 2019, 285, 287 f.). Dieses Verständnis stehe im Einklang mit dem Wortlaut der Norm, der für eine einschränkende Auslegung des Absichtserfordernisses keinen Anhalt biete, und entspreche der herkömmlichen Interpretation der Vorsatzform des dolus directus 1. Grades (vgl. Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 15 Rn 66 m.w.N.), wie etwa bei § 315 Abs. 3 Nr. 1a StGB. Da die erforderliche Abgrenzung des als Nachstellen eines Kraftfahrzeugrennens mit einem Fahrzeug tatbestandlich erfassten Verhaltens von alltäglichen, wenn auch erheblichen Geschwindigkeitsverstößen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insbesondere durch das in die Strafvorschrift aufgenommene Absichtserfordernis gewährleistet werde, ergebe sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm keine Rechtfertigung für eine einschränkende Auslegung des subjektiven Tatbestandsmerkmals.

Dieses Verständnis des Absichtsmerkmals in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB habe zur Folge, dass beim Vorliegen der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen auch sogenannte Polizeifluchtfälle (vgl. OLG Köln NStZ-RR 2020, 224; OLG Stuttgart a.a.O.) von der Strafvorschrift erfasst werden, sofern festgestellt werden könne, dass es dem Täter darauf ankam, als notwendiges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht über eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dabei werde allerdings zu beachten sein, dass aus einer Fluchtmotivation nicht ohne Weiteres auf die Absicht geschlossen werden könne, die gefahrene Geschwindigkeit bis zur Grenze der situativ möglichen Höchstgeschwindigkeit zu steigern (vgl. Jansen, NZV 2019, 285, 288).

Schließlich: Der BGH teilt nicht die Bedenken, die in der Rechtsprechung vereinzelt unter Hinweis auf das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erhoben worden sind (vgl. AG Villingen-Schwenningen DAR 2020, 218 = StRR 3/2020, 32 = VRR 3/2020, 18). Die Norm könne vielmehr mit den herkömmlichen Auslegungsmethoden in einer dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht werdenden Weise ausgelegt werden.

Von dem dargelegten Auslegungsergebnis ausgehend hat der Angeklagte nach Auffassung des BGH nach den vom LG rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen den Grundtatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht. Indem er die innerorts gelegene R-Straße mit einer Geschwindigkeit von bis zu 163 km/h entlangfuhr, habe er sich als Kraftfahrzeugführer mit unangepasster Geschwindigkeit fortbewegt. Sein Tun stellte sich schon angesichts der massiven Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h als grob verkehrswidrig dar. Nach den Urteilsausführungen handelte der Angeklagte aus eigensüchtigen Motiven unter bewusster Hinwegsetzung über die berechtigten Belange anderer Verkehrsteilnehmer, mithin rücksichtslos. Schließlich habe das LG festgestellt, dass die unter maximaler Beschleunigung unternommene Fahrt des Angeklagten von der Absicht getragen gewesen sei, nach seinen Vorstellungen über eine längere Fahrtstrecke die unter den konkreten situativen Gegebenheiten höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Der Angeklagte hat zudem den Qualifikationstatbestand des § 315d Abs. 2 StGB und die daran anknüpfende Erfolgsqualifikation des § 315d Abs. 5 StGB erfüllt. Mit seiner Tathandlung nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB habe der Angeklagte eine nach den Feststellungen der Strafkammer von seinem Vorsatz umfasste konkrete Gefahrenlage für die Tatopfer geschaffen, die sich für den Angeklagten vorhersehbar in deren Tod verwirklichte.

III. Bedeutung für die Praxis

Der eine oder andere wird sicherlich denken: Habe ich doch alles schon einmal gelesen. Und er hat Recht. Das hat man alles schon einmal gelesen, nur eben noch nicht vom BGH, sondern von den vom BGH auch angeführten OLG. Deren Rechtsprechung hat der BGH übernommen, womit die Auslegung der Vorschrift des § 315d StGB nun endgültig Konturen haben dürfte, mit denen die Praxis umgehen können sollte. Die Kommentatoren werden sich freuen. Vor allem auch darüber, dass der BGH in einem obiter dictum die sog. Polizeifluchtfälle – damit hatte man es hier nicht zu tun – gleich mitentschieden hat.

Und: Mit der Annahme des Vorwurfs des Mordes ist der BGH nach wie vor vorsichtig.

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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