Die anwaltliche Mitwirkung muss für die Beendigung des Verfahrens ursächlich oder jedenfalls mitursächlich gewesen sein. (Leitsatz des Verfassers)
LG Magdeburg, Beschl. v. 19.3.2021 – 23 Qs 14/21
I. Sachverhalt
Gegen die anwaltlich vertretene Angeklagte war beim AG ein Verfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung anhängig. Dieses ist nach längerem Hin und Her vom AG dann nach § 153 StPO mit Zustimmung des Angeklagten eingestellt worden. Die notwendigen Auslagen der Angeklagten sind der Staatskasse auferlegt worden. Der Verteidiger hat die Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht. Das AG hat die Gebühr nicht festgesetzt. Das Rechtsmittel der Angeklagten hatte keinen Erfolg.
II. Entscheidung
Die Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG entsteht, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich wird, u.a. in dem Fall, in dem sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme eines Rechtsmittels des Angeklagten oder eines anderen Verfahrensbeteiligten erledigt. Die Voraussetzungen für die Entstehung der Erledigungs- bzw. Befriedungsgebühr nach Nr. 4141 VV RVG seien hier jedoch – so das LG – nicht erfüllt. Zwar habe die endgültige Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO nur mit Zustimmung der Angeklagten erfolgen können, dennoch fehle es an der verfahrensfördernden Mitwirkung des Verteidigers. Insofern schließe sich das LG einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung an, dass die anwaltliche Mitwirkung für die Beendigung des Verfahrens ursächlich oder jedenfalls mitursächlich gewesen sein müsse. Der Verfahrensablauf und die umfassenden Bemühungen des Richters am AG zeigen, dass letztlich die endgültige Einstellung des Verfahrens ausschließlich auf der Überzeugungsarbeit des Richters gegenüber der Staatsanwaltschaft beruhte und nicht auf einem Verteidigerverhalten (vgl. zum Erfordernis der Ursächlichkeit des Verteidigerverhaltens auch OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 5.7.2017 – 2 Ws 35/17). Es habe zwar der Zustimmung der Angeklagten zu der sie im wesentlichen begünstigenden Einstellung nach § 153 StPO bedurft; die ebenfalls erforderliche Zustimmung der Staatsanwaltschaft beruhe jedoch nicht auf einem Verteidigerverhalten, zumal die Zustimmung der Staatsanwaltschaft bereits vorlag, als der Schriftsatz, auf den sich der Verteidiger beziehe, bei Gericht einging.
III. Bedeutung für die Praxis
1. Warum das LG sich zur Stützung seiner falschen Auffassung nun gerade der ebenso falschen Entscheidung des OLG Frankfurt am Main anschließt, erschließt sich mir nicht. Aber wenn schon, dann hätte sich das LG auch mit anderslautender Rechtsprechung und Literatur auseinandersetzen können und müssen (dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, 6. Aufl., Nr. 4141 VV Rn 21 m.w.N. aus der Rechtsprechung zur zutreffenden a.A.).
2. Auch nach seiner eigenen Auffassung hätte das LG die zusätzliche Verfahrensgebühr festsetzen müssen. Denn „ursächlich“ war die vom Verteidiger für die Angeklagte erteilte Zustimmungserklärung. Ohne sie hätte nicht nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt werden können. „Ursächlicher“ geht es nicht. Es kommt auch – entgegen der Ansicht des LG – nicht darauf an, dass der Richter bei der Staatsanwaltschaft Überzeugungsarbeit hat leisten müssen. Das ändert nichts an der Ursächlichkeit der Tätigkeit des Verteidigers.
RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg