Beitrag

Zulässige Tätigkeiten von Inkassodienstleistern im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse

BGH, Urt. v. 19.1.2022VIII ZR 123/21

I. Der Fall

Die Parteien, eine nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG eingetragene Inkassodienstleisterin und der Vermieter einer Wohnung in Berlin, streiten um die zulässige Miete gemäß §§ 556d ff. BGB. Auf ihrer Internetseite bietet die Klägerin die Durchsetzung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse an. Dabei tritt der Mieter durch Anklicken einer Schaltfläche mit der Bezeichnung „Mietsenkung beauftragen“ sämtliche in diesem Zusammenhang bestehenden Ansprüche gegen den Vermieter ab. Im Gegenzug kann die Klägerin bei erfolgreicher Durchsetzung der Mieterrechte als Entgelt die überzahlte Miete für vier Monate beanspruchen. In diesem Zusammenhang darf die Klägerin neben der Rückforderung überzahlter Miete noch Auskunftsansprüche, die Feststellung der Unwirksamkeit der Vereinbarung der Miethöhe, die Freigabe der Mietkaution und weitere Ansprüche in Zusammenhang mit der künftigen Herabsetzung der Miete geltend machen. In vorliegendem Fall verlangte die Klägerin vom Vermieter eines Zedenten zunächst Auskunft über die vom Vormieter gezahlte Miete, über vorangegangene Mieterhöhungen sowie über durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen. Ferner machte sie die Rückzahlung von 422,48 EUR Miete geltend. Das LG Berlin sah darin eine Überschreitung der nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG zulässigen Forderungseinziehung und hielt daher die Abtretung für unwirksam. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Berliner Mietenbegrenzungsverordnung

Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Der BGH hält zunächst an seiner Rechtsprechung fest, wonach die auf der Grundlage von § 556d Abs. 2 BGB erlassene Berliner Mietenbegrenzungsverordnung wirksam ist (BGH, Urt. v. 27.5.2020 – VIII ZR 45/19). Auch die Abtretung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 3 RDG unwirksam. Über den reinen Forderungseinzug hinaus dürfen Inkassodienstleister weitere Tätigkeiten im Rahmen der Rechtsberatung übernehmen. Hierzu gehört die Aufforderung, die überhöhte Miete künftig nicht mehr zu verlangen. Denn diese Tätigkeiten stehen in engem Zusammenhang mit dem Anspruch auf Rückerstattung. Dass der Streitwert für diese Abwehr künftiger Mietüberhöhungen denjenigen der Rückforderung weit übersteigt, steht dem nicht entgegen, da die Rückforderung und das Herabsetzungsbegehren für die Zukunft eine nicht zu trennende Einheit bilden. Dies ist letztlich auch aus Sicht des Vermieters interessengerecht, da ihm anderenfalls Monat für Monat ein gleichartiges Rückzahlungsverlangen drohte. Ebenso wenig ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars unzulässig, da die Inkassodienstleister nicht denselben Einschränkungen wie Rechtsanwälte unterworfen sind.

III. Der Praxistipp

Diese Entscheidung ermöglicht Inkassodienstleistern (übrigens nicht nur in mietrechtlichen Streitigkeiten) ein noch weitergehendes Tätigwerden als die bisherige Rechtsprechung des BGH, ohne sie denselben Beschränkungen zu unterwerfen wie Rechtsanwälte. Dies umfasst Erfolgshonorare über den Sätzen des RVG oder die Vereinbarung einer Vergütung nur für den Fall des Erfolgs. Ob diese neue Konkurrenz der Rechtsanwaltschaft der Rechtskultur förderlich sein wird, bleibt abzuwarten.

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…