Beitrag

Übergang der Organstellung bei Gründung einer Verwaltungsgesellschaft

Übergang der Organstellung bei Gründung einer Verwaltungsgesellschaft

BGH, Urt. v. 2.7.2021 – V ZR 201/20

I. Der Fall

Die Wohnungseigentümer streiten um die Gültigkeit eines Beschlusses. Die Eigentümerversammlung bestellte im November 2014 P., eine eingetragene Kauffrau, zur Verwalterin. Am 31.8.2017 gliederte sie ihr Unternehmen zur Neugründung einer GmbH aus, deren Geschäftsführung sie zusammen mit einer weiteren Person übernahm. Am 18.5.2018 beschloss die Eigentümerversammlung, den bestehenden Verwaltervertrag und die Verwalterstellung der GmbH bis zum 30.6.2021 zu verlängern. Hiergegen wendet sich die Beschlussanfechtung deswegen, weil vor der Bestellung der GmbH keine Alternativangebote eingeholt wurden. Die Klage hatte in den Tatsacheninstanzen Erfolg. Hiergegen wendet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten. dass ein Teil der Verwalterpflichten

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

Alternativangebote müssen lediglich vor der Bestellung eines neuen Verwalters eingeholt werden. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Denn entgegen verbreiteter Ansicht (etwa BayObLG ZfIR 2002, 390; Jennißen, WEG, 6. Aufl. § 26 Rn 18b; a.A. etwa Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl. § 26 Rn 39; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 26 Rn 33) sind Verwalterstellung und Verwaltervertrag auf die GmbH übergegangen. Wie der BGH bereits für die Verschmelzung einer juristischen Person auf eine andere festgestellt hat (BGH, Urt. v. 21.2.2014 – V ZR 164/13, ZMR 2014, 654 = WuM 2014, 295), geht die Verwalterstellung nach §§ 153 ff. UmwG auch bei Ausgliederung eines von einem Einzelkaufmann betriebenen Unternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft auf diese über. Denn auch bei der Bestellung einer natürlichen Person zum Verwalter bestehen regelmäßig keine vom Übergang ausgenommenen, höchstpersönlichen Rechte und Pflichten. Das Vertrauen der Wohnungseigentümer ist nicht auf eine höchstpersönliche Leistungserbringung gerichtet, sondern auf Expertise und Leistungsfähigkeit des Geschäftsbetriebs. Diese wird alleine durch die Ausgliederung des Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft nicht berührt. Dass die Wohnungseigentümer einen Wechsel in der Geschäftsführung hinnehmen müssen, wird durch das Recht zur Abberufung kompensiert. Dies gilt erst recht nach neuem Recht, da die Abberufung des Verwalters nunmehr nach § 26 Abs. 3 S. 1 WEG jederzeit möglich ist und überdies binnen sechs Monaten auch die schuldrechtlichen Beziehungen in Form des Verwaltervertrages beendet.

Dieses Ergebnis muss auch nicht durch eine ergänzende Auslegung des Verwaltervertrages korrigiert werden. Denn es fehlt dort schon an einer planwidrigen Lücke. da der Übergang in §§ 152 ff. UmwG geregelt ist. Zudem liefe eine abweichende Regelung dem Willen der Vertragsparteien zuwider. Einerseits würde dies dazu führen, dass der Verwalter für jede von ihm verwaltete Liegenschaft eine Eigentümerversammlung zwecks Neubestellung einberufen müsste. Andererseits müssten die Wohnungseigentümer entweder einen verwalterlosen Zustand aufgrund des Erlöschens der Verwalterbestellung oder aber deren Verbleiben bei der natürlichen Person hinnehmen. Die Haftungsbeschränkung der GmbH führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Einzelkaufmann haftet nach §§ 156, 157 UmwG fünf Jahre für Verbindlichkeiten, die auf die juristische Person übergehen.

III. Der Praxistipp

Welch ein Wandel! Noch 2016 sah der BGH sogar in der Erstellung der Jahresabrechnung eine unvertretbare Handlung (BGH v. 23.6.2016 – I ZB 5/16; ZMR 2016, 972 = ZWE 2016, 422; a.A. BGH, Urt. v. 26.2.2021 – V ZR 290/19). Nunmehr umfasst die gesamte Verwalterstellung keine höchstpersönlichen Tätigkeiten mehr. Dies dürfte über den Fall hinaus zum Umdenken zwingen. Soweit man wie etwa bei der Herausgabe von Unterlagen unvertretbare Handlungen annahm, weil sie mit der Rechenschaftspflicht zusammenhing, die nur der amtierende Verwalter erfüllen könne (s. etwa OLG Hamburg ZMR 2008, 148; AG Halle/Saale ZMR 2012, 411 f.), dürften solche höchstpersönlichen Pflichten nun kaum mehr begründbar sein. Denn das würde dazu Rechte nicht beschränken führen, dass ein Teil der Verwalterpflichten übergehen würde, ein anderer aber nicht, was naturgemäß ausgeschlossen ist.

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…