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Keine unmittelbare Inanspruchnahme von Miteigentümern in Zweiergemeinschaften

Keine unmittelbare Inanspruchnahme von Miteigentümern in Zweiergemeinschaften

BGH, Urt. v. 25.9.2020 – V ZR 288/19

I. Der Fall

Die Parteien, zwei Eigentümer einer in Wohnungseigentum aufgeteilten Liegenschaft ohne Verwalter, streiten um den Ausgleich von Zahlungen. Der Kläger, dem zwei von drei Einheiten gehören, glich Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft aus. Er verlangt unmittelbar von der (ehemaligen) Eigentümerin der dritten Einheit Ausgleich entsprechend der Miteigentumsanteile. Die Klage blieb in den Tatsacheninstanzen überwiegend ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen nur gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus § 10 Abs. 8 S. 1 WEG a.F. herleiten (BGH, Urt. v. 26.10.2018 – V ZR 279/17, ZMR 2019, 419 = ZWE 2019, 265 = GE 2019, 803). Hieran ändert sich in (zerstrittenen) Zweiergemeinschaften selbst dann nichts, wenn eine Mehrheitsentscheidung aufgrund der Pattsituation nicht möglich ist. Der anspruchsberechtigte Wohnungseigentümer muss auch in diesem Falle die im WEG vorgesehenen Möglichkeiten insbesondere der Beschlussersetzungsklage wahrnehmen. Zwar wird bisweilen vertreten, dass die unmittelbare Inanspruchnahme des anderen Miteigentümers möglich sein muss, wenn die Inanspruchnahme des Verbandes in einem zusätzlichen Prozess eine bloße Förmelei wäre (OLG Karlsruhe ZMR 2007, 138; LG Dortmund ZWE 2017, 182; Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 28 Rn 343; a.A. etwa LG Frankfurt/M. v. 14.12.2017 – 13 S 71/16; AG Bremen NJW-RR 2010, 884; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rn 9). Die von dieser Auffassung angeführten prozessökonomischen Erwägungen rechtfertigen es indessen nicht, von den Regelungen des WEG zum Innenverhältnis und Finanzierungssystem der Wohnungseigentümer abzusehen. Wird ein erforderlicher Beschluss nicht gefasst, ist die Beschlussersetzungsklage (§ 21 Abs. 8 WEG a.F.) die richtige Klageart. Dass auf diesem Wege mehrere Prozesse erforderlich werden können, heißt nicht, dass die Rechtsverfolgung nur noch theoretisch möglich ist. Zudem scheidet die vermeintlich einfachere Abwicklung von vorneherein aus, wenn das Gesetz einen von den Miteigentumsanteilen abweichenden Verteilungsmaßstab vorschreibt wie etwa die HeizkostenV. Überdies ist nicht einsichtig, wieso der Miteigentümer einer Zweiergemeinschaft gegenüber Minderheitseigentümern in größeren Gemeinschaften besser gestellt sein sollte, die ja bei ordnungswidrigen Beschlüssen ebenfalls eine Beschlussersetzungsklage anstrengen müssen. Dies findet auch in der Gesetzgebungsgeschichte Unterstützung, da eine von der Bundesregierung erwogene Sonderbehandlung von Zweiergemeinschaften (BT-Drucks 16/887 S. 44) im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden hat.

III. Der Praxistipp

Die Entscheidung kann auch für das neue Recht Beachtung beanspruchen, da § 10 Abs. 8 S. 1 WEG a.F. unverändert in § 9a Abs. 4 WEG übernommen wurde. Neue Probleme schafft das WEMoG aber bei der Beschlussersetzungsklage. Denn der vom BGH noch angeführte § 21 Abs. 8 WEG a. F. wurde ersatzlos gestrichen, so dass nicht klar ist, wie der Kläger vorgehen soll, wenn er eine Ermessensentsc der Anspruch auf vollständige Räumung heidung der Eigentümerversammlung ersetzen lassen will.

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