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Gehaltsbonus und Wohnvorteil bei Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse

1. Zur Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Bezug auf einen jährlich gewährten Gehaltsbonus des Arbeitgebers, der bis zur Trennung der Ehegatten nicht zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs eingesetzt wurde, sowie des Wohnvorteils eines im Eigentum des Unterhaltspflichtigen stehenden Eigenheims, das von der unterhaltsberechtigten Ehefrau sowie den gemeinsamen Kindern genutzt wird.

2. Wird ein Jahresbonus im Rahmen einer Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 BetrAVG als Beitrag zu einer Direktversicherung verwendet, mindert sich das unterhaltsrelevante Einkommen, soweit sich der Beitrag innerhalb des Rahmens seiner ergänzenden Altersvorsorge bewegt.

3. Wurde der Jahresbonus während der bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft auf ein Arbeitgeberkonto mit dem Ziel einbezahlt, diese Beträge ab dem Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung der Erwerbstätigkeit zur Verbesserung der Einkünfte im Sinne eines Altersteilzeitmodells zu verwenden, stellt dies eine Vermögensbildung zulasten des Unterhaltsberechtigten dar. Deren Grundlage ist mit der Trennung der Ehegatten entfallen, sodass diese Beträge dem unterhaltsrelevanten Einkommen hinzuzurechnen sind.

4. Bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens in den Folgejahren ist allerdings zu berücksichtigen, wenn im Hinblick auf die aktuelle Wirtschaftskrise (Covid-19-Pandemie) ein Arbeitgeber nicht mehr im bisherigen Umfang solche Leistungen erbringen kann.

5. Hat ein Wohnvorteil die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, ist dieser im Rahmen der Additionsmethode sowohl bei der Bestimmung des Bedarfs als auch der Bedürftigkeit desjenigen Ehegatten zu berücksichtigen, der nach der Trennung die Wohnung weiterhin nutzt. Entsprechend kommt es auf die Eigentumsverhältnisse an der ehelichen Wohnung nicht an.

OLG Celle, Beschl. v. 13.5.2020 – 15 UF 154/19

I. Der Fall

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die am 17.10.2008 geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts ab Rechtskraft der Scheidung bis 06/2020 in Höhe von 781 EUR monatlich, für den Zeitraum von 07/2020 bis 12/2021 2021 von 562 EUR monatlich, für den Zeitraum von 01 bis 12/2022 in Höhe von 450 EUR monatlich und für den Zeitraum von 01/2023 bis 09/2025 in Höhe von monatlich 300 EUR verpflichtet. Es hat die Unterhaltszahlung bis 09/2025 befristet.

Dabei hat es auf Seiten des Antragstellers dessen laufendes Einkommen aus Angestelltentätigkeit bei der V. mit durchschnittlich 4.808 EUR monatlich netto (vor Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen) zugrunde gelegt, das es um einen weitere 800 EUR monatlich im Hinblick darauf erhöht hat, dass der Antragsteller den in dem vorgenannten Durchschnittseinkommen noch nicht enthaltenen Jahresbonus (im Jahr 2019 ein Betrag von 42.450 EUR brutto) in sogenannten Zeitwertpapiere seines Arbeitgebers abführe, um hierdurch vorzeitig in den Ruhestand treten zu können. Dies stelle ein unterhaltsbezogenes Fehlverhalten dar, da der Antragsteller so einen Teil seines Einkommens verschiebe und auf diese Weise dem Unterhalt entziehe. Zwar sei dies seit 2012 (mit Ausnahme des Jahres 2017) durchgängig bereits so gehandhabt worden; angesichts der geänderten wirtschaftlichen Situation infolge der Trennung und in Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtungen sei der Antragsteller jedoch nunmehr gehalten, seine Bonuszahlungen teilweise für Unterhaltszwecke einzusetzen. Der in 05/2019 erhaltene Bruttobetrag von 42.450 EUR entspreche einem Nettobetrag von 24.000 EUR jährlich und damit von rund 2.000 EUR monatlich. Eine Erhöhung seines Nettoeinkommens um 800 EUR erscheine daher gerechtfertigt. Ferner hat das Amtsgericht dem Nettoeinkommen des Antragstellers einen weiteren Betrag von 150 EUR für die private Nutzung seines Dienstwagens hinzugerechnet. Von dem nach Abzug der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung, zur IG Metall, zur betrieblichen Altersversorgung der Beteiligungsrente II und einer zusätzlichen Altersvorsorge hat es von dem verbleibenden Nettoeinkommen den Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder in Höhe von 152 % des jeweiligen Mindestunterhalts derzeit der zweiten Altersstufe abgesetzt.

Auf Seiten der Antragsgegnerin hat es bis 06/2020 deren tatsächliche Erwerbseinkünfte aus einer Dreiviertelstelle als Sekretärin mit durchschnittlich 1.578 EUR netto monatlich und für den Zeitraum ab 07/2020 solche aus der Tätigkeit dort, jedoch hochgerechnet auf eine fiktive Vollzeitstelle, in einer Höhe von 1.800 EUR netto monatlich, zugrunde gelegt. Des Weiteren hat es der Antragsgegnerin einen Wohnvorteil dafür zugerechnet, da diese das im Alleineigentum des Antragstellers stehende Einfamilienhaus, die frühere Ehewohnung, seit der in 01/2018 erfolgten Trennung der Beteiligten zusammen mit den gemeinsamen Kindern, bewohnt. Diesen Wohnvorteil hat es mit dem zwischen Beteiligten in erster Instanz unstreitig gewesenen Betrag von 1.000 EUR angesetzt.

Bei dem zuerkannten Ehegattenunterhalt handele es sich für den Zeitraum bis 06/2020 um Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt, ab 07/2020 dagegen allein noch um Aufstockungsunterhalt, da die Antragsgegnerin nicht näher dargelegt habe, weshalb ihr von da an, ab Beendigung der vierten Schulklasse der Kinder, eine Vollzeittätigkeit aus kind- oder elternbezogenen Gründen nicht möglich sei. Da dauerhafte ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin nicht ersichtlich seien, werde unbefristeter Ehegattenunterhalt nicht geschuldet. Die Antragsgegnerin habe zwar eine gut bezahlte Arbeitsstelle im Hinblick auf die Versorgung der Familie aufgegeben. Sie habe jedoch eine qualifizierte berufliche Laufbahn vorzuweisen, weshalb davon auszugehen sei, dass sie imstande sei, diese Nachteile innerhalb der nächsten Jahre aufzuholen. Der Unterhaltsanspruch sei deshalb unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe und der der Betreuung der beiden gemeinsamen derzeit 9 Jahre alten Kinder durch die Antragsgegnerin auf insgesamt sechs Jahre zu befristen, ab 01/2022 jedoch bereits stufenweise auf den angemessenen eigenen Lebensbedarf herabzusetzen.

II. Die Entscheidung

Der Senat hält die Beschwerde des Antragstellers lediglich in geringem Umfang für begründet. Im Ergebnis ist nach Auffassung des Senats ab Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs bis einschließlich 04/2020 der titulierte Unterhalt der Antragsgegnerin geringfügig herabzusetzen.

Im Einzelnen führt der Senat aus:

1. Die für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin maßgebenden eheprägenden Einkünfte der Beteiligten seien auf Basis der dargelegten Nettoentgelte des Zeitraums von 01 bis 11/2019 (zunächst ohne den Jahresbonus und vor Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen) mit durchschnittlich 5.502,65 EUR monatlich zu errechnen. Nach Hinzurechnung des Zuschusses des Arbeitgebers zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung von insgesamt 416,32 EUR monatlich und nach Abzug der tatsächlichen Beiträge hierfür von 694,24 EUR und weiteren 138,39 EUR monatlich blieben zunächst 5.086,34 EUR monatlich.

Hiervon sei der in den oben genannten Nettoentgelten noch enthaltene, vom Antragsteller jedoch im Wege der Entgeltumwandlung tatsächlich laufend in Höhe von 500 EUR monatlich abgeführte Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung abzuziehen. Dieser sei in dieser Höhe auch unterhaltsrechtlich zu akzeptieren, weil er – auch zusammen mit dem Beitrag zur Direktversicherung von (bis 04/2020) noch 145 EUR monatlich – die Grenze der zulässigen zusätzlichen Altersvorsorge von 4 % des Bruttoeinkommens bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung sowie insgesamt 22,6 % (18,6 % + 4 %) auf den darüber hinausgehenden Teil des Bruttoeinkommens, hier entsprechend einem Betrag von insgesamt durchschnittlich 686,99 EUR monatlich, nicht überschreite.

2. Auch sei eine Hinzurechnung der jährlichen Bonuszahlungen der Arbeitgeberin des Antragstellers im vorliegenden Fall für durchaus geboten. Dies beruhe nicht entscheidend darauf, dass die ehelichen Lebensverhältnisse der Beteiligten, betrachtet über den gesamten Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens, nicht ausschließlich davon geprägt gewesen seien, dass die Bonuszahlungen nicht zur Lebenshaltung verwendet, sondern vom Antragsteller in Zeitwertpapiere. investiert worden seien. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei nämlich nach jetziger Beurteilung des Senats vielmehr zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Erwerb von Zeitwertpapieren um eine aus dem Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers vorgenommene Vermögensbildung handele, die der Verkürzung seiner Lebensarbeitszeit durch Freistellung von der Arbeit vor dem Übergang in die Freistellungsphase der Altersteilzeit oder dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze, nicht jedoch um eine unterhaltsrechtlich anerkannte zusätzliche Altersvorsorge. Sie sei damit anders als diese nach der Trennung durch den Unterhaltsberechtigten unterhaltsrechtlich grundsätzlich nicht hinzunehmen. Dass hier ausnahmsweise etwas anders gelten solle, ergebe sich aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller seine Bonuszahlungen seit 2012 (mit Ausnahme von 2017) zum Erwerb von Zeitwertpapieren verwendet habe, reiche hierfür ebenso wenig aus wie der der Verweis auf eine behauptete Vereinbarung der Beteiligten während ihres ehelichen Zusammenlebens. Deren Grundlage sei mit der Trennung und angesichts der nun bestehenden Unterhaltsverpflichtungen einerseits sowie des Umstandes andererseits, dass nicht recht erkennbar sei, inwiefern die Antragsgegnerin von einer vorzeitigen Beendigung der Erwerbstätigkeit des Antragstellers in der jetzigen Lebenssituation noch Vorteile hätte, entfallen. Auch die von dem Antragsteller bislang meist in Zeitwertpapiere investierten Jahresboni stellten daher für die Unterhaltsbemessung relevantes Einkommen dar und seien deshalb für die Bemessung des nachehelichen Ehegattenunterhalts einzubeziehen.

Anders als die Antragsgegnerin meint, könne dies hier jedoch nicht in der Weise geschehen, dass dem oben genannten Nettogehalt ein Betrag in einer Höhe von weiteren 2.000 EUR netto hinzugerechnet werde. Selbst bei einer fiktiven Einbeziehung des in 05/2019 angefallenen Jahresbonus von 42.450 EUR in das zu versteuernde Einkommen würde sich das durchschnittliche Nettogehalt des Antragstellers lediglich um rund 1.100 EUR monatlich erhöhen. Abzustellen sei darüber hinaus auf die Einkommenshöhe zum Zeitpunkt des Eintritts der Scheidungsrechtskraft (22.2.2020) und damit im laufenden Jahr 2020. Angesichts der inzwischen eingetretenen tiefgreifenden wirtschaftlichen Einschnitte infolge der COVID-19-Pandemie sei derzeit eher nicht davon auszugehen, dass seitens des Arbeitgebers des Antragstellers im laufenden Jahr ein Jahresbonus in derselben Höhe wie im Vorjahr gezahlt werde. Gleiches dürfe aus jetziger Sicht für das Folgejahr gelten. Die Zurechnung eines Anteils von lediglich 800 EUR netto monatlich erscheine daher im Ergebnis als angemessen.

3. Dagegen sei ein vermögenswerter Vorteil für die private Dienstwagennutzung des Antragstellers abweichend von der amtsgerichtlichen Berechnung im vorliegenden Fall nicht hinzuzurechnen. In Anbetracht der hier dargelegten und aus den Verdienstabrechnungen zu entnehmenden Kostenbeteiligungen, die der Antragsteller im Gegenzug für die Nutzung des Fahrzeugs in einer Höhe von 219 EUR monatlich sowie weiteren 180 EUR monatlich (Kilometerentschädigung) tatsächlich abzuführen habe, sei der Vorteil als weitgehend aufgewogen anzusehen sein.

4. [Konkrete Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommens des Antragstellers]

5. [Konkrete Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommens der Antragsgegnerin]

6. Anders als in der amtsgerichtlichen Berechnung, in der dem Einkommen der Antragsgegnerin an dieser Stelle ein Wohnvorteil zugerechnet worden sei, komme aus Sicht des Senats eine solche Erhöhung des Einkommens der Antragsgegnerin vorliegend aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Bei einem Wohnvorteil als unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendem Einkommensbestandteil handele es sich um eine vermögenswerte Nutzung eigenen Grundeigentums im Sinne von § 100 BGB in Gestalt der daraus gezogenen Gebrauchsvorteile.

Die Berücksichtigung der entschädigungsfreien Nutzung der früheren Ehewohnung der Beteiligten durch die Antragsgegnerin mit den Kindern würde also voraussetzen, dass die Antragsgegnerin zumindest Miteigentümerin dieser Immobilie wäre. Daran fehle es hier jedoch unstreitig. Andererseits könne die Nutzung des Hauses durch die Antragsgegnerin mit den Kindern nicht erst unter dem Gesichtspunkt eines insoweit gewährten Naturalunterhalts in der Weise erfolgen, dass auf einen anhand der Differenz der beiderseitigen Erwerbseinkommen errechneten Bedarf der Antragsgegnerin die Wohnungsnutzung angerechnet werde. Eine derartige Kombination von Differenz- und Anrechnungsmethode wäre allein in dem – hier nicht gegebenen – Fall zulässig, dass es sich bei der Wohnungsnutzung um nicht-prägende Einkünfte handeln würde. So verhalte es sich hier jedoch gerade nicht: Die Nutzung des Hauses des Antragstellers erfolgte bereits während des ehelichen Zusammenlebens.

In einer solchen Fallgestaltung führe jedoch allein die Additionsmethode zu fallangemessenen Ergebnissen. Habe die mietfreie Nutzung dieser Wohnung bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, führe weder der Auszug eines der beiden Ehegatten zu einem Fortfall des prägenden Charakters dieses vermögenswerten Vorteils, noch komme es im Rahmen der Bedarfsermittlung darauf an, welcher der beiden Ehegatten nach der Trennung in der Ehewohnung verbleibe und welcher ausziehe.

Dies habe zur Folge, dass, wie im Rahmen der Additionsmethode allgemein üblich, der Wohnvorteil sowohl bereits bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs als auch bei der anschließenden Feststellung der Unterhaltshöhe mit dem jeweils gleichen Betrag anzusetzen sei.

Nach der Additionsmethode ist daher richtigerweise wie folgt zu rechnen:

Mangels Hinzurechnung eines Wohnvorteils zu dem Einkommen der Antragsgegnerin sei von deren oben für den Zeitraum bis 06/2020 errechneten Erwerbseinkommen von 1.131,10 EUR netto monatlich lediglich noch der Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel (162 EUR) abzuziehen, sodass in diesem Zeitraum ein bonusbereinigtes Einkommen der Antragsgegnerin von 969,10 EUR monatlich verbleibe.

Ihr Bedarf errechne sich sodann aus der Hälfte der Summe der der beiderseitigen bonusbereinigten Erwerbseinkommen zuzüglich des genannten Wohnvorteils.

Letzterer sei hier, da es um den nachehelichen Ehegattenunterhalt und damit um die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung gehe, mit der objektiven Marktmiete zu bemessen, wobei der Senat diese angesichts der Lage des Hauses, der Größe (145 m² Wohnfläche) und des Alters (errichtet im Jahr 1987) mit 1.000 EUR schätze. Hinreichende Gründe dafür, ausnahmsweise auch jetzt noch weiterhin lediglich die ersparte angemessene Miete zugrunde zu legen oder gar den eheprägenden Wohnvorteil als „totes Kapital“ gänzlich außer Betracht zu lassen, seien von den Beteiligten weder nachvollziehbar dargelegt worden noch sonst erkennbar.

Damit sei für den Zeitraum ab Eintritt der Rechtskraft der Scheidung (22.2.2020) bis einschließlich 04/2020 von einem Bedarf der Antragsgegnerin von zunächst 2.729,53 EUR auszugehen (5.459,05 EUR [3.489,95 EUR + 969,10 EUR + 1.000 EUR] x ½). Hiervon seien das bonusbereinigte Erwerbseinkommen der Antragsgegnerin und der von ihr tatsächlich genutzte Wohnvorteil wiederum abzuziehen (2.729,53 EUR – 969,10 EUR – 1.000 EUR), so dass sich ein ungedeckter Unterhaltsbedarf und damit ein Anspruch von 760 EUR monatlich bis einschließlich 04/2020 ergebe. Auf diesen Betrag sei die amtsgerichtliche Entscheidung für diesen Zeitraum geringfügig zugunsten des Antragstellers zu ändern gewesen.

7. [Konkrete Unterhaltsberechnung]

8. Erfolg habe die Anschlussbeschwerde auch insoweit, als die Antragsgegnerin mit ihr die in der amtsgerichtlichen Entscheidung ausgesprochene Befristung ihres Unterhaltsanspruchs für die Zeit ab 10/2025 angreift. Denn weil es sich bei diesem gegenwärtig (auch) noch um Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB handele, sei eine Befristung nach § 1578b BGB zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Dies gelte selbst dann, wenn eine solche Befristung nicht jetzt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt (in der amtsgerichtlichen Entscheidung: Ende 2025) wirksam werden solle. Solange nämlich – wie hier derzeit noch der Fall – § 1570 BGB die maßgebliche Anspruchsgrundlage eines nachehelichen Ehegattenunterhaltsanspruchs darstelle, könne eine Befristung nämlich regelmäßig bereits wegen der dieser Anspruchsgrundlage ohnehin immanenten zeitlichen Begrenzung einerseits wie auch aufgrund der nicht hinreichend verlässlichen Prognose des künftigen Umfangs der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils noch nicht ausgesprochen werden. Dabei dürfe hier auch für den Zeitraum ab 07/2020 trotz des insoweit von der Antragsgegnerin zugestandenen voraussichtlichen Vollzeiteinkommens von 1.800 EUR netto monatlich weiterhin noch davon auszugehen sein, dass auch insoweit § 1570 BGB noch neben § 1573 Abs. 2 BGB Anspruchsgrundlage als Anspruchsgrundlage zur Verfügung stehe. Denn die Antragsgegnerin habe erstinstanzlich substantiiert dargelegt, ihre jetzige Arbeitsstelle gerade auch im Hinblick auf die kurzen Fahrzeiten und die dortigen Arbeitszeiten, die ihr eine Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder ermöglichten, gewählt zu haben. Damit lägen bezüglich der Höhe eines Einkommens aus dieser Stelle auch kindbezogene Gründe für die Weitergewährung des Ehegattenunterhalts bis auf weiteres noch vor.

[Ausführungen zu den Betreuungsmöglichkeiten]

Für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs zum jetzigen Zeitpunkt fehle es daher noch an einer hin lässlich verlässlichen Prognosegrundlage. Stattdessen würde der Befristungseinwand § 1578b Abs. 2 BGB zu einem späteren Zeitpunkt in einem Abänderungsverfahren vorgebracht werden können und wäre dann dort zu prüfen. Da eine Befristung aus den genannten Gründen derzeit noch nicht möglich sei, brauche der Senat auch nicht bereits dem Grunde nach zu prüfen, ob ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin vorlägen. Auch dies bleibe einem etwaigen späteren Abänderungsverfahren vorbehalten.

III. Der Praxistipp

Diese Entscheidung beschäftigt sich mit einem Sachverhalt, der dem Praktiker regelmäßig begegnet. Jahresbonuszahlungen – in unterschiedlichen Ausgestaltungen, wie z.B. als Entgelt-Umwandlung oder Ansparung für ein Altersteilzeitmodell – stellen keinen Einzelfall mehr dar.

Darüber hinaus hat diese Entscheidung erstmals auch die aktuelle Pandemiesituation – allerdings lediglich hinsichtlich des zukünftigen Einkommens, nicht aber in Bezug auf die konkrete Betreuungssituation der minderjährigen Kinder – im Blick.

Interessant ist insbesondere die Behandlung des „Wohnvorteils“, bei dem es sich gerade nicht um einen solchen handelt, da die Unterhaltsgläubigerin „mietfrei“ in der ehemaligen Ehewohnung zusammen mit den gemeinsamen Kindern lebt, die jedoch im Alleineigentum des Unterhaltsschuldner steht. Diesen Sachverhalt arbeitet die Entscheidung des OLG Celle dogmatisch und für den Praktiker gut nachvollziehbar auf.

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