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K. Achtung beim Senden an Gerichtsvollzieher

Ilona CosackFachbuchautorin und Inhaberin der ABC AnwaltsBeratung Cosack, Fachberatung für Rechtsanwälte und Notare, Mainz

Wenn in der Kanzlei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder Zustellungen von Schriftstücken nach § 193 ZPO durchgeführt werden, lauert ein Fettnäpfchen, das oftmals nicht beachtet wird und dazu führen kann, dass die Maßnahme nicht greift.

I.

Übersenden von Zwangsvollstreckungsaufträgen

Im vorliegenden Fall hat eine Kanzlei einen Vollstreckungsauftrag über die Anwaltssoftware verschickt. Um den Vollstreckungsauftrag mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) zu versehen, kam der Anwalt mit seiner Signaturkarte an den Arbeitsplatz der Mitarbeiterin, signierte den Auftrag und die Mitarbeiterin verschickte mit ihrer Mitarbeiterkarte die Nachricht.

Die zuständige Gerichtsvollzieherin lehnte den Vollstreckungsauftrag mit dem Hinweis ab, dass dieser „nur per EGVP“ und nicht „auf dem sicheren Übermittlungsweg“ übersandt worden sei.

Die eingelegte Erinnerung war nicht erfolgreich. Das zuständige Amtsgericht Dortmund war der Auffassung, „dass der Gläubigervertreter ohne großen Aufwand durch eine erneute Übersendung per beA das Problem hätte beheben können. Da er dies nicht getan hat, wurde die Kostenrechnung zu Recht erstellt.“ Mangels Beschwer war die Sache damit erledigt.

Eine im Nachhinein durchgeführte Überprüfung ergab, dass grundsätzlich ein Versand über die Anwaltssoftware nicht das Problem darstellte. Allerdings konnte die Kanzlei nicht nachweisen, dass der Anwalt selbst signiert hatte, da im Nachrichtenjournal mangels Abmelden der Mitarbeiterin und Anmelden des Anwalts nur der Benutzername der Mitarbeiterin verzeichnet war. Leider wird im Nachrichtenjournal das Signieren eines Dokuments nur mit dem Hinweis „Dokument wurde geändert“ vermerkt. Welche Art der Änderung erfolgt ist, wird nicht angegeben.

Grundsätzlich können Mitarbeitende das vom Anwalt mit qeS signierte Dokument versenden, dann allerdings weist das Prüfprotokoll (VerificationReport der ZIP-Datei) den Hinweis

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aus. Sendet hingegen der Anwalt das Dokument selbst, lautet beim Prüfprotokoll der Hinweis:

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Praxistipp:

Leider war die Gerichtsvollzieherin auch in keiner Weise bereit, über die Angelegenheit zu sprechen und Lösungen zu finden. Denn es hätte nachgewiesen werden können, dass der Anwalt eine qeS aufgebracht hat.

Das AG Dortmund war jedoch anhand des von der Justizfachsoftware automatisch erstellten Prüfvermerks der Auffassung, dass keine qeS erfolgt sei. Vielmehr war das Gericht der Auffassung, dass „das Vollstreckungsorgan zu weiteren Nachforschungen weder in der Lage noch verpflichtet sei“. Auch ein zu einem späteren Zeitpunkt erstelltes Prüfprotokoll (das immer Datum und Uhrzeit der aktuellen Überprüfung trägt) führe nicht zu einer anderen Bewertung der Rechtslage. Für das Gericht sei der automatisch zur Eingabe erstellte Prüfvermerk bindend.

Nur anhand dieses Prüfvermerks könne das Gericht entscheiden, ob die Voraussetzung einer formal wirksamen elektronischen Eingabe vorliegen. Ein etwaiges Prüfprotokoll des Absenders könne immer nur eine Bestätigung dafür sein, dass beim Verlassen der Sphäre des Absenders möglicherweise alle Voraussetzungen einer wirksamen Übersendung vorgelegen haben.

Das Prüfprotokoll des Gerichts wiederum sei der Nachweis dafür, in welcher Form eine Eingabe bei Gericht eingegangen sei. Da es nur auf die Frage eines wirksamen Eingangs bei Gericht ankomme, könne das Vollstreckungsorgan auch nur den Prüfvermerk bei der Beurteilung der Frage, ob eine wirksame Eingabe vorliegt, heranziehen.

Daher spiele es keine Rolle, ob zwischen dem automatisch erstellten Prüfvermerk und dem nachträglich gläubigerseits erstellten Prüfprotokoll eine Divergenz bestehe. Möglicherweise könne es bei der Übersendung zu irgendeinem technischen Fehler gekommen sein. Dies sei für die Frage, in welcher Form eine Eingabe bei Gericht eingegangen sei, aber unerheblich.

Entscheidend sei allein der Zeitpunkt des Eingangs. Im konkreten Fall stehe aber fest, dass ausweislich des automatisch erstellten Prüfvermerks die Eingabe per EGVP in nicht qualifiziert signierter Form erfolgt sei. Entgegen der Vermutung des Gläubigervertreters könne es bei der Weiterleitung seitens des Gerichts an die Gerichtsvollzieherin zu keinem Fehler gekommen sein, da das Prüfprotokoll den Zeitpunkt des Eingangs des Dokuments bei Gericht dokumentiere und das Gericht lediglich den Eingang ausdrucke und das Papier an die Gerichtsvollzieherin weiterleite.

Der Hinweis der Gerichtsvollzieherin über den fehlerhaften Eingang sei daher berechtigt gewesen. Auf die entsprechende Rüge der Gerichtsvollzieherin hätte der Gläubigervertreter ohne großen Aufwand durch eine erneute Übersendung per beA das Problem beheben können. Da er dies nicht getan hat, wurde die Kostenrechnung zu Recht erstellt. Die Erinnerung war daher zurückzuweisen.

II.

Prüfvermerke der Justiz

Beim Exportieren einer gesendeten Nachricht an die Justiz wird immer ein PDF mit dem Namen „xxx_Pruefvermerk“ erstellt. Wenn die Nachricht durch Mitarbeitende versendet wird, erscheint im Prüfvermerk der Hinweis: „Diese Nachricht wurde per EGVP versandt“ (auch wenn das Dokument mit qeS versehen wurde).

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Sendet der Anwalt selbst mit einer qeS, so wird im Prüfvermerk angezeigt: „Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“ und es wird festgestellt, dass das Dokument nach ERVB qualifiziert signiert wurde.

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Sendet der Anwalt selbst ohne eine qeS, so sieht der Prüfvermerk wie folgt aus: „Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“ und es wird festgestellt, dass das Dokument nach ERVB nicht qualifiziert signiert wurde und daher kein Prüfergebnis bezüglich der Gültigkeit und Integrität vorliegt.

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III.

Übersenden von Zustellungsaufträgen gem. § 193 ZPO

Bei der Übersendung von Zustellungsaufträgen ist Satz 1 Abs. 2 zu beachten:

„Soll ein Dokument als Schriftstück zugestellt werden, so übermittelt die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument …

  • 2.

    als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg.“

  • Das bedeutet für die Praxis, dass Zustellungsaufträge nicht über Mitarbeitende versandt werden dürfen, da der „sichere Übermittlungsweg“ nur dann gegeben ist, wenn der Anwalt (mit oder ohne qeS) selbst sendet.

    In einem hier bekannten Fall der Zustellung einer einstweiligen Verfügung hatte eine Gerichtsvollzieherin zwar eine Zwischenverfügung erteilt, allerdings konnte die Kanzlei mit dem Hinweis, dass die Übersendung per EGVP und nicht über beA erfolgt ist, nichts anfangen, da man davon ausging, dass die Übersendung durch Mitarbeitende auch über beA erfolgt.

    Bislang hat lediglich das LG Bonn am 12.6.2023 die Auffassung vertreten, dass der OGV den streitgegenständlichen Vollstreckungsauftrag zu Unrecht abgelehnt hat. Es stellt darauf ab, dass nach § 130a Abs. 3 ZPO das elektronische Dokument entweder mit einer qeS der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und (von der verantwortenden Person) auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden muss.

    Nachdem der Vollstreckungsauftrag wiederholt und ausgeführt wurde, sei das Rechtsschutzinteresse entfallen, da sich der angefochtene Beschluss durch Vollzug vollständig erledigt habe.

    IV.

    Fazit

    Überprüfen Sie, welche Aufträge im Sinne des Mandanten besser über den sicheren Übermittlungsweg verschickt werden sollten. Zwar lässt sich eine Maßnahme immer noch wiederholen, falls eine Monierung erfolgt. Gerade bei Zustellungs- und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist jedoch der Zeitfaktor oft entscheidend, um anderen Gläubigern eine Nasenspitze voraus zu sein.

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