Beitrag

B. Die Digitalstrategie der Bundesregierung für die Justiz

Verfasserin: Isabelle Désirée Biallaß
Richterin am Amtsgericht, Essen

I.

Einleitung

Am 5.9.2022 wurde die Digitalstrategie der Bundesregierung veröffentlicht. Unter dem Punkt „Digitale Justiz“ werden sieben Ziele vorgestellt, an deren Stand im Jahr 2025 die Bundesregierung sich bezüglich der Frage messen lassen möchte, ob sie die weitere Digitalisierung der Justiz erfolgreich vorangetrieben hat. Die Bundesregierung plant, künftig mehr Verantwortung für die technische Seite der Justizdigitalisierung zu übernehmen. Neue bundeseinheitliche digitale Justizangebote sollen koordiniert, Anwendungen durch den Bund entwickelt bzw. ihre Entwicklung durch die Länder abgestimmt und unterstützt werden. Die Bedeutung, die die Bundesregierung der Digitalisierung der Justiz zuweist, wird auch durch die Schaffung einer neuen Abteilung D im BMJ deutlich, die für die Themen „Bessere Rechtsetzung“ und „Digitale Gesellschaft und Innovation“ zuständig ist.

In dem nachfolgenden Beitrag wird untersucht, welche Ideen sich hinter den Schlagworten in der Digitalstrategie verstecken, wo sie bereits diskutiert wurden und welche Hintergründe sie haben.

II.

Das gerichtliche Online-Verfahren

In der Digitalstrategie heißt es

„Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

→ die gesetzliche Regelung für die Erprobung vollständig digital geführter Zivilverfahren geschaffen und an einzelnen Pilotgerichten mit der Erprobung vollständig digital geführter Zivilverfahren begonnen wurde.“

Die Schaffung eines vollständig digital geführten Zivilverfahrens in Deutschland ist keine neue Idee. Vielfach wird auf die Online-Verfahren in England und Wales, Dänemark sowie in den Niederlanden hingewiesen. 2018 wurde die Länderarbeitsgruppe Legal Tech damit beauftragt zu untersuchen, ob es in der deutschen Justiz der Einführung eines beschleunigten Online-Verfahrens bedarf. In dem Abschlussbericht aus dem Jahr 2019 wurden Überlegungen zu einem so genannten „Hamburger Modell“ für ein beschleunigtes Online-Verfahren dargestellt, wobei allerdings darauf hingewiesen wurde, dass dieses weder in allen Aspekten ausgefeilt sei noch von allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe befürwortet werde.

In dem „Diskussionspapier – Modernisierung des Zivilprozesses“, das durch eine Arbeitsgruppe im Auftrag der Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichthofs erstellt wurde, wurde der Bedarf für ein beschleunigtes staatliches Online-Verfahren bejaht. Auf dem Zivilrichtertag am 2.2.2021 befürworteten 66 Prozent der Teilnehmer die Einführung eines beschleunigten Onlineverfahrens mit intelligenten Eingabe- und Abfragesystemen und im Regelfall rein elektronischer Kommunikation.

Das BMJ(V) führte im Mai 2021 ein Projekt „Digitale Klagewege“ im Rahmen des Tech4Germany Fellowship-Programms durch. Ziel des Projekts war es, einen niedrigschwelligen Zugang zur Justiz zu schaffen. Es sollte eine Vision für ein Justizportal entwickelt werden, das es Bürgern möglich macht, ihre potenziellen Ansprüche zu erkennen, Handlungsoptionen dargestellt zu bekommen und, falls nötig, eine Klage in strukturierter Form bei Gericht einzureichen. Hierdurch soll perspektivisch eine digitale Weiterverarbeitung und Verfahrensführung bei den Gerichten und auf der Beklagtenseite ermöglicht werden. Ein Prototyp ist online abrufbar. Nach dem Regierungswechsel wurde in Kooperation mit der DigitalService4Germany GmbH ein Discovery Sprint unter dem Titel „Zugang zum Recht“ durchgeführt, um die Rahmenbedingungen für ein künftiges Projekt zu definieren. Parallel befand sich das BMJ in Kontakt mit den Landesjustizverwaltungen und den interessierten Verbänden, um zu erörtern, wie ein zivilgerichtliches Onlineverfahren prozessual ausgestaltet werden könnte. Es bleibt spannend, wie ein entsprechender erster Gesetzesentwurf aussehen wird.

III. Digitale Rechtsantragstelle

In der Digitalstrategie heißt es:

„Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob: […]

→ eine bundesweit einsetzbare Software für Justizdienstleistungen in einer digitalen Rechtsantragstelle bis Ende 2023 ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt wurde und bereits erste Justizdienstleistungen in einer digitalen Rechtsantragstelle angeboten werden.“

Die Schaffung einer digitalen Rechtsantragstelle ist ebenfalls keine neue Idee. Insbesondere wird diskutiert, die Chatbot-Technologie zu diesem Zweck nutzbar zu machen. Auch in dem Diskussionspapier der Arbeitsgruppe der Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des BGH zur Modernisierung des Zivilrechts wurde eine digitale Öffnung der Rechtsantragstellen befürwortet und thematisiert, dass hierzu Chatbots eingesetzt werden könnten.

Das BMJ(V) hatte bereits im Jahr 2020 eine Studie zu der Machbarkeit der Entwicklung eines Chatbots zum Einsatz auf der Rechtsantragstelle in Auftrag gegeben. Diese kam zu dem Ergebnis, dass es möglich sei, eine große Anzahl von Anfragen ohne einen persönlichen Termin im Gericht zu erledigen. Daraufhin wurde entschieden, das Projekt fortzusetzten. Sodann gab das BMJ(V) die Erstellung eines Konzepts für die Entwicklung und den Einsatz von Chatbots in Rechtsantragstellen in Auftrag, in dem Vorschläge für die Ausgestaltung einer Erstversion des Chatbots gemacht wurden.

Nach dem Regierungswechsel entschied das BMJ, das Projekt mit dem unter II. erwähnten Projekt „Digitale Klagewege“ zusammenzuführen und einen Discovery Sprint durchzuführen. Nach Durchführung des Discovery Sprints wurden die Projekte wieder getrennt.

Eine durch die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs eingesetzte Arbeitsgruppe verfasste ein Grundlagenpapier zum Einsatz von KI und algorithmischen Systemen in der Justiz. Dort wurde der Einsatz von Chatbots bei den Rechtsantragstellen grundsätzlich begrüßt, jedoch darauf hingewiesen, dass diese nur als Ergänzung der vorhandenen Kommunikationswege eingesetzt werden und diese nicht ersetzen dürfen, um den Zugang zum Recht nicht einzuschränken.

IV.

Transkription der strafgerichtlichen Hauptverhandlung

In der Digitalstrategie heißt es:

„Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob: […]

→ die gesetzliche Regelung für die digitale Aufzeichnung der strafgerichtlichen Hauptverhandlung in Bild und Ton mit automatisiertem Transkript geschaffen wurde.“

Mit diesem Ziel strebt die Bundesregierung endlich die Umsetzung einer bereits seit langem im Schrifttum erhobenen Forderung an. Bereits die 2014 bis 2015 tagende Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens kam zu dem Schluss, dass die Einführung der audiovisuellen Dokumentation erstinstanzlicher Hauptverhandlungen vor Land- und Oberlandesgerichten näher geprüft werden sollte. Das Thema war Gegenstand eines erfolglosen Gesetzesentwurfs sowie eines Antrags der FDP-Fraktion und eines erfolglosen Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Bereits unter der vorherigen Hausleitung untersuchte das BMJ(V) die Potentiale der Protokollierung der mündlichen Verhandlung und die KI-gestützte Transkription des Wortprotokolls. Eine 2019 eingesetzte Expertengruppe befasste sich mit der Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung. In ihrem Abschlussbericht aus dem Jahr 2021 kam sie zu dem Ergebnis, dass eine technische Dokumentation der Hauptverhandlung sowohl Chancen bietet als auch Risiken birgt und machte Vorschläge für eine Umsetzung. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass ein gemeinsames Vorgehen aller Bundesländer und des Bundes alternativlos erscheint.

Die aktuelle Bundesregierung hatte bereits in ihrem Koalitionsvertrag aufgenommen, dass Vernehmungen und Hauptverhandlung künftig in Bild und Ton aufgezeichnet werden müssen.

Soweit aktuell bekannt ist, beziehen sich die Pläne der Bundesregierung auf die strafrechtliche Hauptverhandlung vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht. Aktuell wird dort ein reines Formalprotokoll geführt, in dem nur der wesentliche Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung dokumentiert werden. Die (wesentlichen) Ergebnisse der Beweisaufnahme werden nicht dokumentiert. Wie die künftige technische und rechtliche Ausgestaltung der Bild-Ton-Aufzeichnung der Hauptverhandlung sowie deren Transkription aussehen werden, bleibt abzuwarten.

Erwähnenswert ist, dass bis 2025 „nur“ die gesetzliche Regelung geschaffen werden soll. In dem Bericht der Expertengruppe zur Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung wird zurecht darauf hingewiesen, dass eine Verpflichtung zur Integration von Aufzeichnungstechnik in die Infrastruktur der Gerichte den Zeitplan für die Einführung der elektronischen Verfahrensakte gefährden könnte und dieses neue Mammutprojekt deswegen erst im Anschluss an die Einführung der elektronischen Akte – die im Jahr 2026 abgeschlossen sein soll – in Angriff genommen werden sollte.

V. Bundeseinheitliches Portal für Videoverhandlungen

In der Digitalstrategie heißt es:

„Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob: […]

→ das bundeseinheitliche Videoportal der Justiz deutschlandweit für Videoverhandlungen und Online-Termine der Justiz spätestens ab 2024 genutzt werden kann.

§ 128a ZPO wurde durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 18a des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 eingeführt und trat zum 1.1.2002 in Kraft. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren vom 25.4.2013 wurde er mit Wirkung zum 1.11.2013 neugefasst. Die Möglichkeit zur Verhandlung oder Vernehmung mit Videokonferenztechnik findet sich auch in den § 91a FGO, § 110a SGG, § 102a VwGO. In § 32 Abs. 3 FamFG wird für geeignete Fälle die entsprechende Anwendung des § 128a ZPO angeordnet. Für Ehesachen und Familienstreitsachen gilt § 128a ZPO über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG unmittelbar. Durch die Möglichkeit der Videoverhandlungen sollten ein effektiver und zeitnaher Rechtsschutz sowie Senkung der Prozesskosten, z.B. durch ersparte Reisekosten, erreicht werden.

Bis zum Beginn der Corona-Pandemie fristete § 128a ZPO weitgehend ein Schattendasein. Um einen Stillstand der Rechtspflege zu vermeiden, gewann die Vorschrift während der pandemischen Lage plötzlich eine unerwartete Attraktivität. Beispielsweise entschied das Kammergericht Berlin, dass eine mündliche Verhandlung nach § 128a Abs. 1 ZPO bei zur Eindämmung des Coronavirus eingeschränktem Betrieb des Gerichts auch unter Verwendung von den mitwirkenden Richtern privat gestellten Notebooks und Webkonferenz-Software durchgeführt werden darf. Ungeklärt ist, ob Richter einen Anspruch auf Ausstattung mit Videokonferenztechnik haben.

Sämtliche Landesjustizverwaltungen bemühten sich zu Beginn der Pandemie zeitnah, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, um Richtern die Durchführung von Videoverhandlungen zu ermöglichen. Eingesetzt wurden die Lösungen Microsoft Teams, Skype for Business, Cisco WebEx, Jitsi, Zoom und Polycom. Hierbei war zu berücksichtigen, dass es aus Datenschutzgründen anstrebenswert war, dass die Justiz sich für die Durchführung der Videoverhandlungen eigener Server bediente. Dies umzusetzen, stellt jedoch eine nicht unerhebliche technische Herausforderung dar. Die Nutzung von Lösungen mit Serverstandorten im Ausland, insbesondere im außereuropäischen Ausland, ist abzulehnen.

Das BMJ(V) begann ein Projekt zur Entwicklung eines bundeseinheitlichen Portals für Videoverhandlungen, dass von allen Ländern genutzt werden kann. Zum Einsatz soll Jitsi als Open-Source-Produkt kommen. Der Betrieb soll auf durch Dataport für die Justiz betriebenen Servern erfolgen. Das Projekt und sein aktueller Stand wurden bereits mehrfach vorgestellt. Es ist vollumfänglich zu begrüßen.

VI.

Elektronische Verkündung von Gesetzen

In der Digitalstrategie heißt es:

„Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob: […]

→ Gesetze und Verordnungen elektronisch verkündet werden.“

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Verkündungs- und Bekanntmachungswesens sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verkündung von Gesetzen und Verordnungen des Bundes in einem elektronischen Bundesgesetzblatt im Internet geschaffen und das Verkündungs- und Bekanntmachungsrecht konsolidiert und modernisiert werden. Parallel sollen durch den Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 82), der bisher vorsieht, dass Gesetze „im Bundesgesetzblatte“ zu verkünden sind, die verfassungsrechtlichen Grundlagen für dieses Vorhaben geschaffen werden. Dieses Ziel ist begrüßenswert.

VII.

Grundlagen für bundesweite KI-Projekte

In der Digitalstrategie heißt es:

„Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob: […]

→ eine Schnittstelle für die kontrollierte Übergabe von Justizdaten zur Ermöglichung KI-gestützter cloudbasierter Justizdienste geschaffen wurde.“

Die Einführung der elektronischen Akte soll bis zum 1.1.2026 abgeschlossen sein. Schon jetzt steigt die Menge Justizdaten, die in elektronischer Form vorliegen. Sie werden jedoch nicht in einer Datenbank gespeichert, sondern in drei verschiedenen E-Akten-Systemen erzeugt und voraussichtlich auf Datenbanken in 16 verschiedenen Rechenzentren gespeichert sein. Die Schaffung eines bundesweiten Datenpools mit Schnittstellen zu allen drei E-Akten-Systemen wird schon seit längerem gefordert. Bereits Anfang 2021 berichtete der Themenkreis „Einsatz kognitiver Systeme in der Justiz“ der BLK AG Zukunft über die Notwendigkeit, KI-Anwendungen über einheitliche Schnittstellen an die E-Akten-Systeme anzubinden, einheitliche betriebliche Anforderungen zu definieren und einen justizeigenen Pool von Trainingsdaten zu schaffen. Es erfolgte eine dahingehende Positionierung der BLK.

VIII.

Bundesweite Justizcloud

In der Digitalstrategie heißt es:

„Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob: […]

→ wir ein Konzept für eine bundesweite Justizcloud der Zukunft entwickelt haben.“

Während sich die anderen Ziele sehr einfach einem Projekt zuordnen ließen, ist dies bei dem letzten Punkt nicht möglich. Die Diskussion der Schaffung einer bundesweiten Justizcloud wird häufig im Zusammenhang mit der digitalen Zusammenarbeit von Polizei und Justiz geführt. Nicht nur die elektronischen Akten, sondern auch die Beweismittel müssen ausgetauscht werden, so dass eine „Beweismittelcloud“ benötigt wird. Diese dürfte sinnvollerweise als „digitale Asservatenkammer“ auszugestalten sein, um Verteidigern und Sachverständigen die Möglichkeit geben zu können, auf die Beweismittel zuzugreifen. Aber nicht nur in Strafverfahren, sondern auch in den anderen Fachbereichen nehmen die digitalen Beweismittel zu. Die Entwicklung einer Lösung für deren sinnvolle Aufbewahrung und ihren Abruf muss dringend geschaffen werden.

Es erscheint jedoch denkbar, in dem Konzept für eine bundesweite Justizcloud der Zukunft ein viel größeres Einsatzszenario zu planen. Durch die Digitalisierung der Justiz werden künftig immense Speicherkapazitäten benötigt. So wurden in Nordrhein-Westfalen zur Vorbereitung der Einführung der E-Akte sämtliche Arbeitsplätze zentralisiert. Seit dem 2.9.2022 arbeiten alle Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes an zentralisierten Arbeitsplätzen über eine Client-Server-Infrastruktur. Die Server für mehr als 35.000 Arbeitsplätze werden über ein justizeigenes Rechenzentrum mit eigenem Personal betrieben, dessen Kapazitäten fortlaufend erhöht werden mussten. Insbesondere durch die Notwendigkeit der stetigen Verfügbarkeit der E-Akte ergeben sich hohe Sicherheitsanforderungen.

Auch für die in der Digitalstrategie genannten Projekte werden erhebliche justizeigene Speicherkapazitäten benötigt. Das digitale Onlineverfahren (II.) und die digitale Rechtsantragstelle (III.) sollten über justizeigene Server betrieben werden. Gleiches gilt für die de lege ferenda geplante Aufzeichnung der strafrechtlichen Hauptverhandlung und deren Transkripte (IV.). Wie unter V. ausgeführt, sollten auch Videoverhandlungen idealerweise über justizeigene Server durchgeführt werden. Zudem sollte ein Datenpool mit Justizdaten geschaffen werden, um maschine-learning-basierte KI-Anwendungen sinnvoll trainieren zu können (VII.). Auch ein derartiger Datenpool wäre sinnvollerweise als Justizcloud zu betreiben. Es dürfte zudem noch weitere Digitalisierungsprojekte der Länder geben, die justizeigene Ressourcen im Rechenzentrum binden.

Infolgedessen stellt sich die Frage, ob eine bundesweite Justizcloud nicht auch die notwendigen Hardware-Ressourcen als Infrastructure as a Service (IaaS) anbieten könnte. Hierbei werden über die Cloud – meist virtualisierte – Hardware-Ressourcen zur Verfügung gestellt. Dies hat den Vorteil, dass Anwendungen während Phasen starker Nachfrage dynamisch zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden können. Hierdurch wird eine höhere Resilienz und Performanz bei der Benutzung dieser Anwendungen erreicht. Voraussetzung ist jedoch, dass die über die Cloud betriebenen Anwendungen zu einer entsprechenden Skalierung fähig sind, was bereits bei ihrer Entwicklung zu berücksichtigen ist. Eine derartige Skalierbarkeit können durch die Länder betriebene Justizrechenzentren nicht bieten. Bei einer Nutzung von IaaS müssten die Länder zudem weniger Personal für das Management von Hardware, Backup und Ausfallsicherheit vorhalten.

IX.

Fazit – Aus Berlin nicht Neues

Sämtliche Projekte sind sinnvoll und begrüßenswert. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, sind die Ideen jedoch nicht neu, sondern wurden allesamt bereits seit Jahren in den jeweils einschlägigen Kreisen diskutiert. Die Bereitschaft, des BMJ mehr Verantwortung für die technische Seite der Justizdigitalisierung zu übernehmen, wird jedoch hoffentlich dazu führen, dass eine weitere Entstehung eines digitalen Flickenteppichs vermieden wird.

Während die Umsetzung einiger Ziele realistisch erscheint, stellt die Umsetzung anderer Vorhaben eine große rechtliche und technische Herausforderung dar. Ob es der Regierung gelingt, diese in dem angekündigten Zeitrahmen zu meistern und für welche Lösungen sie sich entscheidet, bleibt spannend. Alle an der Digitalisierung der Justiz Interessierten werden die weiteren Entwicklungen mit großem Interesse verfolgen. Wir werden über Fortschritte an dieser Stelle berichten.

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