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E. beA – Gesellschaftspostfach

Verfasserin: Ilona Cosack Fachbuchautorin und Inhaberin der ABC AnwaltsBeratung Cosack, Fachberatung für Rechtsanwälte und Notare

Seit dem 1.8.2022 erhalten Berufsausübungsgesellschaften (BAG) ihr eigenes beA (§ 31b BRAO), das Gesellschaftspostfach (GePo).

I.

Wer muss einen Antrag auf Zulassung stellen?

Grundsätzlich sind alle BAG zulassungsbedürftig: sie müssen also einen Antrag auf Zulassung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer (RAK) stellen; eine Ausnahme gilt nur für „Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Rechtsanwälte oder Angehörige eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Berufs angehören“, (§ 59f Abs. 1 Satz 2 BRAO).

Alle BAG, die am 1.8.2022 bestanden und zulassungsbedürftig sind, müssen den Zulassungsantrag bis zum 1.11.2022 stellen (§ 209a Abs. 2 Satz 1 BRAO). Ihnen stehen bis zur Entscheidung der zuständigen RAK über den Antrag auf Zulassung die Befugnisse nach den §§ 59k (Rechtsdienstleistungsbefugnis) und 59l BRAO (Vertretung vor Gerichten und Behörden) zu.

Alle BAG benötigen – zusätzlich zu der Berufshaftpflichtversicherung ihrer Mitglieder – eine eigene Berufshaftpflichtversicherung, das gilt unabhängig davon, ob die BAG zugelassen ist oder zulassungsbedürftig ist.

Jede BAG kann sich auch freiwillig zulassen (§ 59f BRAO Abs. 2) und bekommt dann auch ein GePo.

Bereits zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaften, die bereits Mitglieder einer RAK sind, müssen sich nicht erneut zulassen. D.h. die Rechtsanwaltsgesellschaften mbH werden ab dem 1.8.2022 zugelassene BAG.

Besonderheit:

Die Bezeichnung „Rechtsanwaltsgesellschaft“ ist zukünftig auf BAG begrenzt, bei denen Rechtsanwält:innen die Mehrheit der Stimmrechte innehaben und bei denen die Mehrheit der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans ebenfalls Rechtsanwält:innen sind (§ 59p BRAO).

Bereits bestehende Rechtsanwaltsgesellschaften müssen überprüfen, ob die Gesellschafter- und Geschäftsführungsstruktur den Mehrheitserfordernissen entspricht. Ist dies nicht der Fall oder sollten sich personelle Änderungen ergeben, die dazu führen, dass die Mehrheitserfordernisse zukünftig nicht mehr eingehalten werden, muss die Firmierung geändert und der Begriff „Rechtsanwaltsgesellschaft“ aus dieser gelöscht werden.

II.

Antrag auf Zulassung als BAG

Der Antrag auf Zulassung als BAG ist bei der örtlichen RAK zu stellen, bei BAG mit mehreren Standorten am Hauptsitz der BAG. Für die weiteren Standorte können freiwillig weitere GePo beantragt werden, die ggf. auch wieder abbestellt werden können.

Leider gibt es kein einheitliches Formular, sondern jede RAK stellt i.d.R. auf der Website ein Formular zur Verfügung das etwa 20 Seiten umfasst. Es erfordert umfangreiche Anlagen, die mit dem Antrag, der ebenfalls von RAK zu RAK unterschiedlich, entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur aller vertretungsberechtigten Gesellschafter oder schriftlich in Papierform mit analogen Unterschriften mit notarieller Beglaubigung eingereicht werden müssen. Die Hamburgische RAK weist darauf hin, dass sie „derzeit an einer webbasierten Plattform arbeitet, die die Antragstellung und die Änderung von Mitgliederdaten über ein Internetportal ermöglichen wird.“

III.

Frist: 1.11.2022

Der Zulassungsantrag muss von vertretungsberechtigten Personen unterzeichnet werden; anderenfalls liegt kein Antrag „der Gesellschaft“ vor. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 5 BRAO dürfen die RAK Neueintragungen in das BRAV nur vornehmen, nachdem sie ein Identifizierungsverfahren durchgeführt haben. Daher muss die neu zuzulassende BAG identifiziert werden. Dazu muss sichergestellt werden, dass:

  • bei registergängigen Gesellschaften die Unterschriften von Mitgliedern des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs in vertretungsberechtigter Zahl;

  • bei nicht-registergängigen Gesellschaften die Unterschriften aller Gesellschafter

vorliegen. Alle Unterschriften müssen beglaubigt sein.

Die Hamburgische RAK weist darauf hin, dass ein Antrag zunächst auch ohne die für die Identifizierung erforderlichen Unterschriften und/oder Beglaubigungen eingereicht werden kann, damit die Frist gewahrt wird. Alle erforderlichen Unterschriften und die Beglaubigung müssen aber vor der Zulassung nachgeholt werden; anderenfalls kann eine Zulassung nicht erfolgen.

Die Kosten für die Zulassung sind von RAK zu RAK unterschiedlich. Manchmal wird nach Anzahl der Personen differenziert, während andere RAK unabhängig von der Anzahl der Personen einen Pauschalbetrag berechnen, so z.B. die RAK Berlin mit 800 EUR.

IV.

beA-Karte für die BAG

Die BAG erhält von der örtlichen RAK eine SAFE-ID. Erst damit kann der Antrag für bis zu zwanzig beA-Karten für die BAG bestellt werden: https://zertifizierungsstelle.bnotk.de/signaturkartenbestellung/wizard/beA-BAG/info

Es handelt sich um eine reine Basiskarte für die Registrierung der BAG und die Anmeldung am Postfach der BAG. Die Anbringung der qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) erfolgt durch die Rechtsanwält:in mit der eigenen Signaturkarte. (Zu Einzelheiten vgl. auch weiterer Beitrag Cosack, Elektronischer Rechtsverkehr Ausgabe 4/2022, beA – Update 3.14 – Vorbereitungen für die Gesellschaftspostfächer). Mitarbeitende benötigen keine zusätzlichen beA-Mitarbeiterkarten, sie können dem BAG-Postfach als „Benutzer ohne Postfach“ >Einstellungen >Postfachverwaltung >Benutzerverwaltung >Suchen „Benutzer ohne Postfach“ mit der Rolle „Mitarbeiter“ hinzugefügt werden.

V.

Kanzleiorganisation auf den Prüfstand stellen

Es gibt keine Möglichkeit, die individuellen beA der einzelnen Rechtsanwält:innen zu deaktivieren, sowohl die Einzel-beA als auch das GePo müssen überwacht werden. Je größer die BAG, desto vielfältiger sind die Herausforderungen, die zu meistern sind.

  • Wer ruft Nachrichten aus dem GePo ab?

  • Wer sendet Nachrichten aus dem GePo?

  • Wie werden Nachrichten zukünftig verteilt?

  • Sollen Fristen zukünftig zentral oder dezentral notiert werden?

Dies sind nur einige Fragen, die beantwortet werden müssen. Es hat sich bewährt, sowohl für das beA als auch für das GePo Regeln festzulegen, um ein Organisationsverschulden des Anwalts zu vermeiden.

Auch für die BAG besteht eine Nutzungspflicht für das GePo, so dass in den Mandaten, in denen die BAG Mandatsträgerin ist, sie grundsätzlich auch ihr eigenes GePo benutzen muss.

Beim Versenden von Nachrichten in Mandaten der BAG ist daher sorgfältig zu prüfen, ob ein Versand aus einem anderen beA-Postfach als dem der BAG eine wirksame (Prozess-) Handlung darstellt.

Darüber hinaus sollte die qeS als „MUSS“ definiert werden, um die von der BRAK geäußerten Bedenken (vgl. auch weiterer Beitrag Cosack, Elektronischer Rechtsverkehr Ausgabe 4/2022, beA – Update 3.14 – Vorbereitungen für die Gesellschaftspostfächer) von vorneherein als Fehlerquelle auszuschließen.

VI.

Fazit

Das GePo wurde von der Anwaltschaft gefordert mit der Maßgabe, dass das beA der einzelnen Rechtsanwält:in obsolet wird. Für die Justiz ist maßgeblich, dass diese rechtssicher Zustellungen in das GePo vornehmen kann. Das Einzel-beA muss trotz GePo weiterhin überwacht werden, auch wenn vermutlich auf Dauer gesehen „nur noch“ die BRAK-Mitteilungen oder Nachrichten von Kolleg:innen, die nach § 25 BORA als „persönlich/vertraulich“ gekennzeichnet sind, dort eingehen. Die BRAK rechnet damit, dass zu Beginn durchaus auch seitens der Justiz Zustellungen und Eingänge in das falsche Postfach erfolgen. Ob es sinnvoll ist, das elektronische Empfangsbekenntnis dann abzulehnen, wird die Rechtsprechung zeigen.

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