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D. beA – Geduldsprobe – Schwierigkeiten bei Kartentausch, Fernsignatur und Softwareschnittstellen

Verfasserin: Ilona Cosack
Fachbuchautorin und Inhaberin der ABC AnwaltsBeratung Cosack, Fachberatung für Rechtsanwälte und Notare

Die Nutzer:innen des beA werden derzeit auf eine große Geduldsprobe gestellt. In den sozialen Medien (Twitter, LinkedIn) gibt es Unmutsäußerungen allenthalben. So schrieb ein Rechtsanwalt: „Mir fehlt dafür jedes Verständnis. Das System verschickt einen Link. Diesen Link klickt man an. Und dann sagt das System, dass der Link nicht gültig ist. Sorry, aber dann ist das System schlicht Mist.“ Und ein anderer Nutzer teilt mit: „Habe die #beA Fernsignaturbestellung gerade mal unter Windows probiert, da funktioniert mal gar nichts (Downloadlinks natürlich auch tot, aber das ist das geringste Problem). Irgendwie aber auch beruhigend, dass die BNotK offenbar genauso unfähig wie die BRAK ist“. Und zum Thema Schnittstelle zum beA für Kanzleisoftwarehersteller (KSW): „Zum Thema Fernsignatur und KSW hat die BRAK nun einen Workshoptermin anberaumt: sehr kurzfristig, nur Präsenz, keine Aufzeichnung. Wer nicht teilnehmen kann, hat Pech gehabt. Warum ist wirklich ALLES, was rund um das #beA zur Mitigation getan wird, immer ein weiterer Clusterfuck?“

I.

Zum beA Kartentausch

In der letzten E-Broschüre (Cosack, Elektronischer Rechtsverkehr Ausgabe 3/2022, Rn 21 ff.) hatten wir beschrieben, wer wann eine neue beA-Karte erhält. Alle Anwält:innen, deren beA-Karte am 8.9.2022 auslaufen, erhalten zuerst eine neue beA-Karte. Um zu prüfen, wann die eigene beA-Karte abläuft, steckt man die beA-Karte ins Lesegerät und meldet sich am beA an. Bevor die PIN eingegeben werden muss, findet man unter der Bezeichnung „Sicherheits-Token“ das Ablaufdatum der beA-Karte. Bislang appelliert die BRAK an die Nutzer, die neue beA-Karte vorher dem eigenen Postfach hinzuzufügen, damit ein Zugang zum beA weiterhin gewährleistet ist.

Wichtig zu wissen:

Mit dem Softwarezertifikat kann man die neue beA-Karte nicht hinzufügen, es wird zwingend ein Hardwarezertifikat (beA-Karte) benötigt!

Die beA-Mitarbeiterkarten werden voraussichtlich erst im Jahr 2023 getauscht, also Ruhe bewahren, wenn hier noch keine Ersatzkarten zur Verfügung stehen. Wer jedoch zusätzliche beA-Mitarbeiterkarten braucht, kann diese hier für 12 EUR pro Jahr unter Angabe seiner SAFE-ID bestellen: https://zertifizierungsstelle.bnotk.de/signaturkartenbestellung/wizard/beA/info

Für das neue Gesellschaftspostfach der BAG sind keine neuen beA-Mitarbeiterkarten oder Anwaltskarten erforderlich!

Nachdem viele Rechtsanwälte Probleme hatten, ihre neuen beA-Karten zu aktivieren, hat der beA-Support der BRAK gemeinsam mit der BNotK eine Anleitung veröffentlicht:

https://portal.beasupport.de/neuigkeiten/der-bea-kartentausch

II.

Zur Fernsignatur

Mit dem Austausch der beA-Karten einher geht der Wechsel der qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) von einer im Chip vorhandenen qeS hin zur Fernsignatur. Diese ist bei der neuen Kartengeneration der BNotK nicht mehr auf der Karte direkt hinterlegt, sondern wird durch eine Online-Verbindung mit der Software der BNotK SAK lite https://sso.bnotk.de/saklite/download/ in der „hochsicheren Umgebung der Zertifizierungsstelle“ nach erfolgreicher Authentisierung online abgerufen, d.h. eine Verbindung mit dem Internet zur Anbringung einer qeS ist zwingend erforderlich.

Die BNotK beschreibt den Vorteil der Fernsignatur wie folgt:

„Zertifikate lassen sich situativ bequem wechseln. Die hohen Sicherheitsstandards bleiben uneingeschränkt bestehen, die Anwendung jedoch wird vereinfacht. Sie benötigen zur Anmeldung und zum Signieren zukünftig nur noch eine PIN.“

Quelle: https://portal.beasupport.de/fileadmin/user_upload/images/Aktuelle_Hinweise/Information _der_Bundesnotarkammer/220425_Infoblatt_Kartentausch_Rechtanwaelte.pdf

Dieser Hinweis ist missverständlich. Zum Anmelden beim beA muss man nach wie vor die (identische) PIN zwei Mal auf dem Lesegerät eingeben. Für das Signaturzertifikat der Fernsignatur wird dann die identische PIN ein weiteres Mal verwendet. Das konnte man allerdings schon bei den alten beA-Karten so handhaben, denn auch die Signatur-PIN war schon immer änderbar über die alte Software der BNotK, die „secure framework“. Auch für die Eingabe einer Fernsignatur wird ein Lesegerät benötigt, weil das System im Internet den Nutzer auffordert, über das Lesegerät seine PIN einzugeben.

Als weiteren Vorteil beschreibt die BNotK:

„Ein weiterer Vorteil ist, dass zukünftig bei einer Neubeantragung oder dem Widerruf eines qeS keine weitere Chipkarte bzw. neuen Chipkarte notwendig wird bzw. dieses keinen Einfluss auf die Chipkarte selbst hat.“

Ob dieser Vorteil, der eher den Aufwand bei der BNotK reduziert, einen Vorteil für die Nutzer bietet, wird sich weisen. Die Autorin hat im Vergleich zwischen „alter“ Signaturkarte und der Aufbringung einer Fernsignatur einen höheren Zeitaufwand für die Aufbringung der Fernsignatur festgestellt, da das System erst verschiedene Prüfmechanismen durchläuft, bevor die Fernsignatur erfolgreich angebracht wird, sofern es ohne technische Fehler funktioniert. Mehrfach kamen immer wieder Fehlermeldungen, die ein Signieren mit der Fernsignatur verhinderten. Man stelle sich vor, eine Notfrist würde bis zum Ende „ausgereizt“ und dann streikt die Fernsignatur:

So wurden am 8.8.2022 und 11.8.2022 gemeldet:

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Und für diejenigen, die sich erst noch um eine Fernsignatur bemühen, wurde am 29.8.2022 gemeldet:

Störung bei der Nutzung des Links zum Tausch des qualifizierten Zertifikates im Rahmen des beA-Kartentauschs

Derzeit besteht eine Einschränkung bei der Beantragung der Fernsignaturfunktion. Nach der Empfangsbestätigung der beA-Karte erhalten Inhaber einer beA-Karte Signatur im Rahmen des Kartentauschs von der Bundesnotarkammer eine E-Mail mit dem Betreff „Link zum Tausch Ihres qualifizierten Zertifikates“. Wird der dort enthaltene Link aufgerufen, ist teilweise die weitere Bearbeitung des zugehörigen Antrags nicht möglich. Die Bundesnotarkammer arbeitet mit Hochdruck an der Behebung des Fehlers.“

Diese Meldung wurde am 2.9.2022 mit einem Update abgewandelt:

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Der Blick in die ferne Zukunft mag dann wieder verlocken, sich doch für eine Fernsignatur zu entscheiden:

Für die Zukunft bereit: Die Neuen Chipkarten sind NFC-fähig (Near Field Communication), d.h. mit ihnen kann eine kontaktlose Interaktion ausgelöst werden – bspw. wie es vom „kontaktlosen Bezahlen“ mit EC- oder Kreditkarte vielen bekannt ist. Das sind ideale Voraussetzungen für etwaiges mobiles Arbeiten und Signieren mit einem Mobiltelefon oder Tablet und entsprechender App – ggf. auch ohne Chipkartenlesegerät.“

Diese Aussichten sind allzu rosig und noch weit von der Wirklichkeit entfernt. Aktuell wären die Nutzer froh, wenn die Links, die die BNotK verschickt, die Nutzer nicht mit einer Fehlermeldung ins Nirwana schickt. Entgegen der Beschreibung unter https://portal.beasupport.de/fragen-antworten/kategorie/bea-kartentausch/fernsignatur-im-zuge-bea-kartentausch (abgerufen am 4.9.2022) ist der Link zur Beantragung der Fernsignatur nicht 90 Tage lang gültig, sondern lediglich 30 Tage.

Der Link für die „Antragsstrecke für die Fernsignatur“ kann auch erneut übermittelt werden. Man soll entweder über das Kontaktformular (ganz unten auf der Seite https://zertifizierungsstelle.bnotk.de/bea-kartentausch gehen) oder eine E-Mail an die BNotK über bea@bnotk.de mit dem Betreff „Link zum Tausch des qualifizierten Zertifikats“ senden.

Schwierigkeiten gibt es auch, wenn das bei der ursprünglichen Antragstellung verwendete Ausweisdokument (Personalausweis) inzwischen abgelaufen ist, dann muss der BNotK ein aktueller Identitätsnachweis übermittelt werden. Es stehen folgende Optionen zur Auswahl:

  • eID auslesen,

  • (qualifiziert) signierte Ausweiskopie hochladen oder

  • unterschriebene Ausweiskopie postalisch einreichen.

„Die Bundesnotarkammer empfiehlt die Nutzung der Option zum Hochladen der signierten Ausweiskopie.“

Danach muss noch ein Widerrufskennwort festgelegt werden. Dieses gilt als Kennwort für eine eventuell notwendige Sperrung und für die Entschlüsselung der Auftragsbestätigung. Es wird darauf hingewiesen: „Die Bundesnotarkammer kann dieses später weder zurücksetzen, noch einsehen. Daher bitte unbedingt sicher aufbewahren.“

III.

Zur Kanzleisoftware-Schnittstelle und der Fernsignatur

Mit DAV-Depesche Nr. 30/22 https://anwaltverein.de/de/newsroom/dav-depesche-nr-30–22 warnte der DAV unter der Überschrift „beA – Vorsicht beim Kartentausch!“ davor, „dass bei Nutzung einer Anwaltssoftware elektronische Dokumente (zumindest vorübergehend) nicht mehr qualifiziert elektronisch signiert werden können.“ Die BRAK hat dazu ausführlich Stellung genommen https://portal.beasupport.de/neuigkeiten/stellungnahme-fernsignatur-service-ueber-ksw-schnittstelle-und-toolkit und ihre Sicht der Dinge dargestellt. Der Software-Industrieverband (SIV-ERV), der die Interessen der Kanzleisoftwarehersteller bündelt, hat seinerseits eine Stellungnahme abgegeben: https://siv-erv.de/wp-content/uploads/2022/08/Stellungnahme-SIV-ERV-Fernsignatur-2022.pdf

Fakt ist, dass Nutzer von Kanzleisoftware aktuell die beA-Schnittstelle ihrer Software nicht mit der Fernsignatur nutzen können. Allerdings gelten die „alten“ beA-Signaturkarten, auch wenn eine Anmeldung nach dem 8.9.2022 nicht mehr möglich ist, weiter, so dass zumindest bis zum Jahreswechsel 2022 das Signieren mit der alten beA-Signaturkarte ohne Fernsignatur sowohl in der Kanzleisoftware als auch in der beA-Webanwendung funktioniert.

Praxistipp:

Prüfen Sie, ob als Backup die Signaturkarte eines anderen Anbieters in Frage kommt. Zwar kann man sich mit diesen Karten nicht am beA anmelden (vgl. https://www.brak.de/fileadmin/05_zur_rechtspolitik/newsletter/bea-newsletter/2019/ausgabe-33–2019-v-14112019.html), man kann jedoch eine Signatur wie gewohnt anbringen, wenn man die Karten zum Signieren wechselt (zwingend muss nur zur Anmeldung und beim Signieren eine Karte im Lesegerät stecken). Zugelassen sind die Karten des Deutschen Gesundheitsnetzes (DGN) https://www.dgn.de/signaturkarte/bea/, bei dem die Identifizierung z.B. über Postident-Verfahren oder bei einer Expressbestellung über eine persönliche Identifizierung in Düsseldorf erfolgt. Weitere Anbieter sind die Bundesdruckerei https://www.d-trust.net/de/bestellen mit dem D-Trust Portal, das zwingend eine Anmeldung am Portal voraussetzt und die Telekom, deren Signaturkarte unter https://www.telesec.de/de/produkte/signaturkarte/ueberblick/ bestellbar ist und NotarIdent erfordert.

IV.

Störungen seit Juni 2022

Im Juni gab es neun Störungsmeldungen, gravierend die Störung beim E-Mail-Eingang im Ticketsystem des beA-Anwendersupports, welche fast einen ganzen Tag andauerte:

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Im Juli gab es vielfältige Wartungsarbeiten (neun Meldungen) am beA, die entweder in der Nacht oder am Wochenende stattfanden. Die Justiz hingegen lässt Wartungsarbeiten auch während der Arbeitszeiten durchführen. Am Mittwoch, 28.7.2022, erfolgte dann nachts das beA-Update auf die Version 3.14, allerdings mussten danach tagsüber von 13 – 14 Uhr „kurzfristige Wartungsarbeiten“ durchgeführt werden. Auch der August begann mit Wartungsarbeiten und am Montag, 5.8.2022, mit einer Störung zwischen 10:27 und 10:50 Uhr. Er endete am Dienstag, 30.8.2022, mit einer beA Störung zwischen 06:50 und 09:05 Uhr. Mit insgesamt dreizehn Meldungen bislang Spitzenreiter im negativen Sinn.

Leider endet die aktuelle beA-Störungsdokumentation (abgerufen am 4.9.2022) https://www.brak.de/fileadmin/02_fuer_anwaelte/bea/beA-St%C3 %B6rungsdokumentation.pdf mit einem Stand vom 4.8.2022, ist also einen Monat im Rückstand. Man fragt sich, warum dieses Dokument nicht automatisch aktualisiert wird, damit die Nutzer den Nachweis, ob und wann der elektronische Rechtsverkehr aus technischen Gründen nicht möglich war und damit die Ersatzeinreichung nach § 130d ZPO Abs. 2 greift, führen können.

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