Beitrag

A. Einleitung

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Die Welt steht fast still wegen des Corona-Virus – etwas, was wir uns bislang nicht haben vorstellen können. Was wir uns schon mal in einem Horror-Film – man denke an „Outbreak“ von Wolfgang Petersen im Jahr 1995 – über sich weltweit ausbreitende gefährliche Krankheitsepidemien gemütlich vor dem Fernseher auf der Couch mit Chips und kühlen Getränken aus der geschützten Beobachterperspektive angesehen haben, ist schreckliche Wirklichkeit geworden und mit brutaler Gewalt in unser aller Leben getreten.

Bisher fürchteten wir uns vor Computer-Viren und haben über die Notwendigkeit der Ende-zur-Ende-Verschlüsselung bei der Kommunikation gestritten.

All das ist in den Hintergrund getreten und wir sind froh, wenn überhaupt noch eine Kommunikation ohne Gesundheitsgefährdung der Beteiligten stattfinden kann.

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Doch auch in dieser Situation muss das Berufsleben irgendwie weitergehen. Gerichtliche Verfahren können nicht endlos verschoben werden. Die anwaltliche Arbeit muss weitergehen – irgendwie.

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In dieser für uns völlig neuen und nicht vorhergesehenen Situation sind zwei alte Tugenden wie Gelassenheit, Improvisationstalent und Kreativität gefordert.

„Not macht erfinderisch“ sagt ein Sprichwort, und daher sollte man neue Wege auch zügig ausprobieren.

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So gibt uns die Krise die Chance, ohne schlechtes Gewissen ins Homeoffice zu gehen. Seit Jahren wird diese Arbeitsform angepriesen – da waren aber auch immer die misstrauischen Chefs und Kollegen, die befürchteten, dass manchmal beim Wort Homeoffice die Betonung weniger auf Office und mehr auf Home liegt. Natürlich will niemand den Weg ins Büro generell abschaffen, schon weil einem beim Homeoffice mitunter die eigene Decke auf den Kopf fällt. Es fehlt der Abstand zwischen Arbeit und Privat zum Abschalten, und natürlich auch der direkte, persönliche Kontakt mit anderen Menschen.

Und beim Homeoffice lauern auch ganz andere Herausforderungen – die Vereinzelung in der Wohnzone oder der Unberechenbarkeit der eigenen, im Hause zu betreuenden Kinder.

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Aber wenn es wegen Corona eben ohne Gesundheitsgefahr nicht im direkten Kontakt geht, können und müssen wir uns anders behelfen.

Wie aber können wir unsere notwendige berufliche Kommunikation auf „gesunde und virenfreie Wege“ umleiten?

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Sicherlich ist das gute alte Telefon ein Weg, auf dem man auch Mandantengespräche führen kann. Und die gute alte Briefpost transportiert – jedenfalls derzeit noch – Briefe ordnungsgemäß zum Empfänger. Und wer es lieber elektronisch mag, schickt eine E-Mail oder ein Fax.

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Schwierig wird es, wenn es ins gerichtliche Verfahren geht.

Es zeigt sich dabei, dass unsere teilweise in ihren Grundstrukturen noch aus der Kaiserzeit – also dem vorigen Jahrtausend – stammenden Verfahrensordnungen sich hier vielfach als hinderlich erweisen. So ist im Zivilverfahren das Mündlichkeitsprinzip verankert, das die Parteien oder zumindest die Anwälte dazu zwingt, im Gerichtssaal zu erscheinen und sich damit dem Risiko unmittelbarer Kontakte zu anderen Personen auszusetzen. Dabei zeigt die Praxis seit Jahren, dass in den vielen Zivilverfahren im Termin lediglich die Anträge aus den Schriftsätzen gestellt werden.

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In der Krise wird es also erforderlich sein, aus gewohnten Arbeitsabläufen auszubrechen und kreativ die Möglichkeiten zu nutzen, eine Verhandlung mit Präsenz der Prozessbeteiligten zu vermeiden. Und da die meisten Richterinnen und Richter heute auch vom häuslichen Arbeitszimmer aus Zugang zum Justiz-Netz haben, können sie Vieles auch dann erledigen, wenn sie Infektionsgefahren am Arbeitsplatz vermeiden müssen oder wollen.

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Die Ansätze des Gesetzgebers in § 128 Abs. 2 ZPO, ein schriftliches Verfahren zu ermöglichen, haben sich praktisch nicht durchsetzen können. Auch die im Gesetz mögliche Videokonferenz (§ 128a ZPO) scheitert, wenn man dazu eine komplexe technische Ausstattung in den Gerichten voraussetzt. Hier sollte man die heute vielfach vorhandenen Möglichkeiten von Gratis-Software für Cloud-Services oder Videoübertragung in Kombination mit Laptops, Tablets oder Handys nutzen. Hier können alle Beteiligten von ihrem normalen Arbeitsplatz an der Gerichtsverhandlung teilnehmen. Wenn es um Gerichtsverfahren geht, die ohnehin in öffentlichen Sitzungen verhandelt werden, dürften auch die datenschutzrechtlichen Bedenken nicht unüberwindbar sein.

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Wir können hier durchaus von den Lehrern lernen, die die elektronische Betreuung der Schulkinder vielfach aus dem Stehgreif umgesetzt haben und nach der Devise vorgegangen sind

  • „Machen statt Bedenken diskutieren“

und

  • „Lernen wie es geht werden wir unterwegs“ .

Da die Schulen für Wochen geschlossen sind, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu stoppen, und die Kinder zuhause lernen sollen, kommt digitalen Lernformen mit einem Schlag eine neue und entscheidende Bedeutung zu. Bei Lehrern und Eltern wird bereits die Frage heftig diskutiert, ob Aufgaben zu Hause über Lernplattformen auch danach einen festen Platz bekommen werden und Corona so letztlich die Bildung revolutionieren könnte. Auch die Anbieter von Fortbildungen für Fachanwälte haben sehr schnell auf Online-Vorträge umgeschaltet.

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Kreativität gibt es auch in der Justiz. Als Beispiel für viele andere zitiere ich hier eine aktuelle Presseerklärung des Landgerichts Düsseldorf:

„Urteilen ohne anzustecken: Die Justiz plant in Düsseldorf Gerichtsprozesse als Videokonferenzen. In Zivilsachen sei dies grundsätzlich möglich, sagte Landgerichtssprecherin Elisabeth Stöve am Dienstag. Dazu hat das Gericht nun eine Videokonferenzanlage in einem Gerichtssaal fest installiert. Sie war bislang für Vernehmungen von Zeugen benutzt worden, die sich im Ausland befanden.

Durch die Corona-Krise waren fast alle Verhandlungen in Zivilprozessen ausgesetzt worden. Nur eilige Strafhaftsachen werden derzeit verhandelt. Mit dem Video-Gerichtssaal soll Bewegung in die derzeit brachliegenden Zivilverfahren zurückkehren. Die Zivilprozessordnung erlaube dies bereits seit 2013.

Bei der Bild- und Tonübertragung sind nur die Richter im realen Gerichtssaal anwesend. Die Rechtsanwälte und ihre Mandanten können sich etwa aus den Kanzleien zuschalten. Zuschauer können allerdings nicht virtuell teilnehmen. Sie müssen den Weg in Sitzungssaal 2.111 des Düsseldorfer Landgerichts auf sich nehmen.“

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Kreativ auch die Verfügung eines Familiengerichts in einer einverständlichen Scheidungssache, in der an sich die persönliche Anhörung der Ehegatten vorgeschrieben ist:

„Aus aktuellem Anlass würde es das Gericht für die persönliche Anhörung ausreichen lassen, wenn beide Eheleute mit Kopie des Lichtbildausweises eine handschriftliche Erklärung einreichen, dass sie geschieden werden möchten und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren beantragt wird.

Das Gericht würde nach Eingang der Erklärungen beider Seiten unter Aufhebung des Termins und ohne weiteren Verkündungstermin dann im schriftlichen Verfahren entscheiden.“

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Leider sind derzeit der elektronische Rechtsverkehr und die elektronische Akte noch nicht so weit vorangetrieben, dass damit ein vollwertiger Ersatz für das bisher übliche Verfahren im Papierbetrieb erreicht worden wäre. Und Homeoffice setzt nun einmal voraus, dass man von seinem heimischen PC Zugriff auf alle notwendigen Informationen hat; und das sind im Juristenleben nun mal die Akten.

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Auch wenn das beA zu allem Übel derzeit auch mal wieder Schwierigkeiten macht, ist die Aufgabenstellung klar: auch im Homeoffice muss das beA benutzt werden können, und zwar virenfrei. Dazu lesen Sie in dieser Ausgabe den Beitrag vonIlona Cosack.

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Der zweite Beitrag dieser Broschüre vonBernd Klasenstammt aus einem Gebiet, an das man nicht sofort denkt, wenn man von Justiz spricht und das man auch nicht ohne weiteres mit elektronischer Unterstützung von Arbeitsabläufen verbindet, nämlich der Schnittstelle zwischen Amtsgericht und Jugendstrafanstalt.

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Abgerundet wird diese Ausgabe mit einem Überblick vonIsabelle Biallaßüber ausgewählte Rechtsprechung zum ERV.

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Natürlich wünschen wir Ihnen auch diesmal eine angenehme und nutzbringende Lektüre unserer e-Broschüre.

Aber noch mehr wünschen wir Ihnen und Ihren Lieben Gesundheit! Mögen Sie von dieser tückischen Krankheit verschont bleiben!

Und bleiben Sie tapfer trotz Kontaktsperren und allen anderen Einschränkungen unseres gewohnten Lebens!

Dr. Wolfram Viefhues

Herausgeber

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