– BAG 3 Sa 462/23 –
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Karenzentschädigung – Berechnung – Berücksichtigung von Mitarbeiterbeteiligungen – virtuelle Unternehmensbeteiligungen
Die Parteien streiten über die Höhe einer Karenzentschädigung.
Die Beklagte betreibt eine Internetplattform, über die Ferienunterkünfte vermittelt werden. Sie hatte mehrere Optionsprogramme aufgestellt, in deren Rahmen sie ausgewählten teilnehmenden Mitarbeitenden sog. virtuelle Optionen gewährte. Sie erteilte dem Kläger für den Monat Oktober 2021 eine Entgeltabrechnung, in der bezogen auf „Virtual Shares“ ein Bruttobetrag i.H.v. 161.394,79 EUR ausgewiesen wurde; mit der Bezeichnung „Einbehalt Virtual Shares“ wurde ein Betrag i.H.v. 75.038,15 EUR vom Nettolohn in Abzug gebracht. Der Kläger erhielt im Oktober 2021 insgesamt 8.635 „class A shares“ der H. SE. Im Januar 2022 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag. Danach vereinbarten sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30.6.2022 und begrenzten das arbeitsvertraglich vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf die Zeit bis zum 31.12.2022. Die Beklagte zahlte dem Kläger für die Monate Juli 2022 bis Oktober 2022 monatlich eine Karenzentschädigung i.H.v. 4.166,66 EUR brutto.
Der Kläger verlangt eine höhere Karenzentschädigung und berechnet diese ausgehend von seinem jährlichen Festgehalt, einer „virtuellen Unternehmensbeteiligung (VSOP)“, ausgezahlt im Oktober 2021 i.H.v. 161.394,79 EUR, und einer weiteren, im August 2022 zu zahlenden VSOP i.H.v. 96.230,00 EUR. Da es sich bei den virtuellen Anteilen um wechselnde Bezüge i.S.d. § 74b Abs. 2 HGB handele, seien diese mit dem Durchschnitt – berechnet auf einen Zeitraum von 33 Monaten (Dauer des Arbeitsverhältnisses vom 1.10.2019 bis 30.6.2022) – zu berücksichtigen. Hiernach betrage das für die Ermittlung der Karenzentschädigung maßgebliche monatliche Einkommen 16.140,14 EUR, woraus sich eine monatliche Karenzentschädigung i.H.v. 8.070,07 EUR berechne. Den sich ergebenden monatlichen Differenzbetrag i.H.v. 3.903,41 EUR macht er mit seiner Klage für die Monate Juli 2022 bis Oktober 2022 geltend – insgesamt 15.613,64 EUR. Die Beklagte ist der Auffassung, die virtuellen Optionen seien bei der Berechnung der Karenzentschädigung nicht zu berücksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 9.781,52 EUR brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen der Parteien ganz überwiegend zurückgewiesen und die Revision für beide Parteien zugelassen. Es hat – wie das Arbeitsgericht – die im Oktober 2021 ausgezahlten 161.394,79 EUR aus dem VSOP in die Berechnung einfließen lassen, hingegen die im August 2022 zu zahlenden 96.230,00 EUR nicht berücksichtigt. Mit den von beiden Parteien eingelegten Revisionen wenden sich diese gegen die Berücksichtigung der im Oktober 2021 gezahlten 161.394,79 EUR (Beklagte) bzw. fordern die weitergehende Berücksichtigung der 96.230,00 EUR aus dem VSOP (Kläger).
Vorinstanz: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.1.2024 – 3 Sa 462/23
Termin der Entscheidung: 27.3.2025, 11:00 Uhr
Zuständig: Achter Senat
– BAG 10 AZR 80/24 –
Provisionsanspruch – Kryptowährung – Notwendigkeit der Angabe einer Wallet
Die Parteien streiten – soweit für die Revision von Interesse – über die Zahlung von Provisionen für die Monate Februar und März 2020 in der Kryptowährung Ether (ETH).
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Online-Marketingbranche, das sich insbesondere mit Kryptowährungen und Blockchain befasst. Die Klägerin war zunächst aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags bis 30.9.2019 als Werkstudentin in der Funktion einer Jr. Projektmanagerin zu einer monatlichen Bruttovergütung von 960,00 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmung: „(1) Partner-Akquise + Sales wird mit einer zusätzlichen Provisions-Staffel vergütet. 10 % für NEW Businesses bis 2.500 EUR monatliches Volumen. (…) Zahlung der Provision in Crypto ETH.“ Das Arbeitsverhältnis wurde über den 30.9.2019 hinaus fortgesetzt. Mit Arbeitsvertrag vom 1.4.2020 wurde eine Tätigkeit der Klägerin als Jr. Key-Accountmanager/Partnermanager vereinbart; zum Abschluss einer neuen Provisionsvereinbarung kam es nicht. Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des 31.12.2021. Eine Übertragung von ETH erfolgte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht. Die Adresse einer für die Übertragung erforderlichen Wallet teilte die Klägerin der Beklagten im August 2020 mit. Mit der letzten Gehaltsabrechnung für Dezember 2021 rechnete die Beklagte Provisionsansprüche i.H.v. 15.166,16 EUR brutto ab und zahlte den sich hieraus ergebenden Nettobetrag aus. Eine Abrechnung der einzelnen Provisionsansprüche erfolgte nicht.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin zuletzt noch Provisionen für die Monate Februar und März 2020 geltend. Sie vertritt die Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf 64,315 ETH zu. Dieser sei um die von der Beklagten überwiesenen Provisionszahlungen in EUR mit dem am 31.12.2021 geltenden Wechselkurs in ETH (4,687 ETH) in Abzug zu bringen, ebenso um den Wert zweier privater Wallets, die ihr während des Arbeitsverhältnisses übertragen worden seien. Insgesamt verbleibe ein Anspruch i.H.v. 54,596 ETH. Die entsprechend errechneten monatlichen Eurobeträge seien zum Wechselkurs des jeweiligen Fälligkeitszeitpunkts in ETH umzurechnen. Die Bruttoprovisionszahlung in EURO habe sie nicht an Erfüllung statt angenommen. Die Beklagte meint, die berechtigten Provisionsforderungen habe sie erfüllt. Maßgeblich sei das taggenaue Äquivalent zum Eurokurs bezogen auf den Fälligkeitszeitpunkt der Provisionen. Der auf die Übertragung der Ether-Einheiten gerichtete Klageantrag sei bereits unzulässig.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 26,706 ETH verurteilt und die Klage hinsichtlich der Provisionsansprüche im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung teilweise abgeändert und die Beklagte im Ergebnis zur Übertragung von 19,194 ETH verurteilt. Mit der ausschließlich von der Beklagten eingelegten Revision begehrt diese die Abweisung der Klage in vollem Umfang.
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 10.4.2024 – 19 Sa 29/23
Termin der Entscheidung: 16.4.2025, 12:00 Uhr
Zuständig: Zehnter Senat