1. Ein Weiterbeschäftigungstitel ist nur dann hinreichend bestimmt und damit vollstreckbar, wenn ein Berufsbild angegeben ist.
2. Ein Weiterbeschäftigungsantrag mit dem Zusatz „zu einer bestimmten Vergütung“ ist unzulässig.
[Redaktionelle Leitsätze]
I. Der Fall
Streitgegenstand
Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit eines Weiterbeschäftigungsanspruchs.
Vollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungsanspruch
Der Kläger (und Gläubiger) hat die Zwangsvollstreckung wegen des Weiterbeschäftigungstitels aus § 888 ZPO begehrt mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, „den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen“.
Verfahrensgang
Nachdem das Arbeitsgericht den von dem Kläger geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch wie beantragt tituliert hatte (ArbG Köln, Urt. v. 27.10.2022 – 10 Ca 1441/20), hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Zwangsvollstreckung mit der Begründung zurückgewiesen, ein vollstreckbarer Weiterbeschäftigungstitel liege nicht vor (ArbG Köln, Urt. v. 5.3.2024 – 10 Ca 1441/20).
II. Die Entscheidung
Zurückweisung der Zwangsvollstreckung
Das Arbeitsgericht hat den Antrag Zwangsvollstreckung wegen des Weiterbeschäftigungstitels aus § 888 ZPO zurückgewiesen, da dieser nicht hinreichend bestimmt sei.
Rechtsprechung
Nach der in den Entscheidungsgründen angeführten Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts hat ein Arbeitnehmer mit erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz regelmäßig auch Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung (BAG, Beschl. v. 27.2.1985, GS 1/84). Ein entsprechender Weiterbeschäftigungstitel setzt hiernach für seine Vollstreckbarkeit hinreichende Bestimmtheit voraus, die nur dann gegeben sei, wenn ein Berufsbild angegeben ist, in dem die Weiterbeschäftigung begehrt wird (vgl. BAG, Beschl. v. 5.2.2020 – 10 AZB 31/19).
keine hinreichend Bestimmtheit
Diese – äußerst geringe – Mindestanforderung für einen hinreichend bestimmten und damit vollstreckbaren Weiterbeschäftigungstitel erfülle der vorliegende Weiterbeschäftigungstitel nicht, da es an der erforderlichen Voraussetzung der Angabe eines Berufsbildes fehle.
Titel allein maßgeblich
Bei der Prüfung der hinreichenden Bestimmtheit – so das Arbeitsgericht weiter – komme es allein auf den formellen Titel an, welcher für das Vollstreckungsorgan einer Zwangsvollstreckung zugänglich sein muss, ohne dass auf zusätzliche Erkenntnisse aus dem Erkenntnisverfahren zurückgegriffen werden könne. Der Kläger und Gläubiger könne daher auch nicht mit seinem Vortrag im Zwangsvollstreckungsverfahren gehört werden, er habe eigentlich vor knapp zwei Jahren einen ganz anderen Antrag stellen wollen.
Berücksichtigung der Entscheidungsgründe
Auch die nach der Rechtsprechung grundsätzlich mögliche Berücksichtigung des Tatbestand und der Entscheidungsgründe des Urteils zur Auslegung der Entscheidungsformel (BAG, Beschl. v. 5.2.2020 – 10 AZB 31/19) führt nach Auffassung des Arbeitsgerichts zu keinem anderen Ergebnis. Der titulierte Weiterbeschäftigungstitel decke sich vollumfänglich mit dem ausweislich des Urteilstatbestandes gestellten Weiterbeschäftigungsantrag; Anhaltspunkte für eine abweichende Formulierung eines Weiterbeschäftigungsantrags bzw. Weiterbeschäftigungstitels lassen sich dem Urteil nicht entnehmen, weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen.
Geltendmachung der bisherigen Gesamtvergütung irrelevant
Schließlich könne auch nicht geltend gemacht werden, dass die tatsächliche Beschäftigung „mit der bisher gezahlten Gesamtvergütung“ begehrt wurde, was wohl suggerieren soll, dass die Weiterbeschäftigung zum zuletzt bekleideten Berufsbild begehrt worden sei. Dies sei zum einen erneut unbestimmt sowie stelle zum anderen insbesondere keinen zulässigen Bestandteil eines Weiterbeschäftigungsantrags bzw. Weiterbeschäftigungstitels dar. Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch sei nach der Rechtsprechung ein Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG und habe damit nicht das Geringste mit einem Vergütungsanspruch zu tun, sondern stelle vielmehr geradezu das Gegenteil hierzu da. Eine Weiterbeschäftigung „zu einer bestimmten Vergütung“ sei von daher denklogisch ausgeschlossen, ein insofern fehlerhaft formulierter Weiterbeschäftigungsantrag somit unzulässig.
III. Der Praxistipp
instruktiv
Das Urteil steht im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung zum Weiterbeschäftigungsanspruch und dessen Vollstreckbarkeit und enthält einige instruktive Hinweise für die Praxis.
Sorgfalt bei der Antragstellung
Insbesondere ist bei der Antragstellung stets im Auge zu halten, ob der geltend gemachte Anspruch für den Fall des Obsiegens und einer Titulierung hinreichend bestimmt und damit vollstreckbar ist.
Dr. Gunther Mävers, Maître en Droit, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln, maevers@michelspmks.de