Nach der Bundestagswahl 2021 ist vor der Betriebsratswahl 2022. Turnusgemäß finden zwischen dem 1.3.2022 bis zum 31.5.2022 wieder Betriebsratswahlen statt. Die Wahl des Betriebsratsgremiums ist grundsätzlich Sache der Belegschaft. Trotzdem müssen auch Arbeitgeber nicht untätig zuschauen, wenn ihr neuer Betriebsrat gewählt wird. Sie haben legale Möglichkeiten die Wahl des Betriebsrats zu begleiten und korrigierend einzugreifen, natürlich ohne die Wahl zu beeinflussen, denn jeder Fehler des Wahlvorstands kann bares Geld kosten. Ist die Betriebsratswahl fehlerhaft durchgeführt und anschließend angefochten worden, muss diese wiederholt werden. Das heißt für Arbeitnehmer, doppelter Aufwand. Für Arbeitgeber bedeutet es, dass sie doppelt für die Wahl zahlen. Umso wichtiger ist es deshalb für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, während der gesamten Dauer, von der Vorbereitung über die Durchführung bis hin zur Ermittlung des Wahlergebnisses ein kritisches Auge auf die Einhaltung der Wahlvorschriften zu haben, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Der nachfolgende Leitfaden soll dazu dienen, einen ersten Überblick über den Ablauf der Wahl zu verschaffen und die Rechte und Pflichten, die insbesondere auch Arbeitgeber während der Wahl haben, zu definieren. Dazu werden relevante Stationen der Betriebsratswahl zusammengefasst. Entscheidend sind vor allem die Pflichten bei Aufstellung der Wahlliste, die Geschlechterquote, das Wahlverfahren selbst, Fragen zum Kündigungsschutz, die Kostentragung und ihre Informationsrechte. Zudem sind durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz einige Neuerungen in Kraft getreten, die es von nun an zu beachten gilt.
I.Neues durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz
Anders als bislang, sind ab sofort alle Arbeitnehmer, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, wahlberechtigt. Während also das Wahlalter um 2 Jahre herabgesetzt wurde, bleibt es dabei, dass auch in Zukunft Arbeitnehmer erst dann wählbar sind, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, wie § 8 Abs. 1. S. 1 BetrVG nunmehr klarstellt.
Die Wahl von Betriebsräten erfolgt aufgrund von sog. Vorschlagslisten. Diese sind innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Bislang war Voraussetzung, dass bei Betrieben mit weniger als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmer mindestens zwei Wahlberechtigte Wahlvorschläge unterzeichnen müssen. In Betrieben mit mehr als 20 Wahlberechtigten mussten mindestens 1/20 der Wahlberechtigten unterzeichnen, mindestens jedoch zwei Wahlberechtigte. Diese Voraussetzungen wurden gelockert. Zukünftig gilt, dass in Betrieben mit weniger als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern Wahlvorschläge nicht mehr unterzeichnet werden müssen. In Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmer genügt nunmehr die Unterzeichnung durch mindestens zwei wahlberechtigte Arbeitnehmer, erst in Betrieben mit mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmer müssen Wahlvorschläge von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer unterzeichnet werden (§ 14 Abs. 4 BetrVG).
Auch in Bezug auf die Schwellenwerte zur Durchführung des sog. vereinfachten Wahlverfahrens gibt es Neuerungen. Dieses ist nunmehr in Betrieben mit in der Regel fünf bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmer (bislang fünf bis 50). Gleiches gilt für das einstufige Wahlverfahren. Das vereinfachte Wahlverfahren können Arbeitgeber und Wahlvorstand zudem auch dann schon vereinbaren, wenn der Betrieb 101 bis 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer hat (bislang 51 bis 100).
Auch der Kündigungsschutz wurde ausgeweitet. Zusätzlich zu den ersten drei Beschäftigten, die in der Einladung zu einer Wahlversammlung oder in der Antragstellung zur Bestellung eines Wahlvorstands aufgeführt werden, werden künftig die nächsten drei aufgeführten Mitarbeiter ebenfalls, also insgesamt die ersten sechs genannten Mitarbeiter gesondert nach § 15 KSchG geschützt.
Weiter geschützt werden nunmehr sog. „Vorfeldinitiatoren“ (§ 15 Abs. 3b KSchG), also Arbeitnehmer, die Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats unternehmen. Diese müssen zusätzlich eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben, dass sie die Absicht haben, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten. Diese sind von der Abgabe der beglaubigten Erklärung bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung, längstens jedoch für drei Monate, vor personen- und verhaltensbedingten Kündigungen geschützt.
Die Wahlanfechtung wird insoweit eingeschränkt, als die Anfechtung durch Wahlberechtigte ausgeschlossen ist, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch eingelegt worden ist, es sei denn die Wahlberechtigten waren an der Einlegung des Einspruchs gehindert. Gleiches gilt für die Anfechtung durch den Arbeitgeber, wenn er sich darauf stützt, dass die Wählerliste unrichtig ist und die Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
II.Verordnung des BMAS
Am 8.10.2021 wurde zudem die Verordnung zur Änderung der Wahlordnung, der Wahlordnung Seeschifffahrt und der Verordnung zur Durchführung der Betriebsratswahlen bei den Postunternehmen verkündet. Danach gelten nunmehr folgende Neuerungen.
Auch Wahlvorstände sollen Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenzen durchführen können. Allerdings gilt weiterhin der Vorrang der Präsenzveranstaltung, sodass ein entsprechender Beschluss des Wahlvorstands Voraussetzung ist. Zudem dürfen einige Aufgaben ausdrücklich nicht virtuell durchgeführt werden. Dies gilt z.B. für die Prüfung eingereichter Vorschlagslisten oder die Durchführung eines Losverfahrens.
Bislang war eine Berichtigung der Wählerliste nach § 4 Abs. 3 S. 2 WO nur bis zum Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe möglich. Jetzt ist die Berichtigung der Wählerliste durch den Wahlvorstand bis zum Abschluss der Stimmabgabe möglich.
Aus Gründen der Nachhaltigkeit sollen künftig die Stimmabgabe in Präsenz nur noch durch Abgabe der Stimmzettel ohne Wahlumschläge erfolgen. Die Geheimheit der Wahl soll dadurch gewährleistet sein, dass die Stimmzettel, die ohne Wahlumschlag in die Wahlurne eingeworfen werden, in einer Weise gefaltet werden müssen, dass nicht erkennbar ist, wie gewählt wurde.
Weiter kann der Wahlvorstand nicht nur Wahlberechtigten, von denen ihm bekannt ist, dass sie aufgrund der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses am Wahltag nicht im Betrieb anwesend sein werden, die Wahlunterlagen für eine Briefwahl zusenden, ohne dass die Wahlberechtigten dies verlangen müssen, sondern auch denjenigen Beschäftigten, von denen ihm bekannt ist, dass diese aufgrund anderer Umstände längere Zeit und bis zum Wahltag nicht im Betrieb anwesend sein werden.
III.Besonderer Schutz der Wahl/Kosten
Die Betriebsratswahl darf nicht behindert oder beeinflusst werden und kein Arbeitnehmer darf in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden (§ 20 Abs. 1 BetrVG). Des Weiteren darf die Wahl nicht durch die Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst werden (§ 20 Abs. 2 BetrVG). Die Behinderung und Beeinflussung sind ausdrücklich verboten und strafbar und dies nicht nur unmittelbar im Zusammenhang mit dem Wahltag. Das Verbot gilt für den gesamten Zeitraum, während dem versucht wird, einen neuen oder überhaupt erstmals einen Betriebsrat zu wählen. Zu den geschützten Handlungen gehören auch das Sammeln von Unterschriften für Wahlvorschläge, die Einsetzung eines Wahlvorstands oder die Abstimmung über gemeinsame Wahl. Allerdings darf der Arbeitgeber eine Wahlempfehlung aussprechen. So ist die Aufforderung des Arbeitgebers in einer Mitarbeiterversammlung zur Aufstellung einer „alternativen“ Liste wegen Kritik am bestehenden Betriebsrat und gezieltes Werben um Kandidatur zulässig. Dies gilt auch für die Arbeitgeberbekundung der Sympathie mit bestimmter Liste/Kandidat (BAG 25.10.2017 – 7 ABR 10/16)!
Alle Kosten, die mit der Betriebsratswahl zusammenhängen, hat der Arbeitgeber zu tragen. Darunter fallen z.B. die Kosten für Aushänge, Stimmzettel, Briefwahlunterlagen, Wahlurnen, Wahlkabinen, Formulare, Ausfallzeiten für Wahlvorstand und Wahlhelfer. Zudem hat jedes Mitglied des Wahlvorstands einen Anspruch auf Teilnahme an einer Schulung. Der Arbeitgeber hat alle für die Teilnahme an der Schulung entstehenden Kosten zu tragen und unterliegt der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung.
IV.Ablauf der Wahl
Der Wahlvorstand hat eine Liste der Wahlberechtigten Arbeitnehmer zu erstellen. In die Liste sind nur Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG aufzunehmen. Leitende Angestellte gehören hierzu nicht. Der Arbeitgeber muss dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerlisten erforderlichen Auskünfte erteilen und auch die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen. In der Regel wird der Wahlvorstand den Arbeitgeber schriftlich mit Fristsetzung auffordern, die notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Wenn der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommt, kann der Wahlvorstand (ggf. auch im Wege einer einstweiligen Verfügung) gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des Arbeitgebers empfehlenswert, mit dem Wahlvorstand zu kooperieren und diesem eine Excel-Tabelle mit allen betroffenen Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen.
Der Arbeitgeber hat den Wahlvorstand zudem bei der Feststellung der leitenden Angestellten zu unterstützen. Im Übrigen sind Arbeitnehmer alle persönlich abhängigen Beschäftigten unabhängig von Ihrer Staatsangehörigkeit, so auch Auszubildende, Außendienstmitarbeiter, Telemitarbeiter, Heimarbeiter, Teilzeitbeschäftigte, in der Probezeit sich befindende Beschäftigte, Praktikanten, Volontäre und Umschüler.
Problemfälle, die einer genauen Prüfung bedürfen sind in der Regel freie Mitarbeiter, Selbständige (Ein-Personen-Betriebe) und Fremdfirmenangestellte
Wenn ein Betriebsrat aus drei oder mehr Mitgliedern besteht, muss das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein. Das bedeutet, dass entweder männliche oder weibliche Angestellte mindestens die Anzahl der Betriebsratsmandate erhalten müssen, die ihrem Anteil an der Gesamtbelegschaft entsprechen. Dies natürlich nur dann, wenn auch überhaupt genügend weibliche Wahlbewerber zur Verfügung stehen. Die Minderheitenquote ist vor der Wahl zu ermitteln. Dazu wird zunächst festgestellt, wie groß die Gesamtbelegschaft ist und wie viele männliche und weibliche Mitarbeiter im Unternehmen arbeiten. Alsdann erfolgt die Berechnung. Dazu werden die Teilzahlen für Männer und Frauen in jeweils eine Reihe gestellt. Diese Zahlen werden dann nacheinander durch 1, 2, 3, 4, … usw. geteilt. Das jeweilige Ergebnis ist nacheinander reihenweise aufzuführen. Jetzt werden die höchsten Ergebnisse sortiert bis klar ist, dass die Anzahl der Sitze, die dem Betriebsrat zur Verfügung stehen aufgebraucht sind. Dann werden die Ergebnisse miteinander verglichen sowie die höchsten Zahlen beider Geschlechter.
Für das Wahlausschreiben gilt in diesem Zusammenhang: Sind Frauen in der Minderheit, darf es nicht heißen, es müssen „mindestens X Männer/Y Frauen“ dem BR angehören. § 15 Abs. 2 BetrVG schützt allein die Repräsentation des Minderheiten Geschlechts. Daher ist nur die Mindestanzahl des Minderheitengeschlechts zu benennen (BAG 13.3.2013, NZA-RR 2013, 575; ArbG Düsseldorf v. 28.11.2016 – 2 BV 286/16).
Der Erlass und der Aushang des Wahlausschreibens werden von der Wahlordnung zwingend vorgeschrieben (§ 3 WO). Das Wahlausschreiben muss spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe vom Wahlvorstand erlassen und noch am selben Tag im Betrieb ausgehängt werden. Enthält das Wahlausschreiben nicht alle erforderlichen Angaben, ist die Wahl anfechtbar. Daher ist sind alle Betriebsparteien gut beraten, das Wahlausschreiben eingehend zu prüfen. Gleiches gilt für die Einhaltung der Sechswochenfrist.
Ein Abdruck der Wählerliste und ein Abdruck der Wahlordnung sind vom Tage des Erlasses des Wahlausschreibens bis zum Abschluss der Stimmabgabe an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen (§ 2 Abs. 4 WO). Wegen seines Anfechtungsrechts hat auch der Arbeitgeber das Recht, in die Wählerliste Einblick zu nehmen.
Wird lediglich eine einzige gültige Vorschlagsliste eingereicht, so kann der Wähler seine Stimme nur für solche Bewerber abgeben, die in der Vorschlagsliste aufgeführt sind (Personenwahl). Gewählt werden die Personen, die auf der Liste aufgeführt sind. Der Wähler darf nicht mehr Bewerber ankreuzen, als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Für andere Personen, die nicht auf der Liste stehen, darf der Wähler seine Stimme nicht abgeben.
Werden mehrere gültige Vorschlagslisten eingereicht, so kann der einzelne Beschäftigte seine Stimme nur für eine der Listen abgeben (Listenwahl). Gewählt wird also nur die Liste. Der Wähler hat keine Möglichkeit, die Liste durch Streichungen oder Hinzufügungen zu verändern. Solche Änderungen machen den Stimmzettel ungültig. Die Nummerierung der Listen erfolgt per Losentscheid.
Aus Arbeitgebersicht ist es oftmals günstiger, wenn eine Listenwahl durchgeführt wird, da andernfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Besetzung des Gremiums zu homogen ist. Denn nicht selten geschieht es, dass zwar suggeriert wird, es gebe nur eine gültige Vorschlagsliste und sodann, entgegen vorhergehender Erklärungen, kurz vor Ablauf der Abgabefrist wird doch eine weitere Liste vorgelegt. Damit kann in der Regel sichergestellt werden, dass mindestens ein Vertreter dieser Liste in den Betriebsrat gewählt wird. Gibt es dann nur zwei Listen, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mehrere Mitglieder dieser Liste einen Betriebsratssitz erlangen. Um den Einfluss einer bestimmten Liste nicht überproportional zu erhöhen, ist es daher aus dem Gedanken der Chancengleichheit für die Belegschaft sinnvoll, mehrere Listen aufzustellen.
Spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand die als gültig anerkannten Vorschlagslisten bis zum Abschluss der Stimmabgabe in gleicher Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben.
Ist die Stimmabgabe abgeschlossen, werden die Stimmen gezählt. Die Auszählung der Stimmen ist öffentlich und soll möglichst unmittelbar nach Schließung der Wahllokale erfolgen.
Wenn das Wahlergebnis feststeht, muss der Wahlvorstand eine Wahlniederschrift erstellen. Sodann muss das Ergebnis der Betriebsratswahl bekannt gemacht werden. Diese Bekanntmachung erfolgt an den gleichen Stellen, an denen auch das Wahlausschreiben aushängt. Der Wahlvorstand muss die personelle Zusammensetzung des neuen Betriebsrats sofort bekannt geben, wenn das endgültige Wahlergebnis feststeht. Das Wahlergebnis steht fest, wenn die Drei-Tages-Frist, innerhalb der die Gewählten die Nichtannahme der Wahl erklären können, abgelaufen ist.
Mit der Bekanntmachung des Wahlergebnisses beginnt der Lauf wichtiger Fristen. Eine Anfechtung der Betriebsratswahl ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses möglich (§ 19 Abs. 2 BetrVG).
V.Rechtsschutz bei Wahlfehlern
Geht im Rahmen der Wahl etwas schief bestehen die folgenden Rechtsschutzmöglichkeiten.
Eine Abbruchverfügung ist nur bei Fehlern zielführend, die zur Nichtigkeit der Wahl führen (Wahl eines Gegen-Betriebsrats, offenkundige (!) Verkennung des Betriebsbegriffes, Wahl ohne Wahlvorstand, Terrorisierung der Belegschaft). Eine Korrekturverfügung zur Korrektur von Fehlern während des Verfahrens (z. B. Streichung oder Hinzufügung von Wählern, Zulassung von Vorschlagslisten) ist zudem wegen der engen Fristen der WO häufig nicht möglich.
Üblicher ist hingegen die Anfechtung bei Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften. Diese muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen. Anfechtungsberechtigt sind drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft und der Arbeitgeber. Es ist allerdings Kausalität erforderlich: Die Anfechtung ist nicht erfolgreich, wenn auszuschließen ist, dass Fehler das Wahlergebnis beeinflusst haben. Bei erfolgreicher Anfechtung hingegen muss die Wahl wiederholt werden.
Anfechtungsgründe können sein:
- Verkennung des Betriebsbegriffs
- Zulassung von Nichtwahlberechtigten oder Nichtzulassung Wahlberechtigter
- Zulassung nicht wählbarer Arbeitnehmer als Wahlbewerber oder Nichtzulassung wählbarer Arbeitnehmer als Wahlbewerber
- fehlerhafte Qualifizierung als leitender Arbeitnehmer oder umgekehrt, aber nur, wenn das Zuordnungsverfahren gemäß § 18a BetrVG nicht durchgeführt wurde
- fehlerhafte Bestimmung der Zahl der Betriebsratsmitglieder
- Zulassung nicht ordnungsgemäßer Wahlvorschläge und Nichtzulassung ordnungsgemäßer Wahlvorschläge
- Zulassung der Briefwahl ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen
- Unzulässige Wahlbeeinflussung gem. § 20 Abs. 2 BetrVG
- fehlerhafte Verteilung der Sitze für das Minderheitsgeschlecht (auch im Wahlausschreiben)
- unterbliebene Auslosung der Reihenfolge der Wahlvorschlagslisten
- unzureichende Unterrichtung ausländischer Arbeitnehmer gem. § 2 Abs. 5 WO
- fehlerhafte Gestaltung von Stimmzetteln
- Verstöße gegen Grundsatz der geheimen Wahl (kein Sichtschutz, Kennzeichnung von Wahlvorschlägen)
- Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen
Dr.Jannis Kamann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln, kamann@michelspmks.de