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Möglichkeiten des Vorgehens gegen Nießbraucher wegen Nichterfüllung seiner schuldrechtlichen Pflichten

BGH, Versäumnisurt. v. 21.1.2022V ZR 233/20

I. Der Fall

Die Parteien, die Eigentümerin eines Grundstücks und der hieran Nießbrauchsberechtigte, streiten um die Löschung des Nießbrauchs. Die Eigentümerin räumte ihrem ehemaligen Lebensgefährten 2009 ein Nießbrauch an dem Grundstück ein. Nach der diesbezüglichen Vereinbarung hatte er sämtliche privaten und öffentlichen Lasten des Grundstücks zu tragen und ein Entgelt von 370 EUR pro Monat zu zahlen. Der Nießbraucher zahlte ab 2012 die Grundsteuer nicht mehr; ob er das Entgelt leistete, ist streitig. Die Eigentümerin kündigte hierauf das Vertragsverhältnis und nimmt den Nießbraucher auf Löschung des Nießbrauchs in Anspruch. Ihre erstinstanzlich abgewiesene Klage hatte in der Berufung Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom BGH zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

Nießbrauch ist kein Dauerschuldverhältnis

Zwar ist aufgrund der Säumnis der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Diesem liegt jedoch eine vollständige Prüfung der Rechts- und Sachlage zugrunde. Noch zutreffend verneint das Berufungsgericht allerdings einen Grundbuchberichtigungsanspruch der Klägerin aus § 894 BGB. Denn der Nießbrauch ist kein Dauerschuldverhältnis, das nach § 314 BGB beendet werden könnte. Der Nießbrauch stand auch nicht unter der auflösenden Bedingung der Erfüllung der schuldrechtlichen Verpflichtungen durch den Berechtigten. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht aber an, die Klägerin könne aus § 346 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung schuldrechtlicher Pflichten die Rückübertragung des Nießbrauchs verlangen, weil sie wirksam gemäß § 313 Abs. 1 BGB von dem der Bestellung des Nießbrauchs zugrunde liegenden Kausalverhältnis zurückgetreten ist. Zwar ist auf das der Nießbrauchsbestellung zugrunde liegende Kausalverhältnis das allgemeine Leistungsstörungsrecht der §§ 320 ff. BGB anwendbar. Demnach kann der Grundstückseigentümer bei Unwirksamkeit des Kausalverhältnisses das dingliche Recht kondizieren und bei Nichterbringung der Gegenleistung gemäß § 323 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten. Hiervon zu unterscheiden sind allerdings Vereinbarungen, die das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer betreffen. Zulässige abweichende Vereinbarungen können mit dinglicher Wirkung getroffen werden und binden dann auch den Rechtsnachfolger. Vereinbarungen über Erhaltungs- und Kostentragungspflichten sind indessen keine Gegenleistung für die Gewährung des Nießbrauchs. Bei ihrer Verletzung stehen dem Eigentümer neben der Möglichkeit der zwangsweisen Verwaltung nach § 1054 BGB nur Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche zu. Hier kann die Klägerin die Löschung des Nießbrauchs folglich nur dann verlangen, wenn sie das Kausalverhältnis gemäß § 314 BGB gekündigt hat.

III. Der Praxistipp

Die einfachste Möglichkeit, dem Nießbraucher wegen Nichterfüllung seiner schuldrechtlichen Pfilchten das dingliche Recht wieder zu entziehen ist es also, dessen Fortbestand unter die Bedingung ihrer Erfüllung zu stellen. Dann erlischt es mit Nichterfüllung der schuldrechtlichen Pflichten und der Eigentümer kann ohne weiteres eine Löschungsbewilligung verlangen.

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