Als Reaktion auf die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine hat die Europäische Union eine Reihe restriktiver Maßnahmen erlassen, die u.a. auch die Ausfuhr von Euro-Banknoten oder Banknoten, die auf eine andere amtliche Währung eines Mitgliedstaats lauten, nach Russland umfassen. Mit diesem Verbot soll verhindert werden, dass das russische Wirtschaftssystem Zugang zu Valuta erhält, um die Finanzierung der kriegerischen Handlungen gegenüber der Ukraine zu erschweren.
Von diesen Sanktionen können auch Reisende nach Russland betroffen sein, wenn sie Banknoten der EU-Staaten mit sich führen. Die EU-Sanktionen sehen zwar Ausnahmen für das Bargeldverbot vor, etwa für Urlauber; im Falle von Reisenden umfasst die erlaubte Bargeldmenge allerdings nur einen Betrag, der für den persönlichen Gebrauch des Reisenden oder seiner mitreisenden unmittelbaren Familienangehörigen erforderlich ist. Wird mehr Bargeld nach Russland eingeführt, stellt dies einen Sanktionsverstoß dar, der erhebliche Konsequenzen nach sich führen kann. Das musste jetzt auch eine Frau feststellen, die medizinische Behandlungen in Russland in Anspruch nehmen wollte. Sie wurde bereits am Flughafen Frankfurt a.M. gestoppt und der größte Teil ihres Geldes vom Zoll beschlagnahmt; außerdem musste sie sich strafrechtlich verantworten.
Beabsichtigt hatte die Frau, sich in Russland gleich mehreren Eingriffen zu unterziehen. So wollte sie zahnmedizinische Behandlungen in Anspruch nehmen; zusätzlich war eine Hormonbehandlung in einer Kinderwunschklinik geplant, auch wollte sie sich einer Folgebehandlung wegen einer Brustoperation in einer Klinik für plastische Chirurgie unterziehen. Alle diese medizinischen Eingriffe wollte sie mit Bargeld bezahlen und führte deshalb fast 15.000 € in EU-Banknoten mit sich. Der Flughafen-Zoll in Frankfurt sah hierin einen geplanten Verstoß gegen die EU-Russlandsanktionen und beschlagnahmte die gesamte Summe mit Ausnahme von 1.000 €, die er der Frau zur Deckung ihrer voraussichtlichen Reisekosten beließ; zudem wurde ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet. Das später damit befasst OLG Frankfurt war sich allerdings nicht sicher, ob auch medizinische Behandlungskosten unter die Sanktionen fallen und legte den Fall dem EuGH vor. Der entschied nun, dass medizinische Behandlungen nicht unter die Ausnahmen der Russlandsanktionen fallen (EuGH, Urt. v. 30.4.2025 – C-246/24).
Konkret galt es vor dem Luxemburger Gericht zu klären, ob Geldmittel, die einer (geplanten) medizinischen Behandlung in Russland dienen, „zum persönlichen Gebrauch“ bestimmt sind; nur dann würden sie unter die Ausnahmebestimmungen fallen. Die Richter am EuGH verneinten dies: Zum persönlichen Gebrauch bestimmt seien nur die Zahlungsmittel, die sicherstellen sollen, dass ein Reisender über das für die Reise und den Aufenthalt erforderliche Bargeld verfüge. Medizinische Behandlungen würden hingegen nicht den Erfordernissen entsprechen, die durch eine Reise oder einen Aufenthalt veranlasst würden.
Für die Reisende im hier entschiedenen Fall dürfte diese Rechtsauffassung am Ende teuer werden: Die vom Amtsgericht ausgesprochene Geldstrafe – die das OLG aller Voraussicht nach jetzt bestätigen dürfte – fiel mit 120 Tagessätzen zu je 150 € nicht gerade günstig aus. Sollte sie mit den geplanten Behandlungen in Russland im Sinne gehabt haben, Kosten zu sparen, so dürfte dieses Kalkül nicht aufgegangen sein.
[Quelle: EuGH]