Spielt ein Rechtsanwalt mit dem Gedanken, sich auf eine Notarstelle zu bewerben, dann sollte er vor allem eines sein: ehrlich. Denn schon geringfügig unrichtige oder unvollständige Angaben im Bewerbungsformular können zur Verweigerung der Bestellung führen. Dies hat kürzlich wieder ein vom Notarsenat des BGH entschiedener Fall gezeigt (BGH, Beschl. v. 10.3.2025 – NotZ(Brfg) 2/24).
Ein Rechtsanwalt aus Niedersachsen hatte sich 2023 auf eine von fünf ausgeschriebenen Notarstellen beworben. Im Bewerbungsformular wurde er unter einem Punkt aufgefordert, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu etwaigen straf- oder berufsrechtlichen Verfahren gegen ihn zu machen; dort hieß es: „Sind oder waren gegen Sie straf- oder berufsrechtliche Ermittlungsverfahren, Strafverfahren, berufsrechtliche oder berufsgerichtliche Verfahren, disziplinarrechtliche Vorermittlungsverfahren und/ oder Disziplinarverfahren anhängig?“ Der Kollege verneinte die Frage und unterschlug damit ein 2020 gegen ihn geführtes Aufsichtsverfahren seiner Rechtsanwaltskammer; möglicherweise deshalb, weil das Verfahren am Ende ohne Maßnahmen eingestellt worden war. Das allerdings stellte sich im Folgenden als großer Fehler heraus – die Justizverwaltung verweigerte ihm die Notarbestellung, weil sie ihm eine wahrheitswidrige Angabe in der Bewerbung vorwarf und deshalb seine persönliche Eignung i.S.d. § 5 Abs. 1 und 2 BNotO in Zweifel zog. Seine Rechtsmittel gegen die Entscheidung hatten keinen Erfolg, auch der BGH bestätigte letztinstanzlich die Entscheidung der Justizverwaltung.
Der Notarsenat verwies zur Begründung auf seine ständige Rechtsprechung, wonach schon bloße Zweifel an der persönlichen Eignung eines Notarbewerbers ausreichen, um die Bestellung abzulehnen. Diese Zweifel müssten zwar begründet sein, der an die Eignung angelegte Maßstab dürfe aber auch nicht zu milde sein. Dies erforderten die Bedeutung und die Schwierigkeiten der Aufgaben, die ein Notar als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege zu erfüllen habe. Als Träger eines öffentlichen Amtes sei ein Notar in besonderem Maße zur Integrität verpflichtet. Die Anforderungen an die persönliche Eignung von Notaren gingen also weit über diejenigen hinaus, die an Rechtsanwälte zu stellen seien, so der Senat. Bei der Beurteilung der persönlichen Eignung sei nicht nur auf Rechtskenntnisse und Fähigkeiten wie Urteilsvermögen, Entschlusskraft, Standfestigkeit, Verhandlungsgeschick und wirtschaftliches Verständnis abzustellen, sondern ebenso auf uneingeschränkte Wahrhaftigkeit und Redlichkeit; denn der rechtssuchende Bürger bringe gerade Notaren besondere Achtung und Vertrauen entgegen.
Diese geforderten Eigenschaften habe ein Bewerber nicht nur den Rechtssuchenden, sondern auch den Aufsichtsbehörden entgegenzubringen, so der Senat weiter. Denn auch diese müssten sich darauf verlassen können, dass der Notar ihnen vollständige und wahrheitsgemäße Auskünfte erteile. Mit diesen Anforderungen vertrage sich aber weder ein vorsätzlicher Täuschungsversuch noch ein nachlässiger Umgang mit in notariellen Angelegenheiten erteilten Auskünften. Denn mache ein Bewerber unvollständige Angaben, verfüge er eigenmächtig über die tatsächliche Beurteilungsgrundlage der Aufsichtsbehörde. Deshalb sei auch der Umstand, dass seinerzeit das gegen den Kläger geführte Aufsichtsverfahren eingestellt worden sei, ohne Belang. Denn zu beurteilen, ob dieser Umstand im Rahmen des Bewerbungsverfahrens Auswirkungen auf die persönliche Eignung des Klägers habe, habe nicht ihm, sondern der Aufsichtsbehörde zugestanden. Angesichts der unmissverständlichen Fragestellung im Bewerbungsvordruck sei deshalb nicht zu beanstanden, dass die Aufsichtsbehörde von einem nachlässigen Verhalten des Antragstellers ausgegangen sei.
Allerdings dürften die Anforderungen an den Bewerber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch nicht überspannt werden, führt der BGH weiter aus. In eine Gesamtbetrachtung müsse auch einfließen, wie sich ein Bewerber in der Vergangenheit verhalten habe. Deshalb sei es durchaus zulässig, manche Ereignisse wegen Zeitablaufs für irrelevant zu halten. Im vorliegenden Falle müsse aber berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Verhalten des Rechtsanwalts nicht um ein einmaliges Versehen, sondern um ein wiederholtes Fehlverhalten gehandelt habe; er habe nämlich das gegen ihn seinerzeit geführte Aufsichtsverfahren bereits in zwei vorangegangenen Verfahren nicht angegeben, in denen es um seine Bestellung als Notarvertreter ging. Deshalb sei die Versagung der Notarbestellung im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Allerdings führe die geschilderte Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung auch dazu, dass nachfolgendes mehrjähriges Wohlverhalten des Antragstellers von der Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen sei. Spätere erneute und dann möglicherweise anders zu beurteilende Bewerbungen des Klägers um eine Notarstelle seien daher nicht ausgeschlossen. Die Dauer der dafür notwendigen Wohlverhaltensperiode will der Senat offenbar an den Tilgungsfristen bei Einträgen der Aufsichtsbehörde orientieren, wie sein Verweis auf die § 205a BRAO, § 110a BNotO nahelegt.
[Quelle: BGH]