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Terminsverlegung wegen Urlaubs des Prozessbevollmächtigten

Darf ein Gericht einen vom Anwalt gestellten Antrag auf Terminsverlegung ablehnen, obwohl dieser seinen lange geplanten Urlaub rechtzeitig bekannt gegeben hatte? Oder dürfen die Richter darauf bestehen, dass er einen Vertreter bestellt? Zumindest für einen Einzelanwalt hat der VGH Baden-Württemberg jetzt festgestellt, dass eine Vertreterbestellung nicht notwendig ist, sondern der Termin im Regelfall zu verlegen ist (Beschl. v. 28.2.2025 – A 13 S 959/24).

Der Fall: Das Verwaltungsgericht hatte in einer Ausländersache einen Antrag des allein praktizierenden Rechtsanwalts auf Terminsverlegung abgelehnt, obwohl dieser seine Urlaubsreise bereits Monate zuvor gebucht und den Verlegungsantrag auch unverzüglich gestellt hatte. Die Richter begründeten ihre Ablehnung damit, dass eine Vertretung des Anwalts durch einen Kollegen zumutbar sei. Der VGH sah dies aber anders.

Der grundrechtlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebe den Beteiligten nicht nur das Recht zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage; es schließe vielmehr auch das Recht ein, sich durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, argumentierte der Senat. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund könne die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, wenn die begehrte Verlegung des Termins aus erheblichen Gründen geboten gewesen wäre. Ein solcher erheblicher Grund sei im Allgemeinen die Verhinderung des Prozessbevollmächtigten infolge eines zum Zeitpunkt der Ladung bereits gebuchten Urlaubs, jedenfalls bei einem Einzelanwalt, so die Richter weiter. Demgegenüber müsse das Beschleunigungsgebot zurückstehen, zumindest wenn – wie hier – keine besondere Dringlichkeit bestehe und auch keine Verschleppungsabsicht hinter dem Verlegungsantrag zu erkennen sei.

Dem Argument einer möglichen Vertreterbestellung erteilte der Senat eine klare Absage. Der Antragsteller sei Einzelanwalt und hätte somit einen externen Kollegen, der nicht in den komplizierten Fall eingearbeitet sei, beauftragen müssen. Dies hätte nicht nur zusätzliche Kosten verursacht, sondern wäre auch nicht dem Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt sowie dem Recht auf freie Anwaltswahl gerecht geworden. Auch aus der Vorschrift des § 53 Abs. 1 BRAO, wonach ein Rechtsanwalt für seine Vertretung sorgen müsse, wenn er länger als eine Woche daran gehindert sei, seinen Beruf auszuüben oder sich länger als zwei Wochen von seiner Kanzlei entfernen wolle, ergebe sich nichts anderes, so der VGH weiter. Die Vorschrift diene nämlich nur der Sicherstellung der Erreichbarkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege für Rechtssuchende, Gerichte und Behörden im Interesse des Rechtsanwalts selbst, der Mandanten sowie einer ordnungsgemäßen Rechtspflege; aus ihr ergebe sich aber nicht, dass von der Vertretung zwingend auch Termine zur mündlichen Verhandlung übernommen werden müssten, für die keine besondere Dringlichkeit bestehe.

Zumindest für Einzelanwälte bzw. -anwältinnen stellt die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg eine erfreuliche Klarstellung dar. Kommt ihnen nach einer Urlaubsbuchung eine gerichtliche Terminierung dazwischen, können sie auf eine stattgebende Verlegungsentscheidung hoffen, jedenfalls wenn das Verfahren keine besondere Eilbedürftigkeit aufweist. Den Antrag dafür sollten sie aber unverzüglich stellen und nachvollziehbar begründen, um jeden Verschleppungsverdacht schon im Keim zu ersticken.

[Quelle: VGH Baden-Württemberg]

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