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Zu guter Letzt: Finden statt kaufen

Wie wäre es, wenn Sie ihr nächstes Auto nicht kaufen müssten, sondern – sagen wir einmal – einfach finden könnten? Schauen Sie sich nur um, es stehen überall potenzielle Fundstücke herum. Und wer weiß? Vielleicht will der eine oder andere Besitzer seinen fahrbaren Untersatz ja gar nicht mehr haben?

Das hatte sich wohl auch ein Mann in Norddeutschland gedacht. Ihm war im örtlichen Gewerbegebiet ein Audi Q8 aufgefallen, der dort schon längere Zeit auf einem Parkplatz stand. Der Wagen war zwar ordentlich abgestellt und verschlossen, mittlerweile aber offenbar ohne gültigen TÜV. Der Mann meldete seinen „Fund“ bei der nächsten Online-Polizeiwache und machte vorsorglich auch seinen Besitzanspruch als Finder geltend. Die Polizei verwies ihn an die für den ruhenden Verkehr zuständige Ordnungsbehörde, die dem vom „Finder“ behaupteten Eigentumserwerb allerdings skeptisch gegenüberstand. Seinen Herausgabeanspruch wollte sie auch dann nicht anerkennen, als Versuche erfolglos geblieben waren, Kontakt zu dem letzten bekannten Halter aufzunehmen und sie das Fahrzeug mit zwischenzeitlich entstempelten Kennzeichen auf dem Betriebshof der Gemeinde hatte abstellen lassen. Es kam, wie es kommen musste – am Ende befassten sich die Gerichte mit dem Fall.

In der ersten Instanz – vor dem Landgericht – bekam der „Autofinder“ tatsächlich Recht: Die Einzelrichterin beim LG Celle ließ sich von dem Fund überzeugen und bejahte einen Eigentumserwerb des Mannes. Am erstinstanzlichen Sieg hatte dieser allerdings nicht lange Freude; das Oberlandesgericht kassierte die Entscheidung ein und verneinte einen auf Fund gestützten Herausgabeanspruch nach §§ 965, 973 BGB. Es sei schon fraglich, ob es sich bei dem geparkten Audi um eine „verlorene“ Sache handele, meinte der Senat. Das könne aber dahin gestellt bleiben, denn jedenfalls scheitere der Herausgabeanspruch des „Finders“ auf jeden Fall daran, dass letzterer den entdeckten Gegenstand nicht, wie von § 965 BGB gefordert, „an sich genommen“ habe. Eine solche Inbesitznahme und die damit verbundene Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Sache könne nicht einfach durch eine Meldung an die Behörden ersetzt werden, so die Richter. Auch einen Eigentumserwerb durch Inbesitznahme einer herrenlosen Sache i.S.d. § 958 BGB lehnten sie ab. Dafür, dass der Pkw zum fraglichen Zeitpunkt „herrenlos“ gewesen sei, hätte nachgewiesen werden müssen, dass der vorige Eigentümer seinen Eigentumsanspruch aufgegeben habe. Dafür sei hier nichts vorgetragen worden; im Gegenteil sprächen die Umstände – die Werthaltigkeit des Fahrzeugs, das ordnungsgemäße Abstellen und Verschließen des Fahrzeugs – eher gegen eine Eigentumsaufgabe (OLG Celle, Urt. v. 26.2.2025 – 14 U 53/24).

Aus dem kostenlosen Auto wurde also im Ergebnis nichts. Dabei scheiterte ein erfolgreicher Fund bei genauer Betrachtung der OLG-Entscheidung im Wesentlichen lediglich an der fehlenden Inbesitznahme des Entdeckers. Einen Juristen dürfte das nicht ruhen lassen – was hätte der Mann tun können, um dieses Tatbestandsmerkmal des § 965 BGB zu erfüllen? Vielleicht wäre schon ein mehrtägiges Zelten auf dem Autodach ausreichend gewesen. Oder das Anbringen von gut sichtbaren Aufklebern mit der Aufschrift „Das ist jetzt meiner!“ an allen Fahrzeugseiten. Es bliebe abzuwarten, was die Gerichte dazu sagen würden.

[Red.]

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