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Juristinnen fordern Behebung des Reformstaus im Familienrecht

Nicht nur im Staats- und Verwaltungsrecht, sondern auch auf anderen Rechtsgebieten werden derzeit Forderungen nach Reformen vorgetragen. Von der Befürchtung getrieben, dass die von Vorgängerregierungen bereits geleisteten Vorarbeiten zu verschiedenen Gesetzesprojekten mit dem Ampel-Aus in der Schublade verschwinden könnten, hatten sich bereits im Herbst vergangenen Jahres zehn Verbände zu Wort gemeldet und gefordert, die begonnenen Modernisierungen im Kindschafts- und Unterhaltsrecht zu Ende zu bringen (s. ZAP 2024, 1107).

Vor dem Hintergrund der nach der Bundestagswahl im Februar aufgenommenen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD hat jetzt der Deutsche Juristinnenbund (djb) noch einmal an die offenen Aufgaben des Familiengesetzgebers erinnert. Es müsse ein erklärtes Ziel im nächsten Koalitionsvertrag werden, die „rückständigen Regelungen“ im Unterhaltsrecht, im Kindschaftsrecht und im Abstammungsrecht nach einem Jahrzehnt geleisteter Vorarbeiten endlich an die heutige Lebenswirklichkeit anzupassen, forderten die Juristinnen im März.

Das vorzeitige Ende der letzten Regierungskoalition habe zwar die von ihr noch im Oktober vergangenen Jahres veröffentlichten Reformvorhaben im Unterhaltsrecht, im Kindschaftsrecht und im Abstammungsrecht gestoppt. Es bestehe jedoch weitreichender fachlicher und gesellschaftlicher Konsens, dass Reformen in allen drei Bereichen längst überfällig seien, erläuterte der djb. Unterhaltsrecht und Kindschaftsrecht bildeten die gesellschaftliche Realität nicht mehr ab, weil weder die Zunahme nichtehelicher Elternschaften berücksichtigt noch die Betreuung von Kindern im Wechselmodell geregelt sei. Das Abstammungsrecht hinke dem europäischen Standard hinterher, weil es Familienmodelle jenseits der „Vater-Mutter-Kind“-Konstellation weitgehend ignoriere. Die Bundesrepublik müsse außerdem die seit 2018 geltende Istanbul-Konvention endlich umsetzen, damit Gewalt gegen Frauen und Kinder in Sorgerechts-, Umgangs- und Kinderschutzverfahren adäquat berücksichtigt werde, betonte Prof Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Familienrechtskommission des Vereins.

Das Familienrecht berühre wesentliche Fragen des alltäglichen Lebens. Für Millionen Menschen seien die Regelungsbereiche des Familienrechts elementar. Die Interessen der Betroffenen sollten bei den Gesetzgebungsarbeiten nicht hintenangestellt werden, weil andere Themen mehr mediale Aufmerksamkeit erhalten, bekräftigte die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder, die Forderungen ihres Verbands. Als Grundlage der Gesellschaft verdienten es alle Familien in gleichem Maße, dass ihre Anliegen vom Gesetzgeber ernst genommen würden.

[Quelle: djb]

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