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Eigenbedarfskündigung eines DDR-Altmietvertrags

Eine wichtige Entscheidung zu Eigenbedarfskündigungen von noch zu DDR-Zeiten geschlossenen Wohnraummietverträgen in den neuen Bundesländern hat kürzlich der Bundesgerichtshof gefällt. Er entschied, dass die BGB-Vorschriften Vorrang vor den seinerzeit gültigen DDR-Bestimmungen haben, selbst wenn letztere von den Mietvertragsparteien zur Vertragsgrundlage gemacht wurden (BGH, Urt. v. 13. 11. 2024 – VIII ZR 15/23 vgl. S. 89, in diesem Heft).

Der Fall: Seit 1990 wohnten die beklagten Mieter in einer Wohnung im früheren Ost-Berlin. Ihr seinerzeit mit ihrem volkseigenen Betrieb (VEB) geschlossener Formularmietvertrag sah – in Anlehnung an die damals noch geltende Vorschrift des § 120 des ehemaligen Zivilgesetzbuchs der DDR (ZGB-DDR) – vor, dass das Mietverhältnis außer durch Mieterkündigung nur durch Vereinbarung der Vertragsparteien oder durch gerichtliche Aufhebung beendet werden kann. Der heutige Vermieter kündigte ihnen jedoch wegen Eigenbedarfs und klagte auf Räumung sowie Herausgabe der Wohnung. Vor dem Amtsgericht hatte er Erfolg, nicht jedoch vor dem Landgericht; das LG sah die strengeren vertraglich vereinbarten Kündigungsvoraussetzungen als vorrangig vor den BGB-Regelungen’an.

Dem folgte der BGH allerdings nicht und hob das landgerichtliche Urteil wieder auf. Die Karlsruher Richter verwiesen auf die Übergangsvorschrift des Art. 232 § 2 EGBGB, wonach sich die Kündigung von Mietverträgen nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik (allein) nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs richten. Deshalb sei der vom Kläger geltend gemachte Eigenbedarf ausschließlich anhand der Vorschrift des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu beurteilen und liege vor, wenn der Kläger die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötige.

Dass die Mietvertragsparteien seinerzeit vertraglich strengere Kündigungsvorschriften vereinbart hatten, hielt der BGH für unbeachtlich. Denn der gesamtdeutsche Gesetzgeber, so führt der Senat aus, habe im Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Beitritts für das Gebiet der DDR die Befugnis des Vermieters zur nicht einvernehmlichen Beendigung eines bestehenden Wohnraummietvertrags durch die spezielle gesetzliche Vorschrift des Art. 232 § 2 EGBGB und die darin angeordnete Geltung der Mietrechtsvorschriften des BGB modifiziert und damit abschließend durch Schutzvorschriften geregelt, die auf einer umfassenden Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter beruhen. Mit dieser Regelungssystematik sowie mit dem sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenen Sinn und Zweck dieser Übergangsbestimmung wäre es nicht vereinbar, wenn gleich- oder sogar vorrangig zu diesen eine aus der Zeit vor dem Beitritt stammende, in einem DDR-Altmietvertrag enthaltene Regelung der Parteien zur Vertragsbeendigung maßgeblich wäre, welche im Grunde auf die frühere Rechtslage abstellt.

Da noch zu klären war, ob der Vermieter einen berechtigten Eigenbedarf geltend gemacht hat, wurde die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

[Quelle: BGH]

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