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EuGH bestätigt Altersgrenze für deutsche Notare

Dem Bundesverfassungsgericht liegt derzeit die Verfassungsbeschwerde eines nordrhein-westfälischen Notars vor, der die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Altersgrenze von 70 Jahren (§ 48a BNotO) für die Ausübung des Notaramts anzweifelt (vgl. dazu näher ZAP 2024, 846). Zu einer ganz ähnlichen Frage hatte soeben der Europäische Gerichtshof zu entscheiden: Vom OLG Köln war den Europarichtern die Frage vorgelegt worden, ob es gegen höherrangiges EU-Recht verstößt, dass es in Deutschland für Bewerber auf eine Notarstelle eine Altersgrenze von 60 Jahren gibt (§ 5 Abs. 4 BNotO).

Geklagt hatte hier eine Rechtsanwältin, die sich in’ihrem Amtsgerichtsbezirk auf eine Stelle als Anwaltsnotarin beworben hatte. Ihre Bewerbung wurde allerdings abgelehnt, weil sie bei Ablauf der’Bewerbungsfrist bereits älter als 60’Jahre war.’Gegen diese ablehnende Entscheidung erhob’die Anwältin Klage beim OLG Köln; dieses war sich nicht sicher, ob die einschlägige deutsche Berufsrechtsnorm – auch angesichts des demografischen Wandels und des damit einhergehenden Bewerbermangels in manchen Notarbezirken – eventuell gegen höherrangiges EU-Recht, insb. die Gleichbehandlungsrichtlinie aus dem Jahr 2000 (ABl 2000, L 303, S. 16) und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 21 – Verbot der Altersdiskriminierung) verstößt.

In seiner Entscheidung bestätigte der EuGH zwar, dass der Anwendungsbereich der genannten EU-Vorgaben hier berührt ist; insb., so führen die Richter aus, liege hier eine Ungleichbehandlung wegen des Alters vor. Diese sei aber angemessen und durch legitime Interessen gerechtfertigt und damit keine unzulässige Diskriminierung i.S.d. EU-Vorschriften (EuGH, Urt. v. 17.10.2024 – C-408/23). Die deutsche Altersgrenze von 60 Jahren für die erstmalige Bestellung zum Anwaltsnotar bezwecke die Garantie einer kontinuierlichen Ausübung des Notarberufs während eines längeren Zeitraums vor dem Eintritt in den Ruhestand, um eine effektive und unabhängige Rechtspflege zu gewährleisten, führten die Richter aus. Zudem verfolge sie das Ziel der Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen Notariats durch Juristinnen und Juristen, die sich nicht erst in ihren letzten Berufsjahren in einen von ihnen zuvor noch nie ausgeübten Beruf einarbeiten sollten. Drittens bezwecke sie auch die Wahrung einer geordneten Altersstruktur mit dem Ziel, den Generationenwechsel im Notarberuf zu erleichtern; letzteres stelle auch ein legitimes Ziel der nationalen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik dar. Die Richter wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sie unlängst zu einem aus Italien vorgelegten Fall sogar eine Altersgrenze von 50 Jahren für die Zulassung zum Auswahlverfahren für den Zugang zum Notarberuf für angemessen erachtet hatten (Urt. v. 3.6.2021 – C-914/19).

Gegenüber dem demografischen Argument, also dem Hinweis darauf, dass es in einigen Amtsgerichtsbezirken bereits einen Bewerbermangel auf ausgeschriebene Notarstellen gibt, war der EuGH ähnlich zurückhaltend wie bereits die BRAK und der DAV in ihren Stellungnahmen zu dem vor dem BVerfG laufenden Verfahren (a.a.O.). Hier wiesen die Luxemburger Richter darauf hin, dass es zwar bei den Anwaltsnotaren in Deutschland einen teilweisen Stellenüberschuss gibt, nicht jedoch bei den Nurnotaren, wo die Nachfrage „deutlich höher“ sei als die Zahl der ausgeschriebenen Stellen. Die genaue Überprüfung, ob der geltend gemachte Bewerbermangel tatsächlich auf demografische Gründe zurückzuführen ist, gaben die Richter dem vorlegenden deutschen Gericht als Aufgabe zurück; dieser Aspekt könne sich auf die Erforderlichkeit der Altersgrenze auswirken, vorausgesetzt, dass es einen „zwingenden Grund“ gebe, auch wirklich alle Notarstellen zu besetzen.

[Quelle: EuGH]

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