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Bundesrat billigt zahlreiche Gesetzesvorhaben

In seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause hatte der Bundesrat am 27. September eine umfangreiche Tagesordnung. Insgesamt 89 Punkte hatte die Länderkammer abzuarbeiten, darunter viele Gesetzesvorlagen aus dem Bundestag, aber auch eigene Regelungsvorschläge; darüber hinaus waren zahlreiche Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben der Bundesregierung abzugeben.

Grünes Licht bekamen von der Ländervertretung u.a. die geplanten Änderungen am Schwangerschaftskonfliktgesetz und das Vorhaben zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen sowie zu den Erleichterungen bei Balkonkraftwerken. Mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz sollen Schwangere vor Beratungsstellen und Kliniken oder Arztpraxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, künftig besser vor Belästigungen durch Abtreibungsgegner und -gegnerinnen geschützt werden. Hier ist es in der Vergangenheit öfter zu’Protestaktionen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern gekommen. Diese hatten die betroffenen Frauen gezielt belästigt und’auch mit verstörenden Bildern und Schriften konfrontiert und so unter erheblichen psychischen Druck gesetzt und zum Teil nachhaltig verunsichert. Auch Mitarbeitende in den Beratungsstellen wurden durch diese sog. Gehsteigbelästigungen daran gehindert, ihrer Arbeit nachzugehen. Mit der Gesetzesänderung soll jetzt sichergestellt werden, dass Schwangere ungehinderten Zugang zu den Beratungsstellen und Einrichtungen erhalten, indem es untersagt wird, in einem Eingangsbereich von 100 Metern Schwangeren das Betreten einer Beratungsstelle oder einer entsprechenden Einrichtung absichtlich zu erschweren oder ihnen gegen ihren Willen die eigene Meinung zu Schwangerschaftsabbrüchen aufzudrängen. Verstöße gegen dieses Verbot werden künftig mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 € bestraft.

Gebilligt hat der Bundesrat auch Änderungen am Wohneigentums- und am Mietrecht. Eigentümerversammlungen können derzeit nur als Videokonferenz stattfinden, wenn sich alle Eigentümer und Eigentümerinnen darauf verständigt haben; andernfalls finden sie in Präsenz oder in hybrider Form statt. Die Gesetzesänderung sieht vor, dass sie zukünftig auch rein online durchgeführt werden können, wenn dies in der Wohnungseigentümergemeinschaft mit drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschlossen wurde. Diese virtuellen Eigentümerversammlungen können allerdings zunächst nur für einen Zeitraum von drei Jahren beschlossen werden; wird ein solcher Beschluss vor dem Jahr 2028 gefasst, müssen Wohnungseigentümer bis einschließlich des Jahres 2028 mindestens einmal im Jahr noch eine Präsenzversammlung durchführen, es sei denn, sie verzichten einstimmig darauf.

Mieter und Wohneigentümer bekommen zudem einen Anspruch auf Duldung eines sog. Balkonkraftwerks gegenüber dem Vermieter bzw. der Wohneigentumsgemeinschaft. Diese dürfen den Bewohnern ihrer Immobilie nicht mehr ohne triftigen Grund die Installation einer solchen Steckersolaranlage verweigern. Das jetzt vom Bundesrat gebilligte Gesetz will dies sicherstellen, indem es diese Kleinsolaranlagen in die Liste der sog. privilegierten Vorhaben aufnimmt (vgl. Caspers ZAP 2024, 971, 982 in diesem Heft).

Zu dem Vorhaben der Bundesregierung zum verbesserten Schutz von Einsatzkräften und Mandatsträgern (vgl. dazu auch ZAP 2024, 698) hat der Bundesrat sich in seiner Stellungnahme im Wesentlichen zustimmend geäußert; er regt jedoch mehrere Änderungen an. Um Einsatzkräfte, Mandatsträger wie Mitglieder in Gemeindevertretungen und auch ehrenamtlich Tätige besser zu schützen, plant die Bundesregierung Änderungen im Strafrecht; so soll u.a. bei der Strafzumessung klargestellt werden, dass auch die bloße Eignung der Tat, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, strafschärfend berücksichtigt werden kann. Bei den Tatbeständen Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte soll künftig ein besonders schwerer Fall regelmäßig dann vorliegen, wenn die Tat in Form eines hinterlistigen Überfalls begangen wird. Der Bundesrat schlägt vor, noch weitere Personen in den Kreis der Geschützten aufzunehmen, etwa die Berliner Bezirksverordnetenvertreter; dort haben Bezirke nicht den Rechtsstatus einer Gemeinde. Zudem wünscht sich die Länderkammer die Aufnahme eines neuen Straftatbestandes des „politischen Stalkings“, um Entscheidungsträger insb. auf kommunaler Ebene vor einer Einflussnahme durch bedrohliche Übergriffe in ihr Privatleben besser zu schützen.

Eingebracht hat der Bundesrat auch eine Reihe eigener Gesetzesvorschläge, die jetzt der Bundesregierung und dem Bundestag zugeleitet werden. Sie betreffen schwerpunktmäßig die Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung sowie die Begrenzung der Migration. Für eine bessere Kriminalitätsbekämpfung wünscht sich die Länderkammer – abweichend von dem vom Bundesjustizministerium favorisierten „Quick-Freeze-Verfahren“ – eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen, die jedoch auf einen Monat begrenzt sein soll; die Länder gehen davon aus, dass mit dieser Limitierung eine EU-konforme Regelung erreicht werden kann. Mit Blick auf den Terrorakt von Solingen schlägt der Bundesrat zudem vor, den Straftatbestand der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ zu erweitern; hier sollen künftig Vorbereitungshandlungen, die sich auf leicht verfügbare Tatmittel wie etwa Messer des täglichen Gebrauchs oder Fahrzeuge beziehen, unter Strafe gestellt werden. Vorbereitungshandlungen, wie z.B. das Unterweisen von zu Terrortaten bereiten Personen im Umgang mit Messern oder das Verschaffen von Messern oder Fahrzeugen für Attentate, sollen ebenfalls erfasst werden können. Im Migrationsrecht fordern die Länder vom Bund einen ganzen Maßnahmenkatalog: So sollen etwa weitere Rücknahmeabkommen geschlossen, die sog. Dublin-Überstellungen beschleunigt, der Ausreisegewahrsam verschärft und die Ausweisungsschwelle bei Straftaten abgesenkt werden.

[Quelle: Bundesrat]

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