Im Sommer hatte Bundesjustizminister Buschmann den Entwurf eines neuen Gebäudetyp-E-Gesetzes vorgestellt, mit dem das Bauen in Zukunft kostengünstiger und schneller werden soll. Kernpunkte des Gesetzes sind Änderungen im Bauvertragsrecht, denen zufolge die Bauvertragsparteien künftig von den „anerkannten Regeln der Technik“ abweichen können (vgl. dazu näher ZAP 2024, 794 f.).
Zu diesem Gesetzentwurf haben der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer nun ihre offiziellen Stellungnahmen abgegeben. Beide Organisationen begrüßen zwar die Zielsetzung des Vorhabens, halten die vorgeschlagenen Regelungen im Bauvertragsrecht aber nur für „bedingt geeignet“, die erstrebten Ziele zu erreichen. So sieht es der DAV als verfehlt an, das Ziel einer Bauvereinfachung über das Vertragsrecht erreichen zu wollen; angesetzt werden müsse vielmehr bei den technischen Regularien bzw. bei den Normen des öffentlichen Baurechts. Die BRAK sieht die Gefahr, dass neue rechtliche Bewertungsprobleme geschaffen werden, welche zur Verunsicherung bei den Baubeteiligten und am Immobilienmarkt beitragen; die geplanten Änderungen würden dazu führen, dass Gebäude mit unterschiedlichen Standards und unterschiedlicher Wertigkeit errichtet würden, was zu Folgeproblemen führe.
Als einen „zentralen Mangel“ des Entwurfs sieht der Deutsche Anwaltverein den Umstand, dass die Einhaltung einer Vielzahl von bautechnischen Normungen, auch soweit sie (lediglich) Ausstattungs- und Komfortmerkmale betreffen, letztlich gesetzlich vorgegeben seien. Dies betreffe etwa zahlreiche Normen des Bauplanungs- und Ordnungsrechts, die die Einhaltung von „anerkanntenRegeln der Technik“ vorgäben als auch viele Vorschriften zur Energieeffizienz und zum Klimaschutz, etwa die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Es sei fraglich, ob diese einfach vertraglich abbedungen werden könnten. Zudem kritisierte der DAV einzelne Regelungen als „wenig praxistauglich“. So werde etwa der neue Rechtsbegriff des „fachkundigen Unternehmens“ in das Bauvertragsrecht eingeführt. Der Begriff sei sehr unscharf; deshalb müsse befürchtet werden, dass die Unterscheidung von fachkundigen Unternehmen einerseits und sonstigen Unternehmen andererseits in Zukunft „Bände füllen“ und einen „neuen gerichtsträchtigen Streitpunkt“ begründen werde.
Unklarheiten bemängelt auch die Bundesrechtsanwaltskammer. So definiere der Gesetzesentwurf etwa nicht, was sicherheitstechnische Festlegungen seien und sehe auch keine Zuordnung vor, welche bautechnischen Normen sicherheitstechnische Festlegungen enthielten und welche lediglich Ausstattungs- und Komfortmerkmale aufwiesen. Damit werde Raum für gegensätzliche Bewertungen durch die Beteiligten geschaffen und das Risiko erhöht, dass Streitigkeiten über die Kategorisierung der Festlegungen zu Rechtsunsicherheit und zu einer vermehrten Inanspruchnahme der Prozessgerichte führten. Ein Problem sieht die BRAK auch darin, dass mit dem Gebäudetyp E künftig Häuser mit unterschiedlichen Standards und unterschiedlicher Wertigkeit errichtet werden und auf den Immobilienmarkt gelangen, wo sie durch Dritte genutzt und gehandelt würden. Dies mache aber eine Anpassung der kaufvertraglichen und mietrechtlichen Regularien notwendig, ansonsten seien „Folgestreitigkeiten unausweichlich“.
Beide Anwaltsorganisationen kritisieren zudem, dass die technischen Normierungen, auf die sich das neue Bauvertragsrecht bezieht, vielfach nicht durchgängig allgemein zugänglich seien, zumindest nicht ohne Inkaufnahme zusätzlicher Kosten; nicht einmal die DIN-Normen seien allgemein zugänglich. Eine entsprechende vertragsrechtliche Regelung erscheine aber nur vertretbar, wenn gleichzeitig die jederzeitige Zugänglichkeit zu entsprechenden bautechnischen Normen durch den Gesetzgeber sichergestellt werde.
[Quellen: BRAK/DAV]