Die Bundesregierung hat sich Anfang September auf ein Maßnahmenpaket verständigt, um die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern. Der jüngste, mutmaßlich islamistisch motivierte Anschlag in Solingen habe gezeigt, dass der islamistische Terror eine der größten Gefahren für Deutschland darstelle, verlautete aus Berlin. Deshalb sollen jetzt Abschiebungen erleichtert, die Behörden im Kampf gegen gewaltbereiten Islamismus gestärkt und das Waffenrecht weiter verschärft werden. Ein entsprechendes aus drei Maßnahmenbündeln bestehendes Vorhaben war zuvor vom Bundesinnenministerium ausgearbeitet worden. Es sieht folgende Einzelmaßnahmen vor:
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Bekämpfung von irregulärer Migration
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll biometrische Daten nutzen dürfen, um die Identität von Schutzsuchenden festzustellen.
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Schutzsuchende, für die laut Dublin-Regelung ein anderer europäischer Staat zuständig ist, sollen künftig keine Sozialleistungen mehr erhalten, wenn der zuständige Mitgliedstaat der Rückübernahme zugestimmt hat.
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Eine „Dublin-Taskforce“ von Bund und Ländern soll dafür Sorge tragen, dass mehr Schutzsuchende, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, dorthin zurücküberstellt werden können.
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Bei Reisen ins Herkunftsland, die nicht unbedingt notwendig sind, soll die Aberkennung des Schutzstatus erfolgen. Geflüchtete aus der Ukraine sind hiervon allerdings ausgenommen.
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Bekämpfung von Islamismus
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Der biometrische Abgleich zur Gesichtserkennung wird ermöglicht, um die Identifizierung von Tatverdächtigen zu erleichtern.
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Um Terrorismusfinanzierung besser zu bekämpfen und Geldströme zu kontrollieren, erhält der Verfassungsschutz weitere Befugnisse.
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In der jüngeren Vergangenheit wurden bereits mehrere Verbote gegen islamistische Vereinigungen verhängt; jetzt sollen weitere Vereinsverbote folgen.
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Um zu verhindern, dass Extremisten in den Besitz von Waffen kommen, sollen künftig weitere Behörden – wie Bundespolizei, Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt – abgefragt werden, wenn es um Erteilung oder Entzug einer waffenrechtlichen Erlaubnis geht.
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Es soll eine Taskforce zur Islamismusprävention aus Wissenschaft und Praxis eingesetzt werden.
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Die Bundesregierung will zudem auf EU-Ebene einfordern, islamistische Propaganda im Internet länderübergreifend besser zu bekämpfen.
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Verschärfung im Waffenrecht
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Die Bundesregierung will ein absolutes Messerverbot bei Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten und anderen öffentlichen Veranstaltungen einführen. Ein Messerverbot gilt künftig auch in Bussen und Bahnen.
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Die Bundesländer werden ermächtigt, Messerverbote an Bahnhöfen zu verhängen.
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Zudem wird der Umgang mit gefährlichen Springmessern verboten.
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Bei Vorstellung des Maßnahmenpakets erläuterte Bundesinnenministerin Nancy Faeser, dass dies „weitreichende Maßnahmen“ seien, bei deren Umsetzung allerdings alle staatlichen Ebenen gefordert seien. Bundesjustizminister Buschmann pflichtete ihr bei, dass die geplanten Regelungen „ein sehr effektives, sehr substanzielles und auch in der Sache sehr nützliches Paket“ seien, um die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern. Zudem werde es im Bereich der Migrationspolitik „eine noch verschärftere Realpolitik“ ermöglichen.
Protest und die Ankündigung von Widerstand kamen hingegen bereits von zahlreichen Bürgerrechtsbewegungen und Datenschützern; auch aus der Anwaltschaft wurde heftige Kritik laut. Der Umstand, dass staatliche Organe künftig „all unsere Fotos oder Tonaufnahmen im Netz“ mittels Technologie für Stimm- und Gesichtserkennung durchsuchen dürfen sollen, ob es nun Fotos von Kindergeburtstagen, Urlaubs-Schnappschüsse oder selbst aufgenommene Lieder seien, verletze die „Privatsphäre der gesamten Bevölkerung“, monierte etwa ein Vertreter von Amnesty International Deutschland. Der für sein Engagement im Datenschutz bekannte Chaos Computer Club kündigte an, für die Bürger Anleitungen verfassen zu wollen, die die geplanten Überwachungsmaßnahmen konterkarieren sollen. Der Deutsche Anwaltverein nahm den geplanten Leistungsausschluss für bestimmte Asylsuchende in den Fokus. Dies sei nichts anderes als „staatlich angeordnete Verelendung“, wertete Rechtsanwältin Eva Steffen, Mitglied im DAV-Ausschuss für Migrationsrecht. Hier gehe es um existenzsichernde Leistungen; den Flüchtlingen in einem wochenlangen Zeitraum bis zu einer Rückführung nur noch „Bett, Brot und Seife“ zu gewähren, sei verfassungswidrig. Diese „menschenverachtende Haltung“ dürfe nicht zum Gesetz werden, forderte sie.
[Red.]