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Anwaltsmagazin

Forderung nach Konsequenzen aus den Landtagswahlen

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Anfang September haben mehrere Juristenverbände Vorwürfe gegenüber der Politik erhoben. Angesichts des Abschneidens rechtsextremer Kräfte sei es versäumt worden, den Rechtsstaat rechtzeitig resilient gegenüber etwaigen Einflussnahmeversuchen radikaler Parteien auszugestalten, kritisierten insb. der Deutsche Richterbund und der Deutsche Anwaltverein.

Die Verbände verwiesen vor allem auf die Wahlergebnisse in Thüringen, wo die AfD, die vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft wird, mehr als ein Drittel der Sitze im Landesparlament errungen hat. Mit dieser Sperrminorität könnte die Partei jetzt zahlreiche demokratische Abläufe blockieren. So können in dem Land Verfassungsrichter sowie der Präsident des Landesrechnungshofs nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Landtages gewählt werden. Das Gleiche gilt für die Berufung von Mitgliedern des Richterwahlausschusses. Dies sei „für die Rechtspflege verheerend“, erklärte die Hauptgeschäftsführerin des DAV, Sylvia Ruge. In den nächsten Jahren stünde dem Freistaat eine Pensionierungswelle bevor; dann könnte eine Blockade des Richterwahlausschusses „die Rechtsprechung lahmlegen“, befürchtet Ruge. Beklagt wurde von den Verbandsjuristen zudem, dass in dem Land auch Verfassungsänderungen künftig von einer Zustimmung der AfD abhängen. In Sachsen hat die Partei eine solche Sperrminorität nur knapp verfehlt.

Mit der Sperrminorität der AfD in Thüringen sei ein „erster Dominostein“ bereits gekippt, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richtervereins, Sven Rebehn. Genau davor habe man schon länger gewarnt, betonte auch der DAV. Mit den jüngsten Wahlergebnissen sei der Zeitpunkt aber verpasst worden, die Justiz und Verfassungsgerichtsbarkeit resilienter zu machen. Dass trotz der zahlreichen Mahnungen von Verfassungsrechtlern und Verbänden keine Maßnahmen zur Stärkung der rechtsstaatlichen Resilienz getroffen worden seien, sei geradezu fahrlässig gewesen. Andere Bundesländer dürften diesen Fehler nicht wiederholen, forderten Richterbund und DAV. So plädiert der Deutsche Richterbund dafür, künftig alle Richterwahlausschüsse über eine Reform so zu besetzen, dass Parteienvertreter keine dominierende Rolle mehr spielen. Auch Rechtsanwältin Ruge vom DAV mahnte: „Es ist an der Zeit, zu handeln – bevor es zu spät ist“. Dass dies auch über Parteigrenzen hinweg möglich sei, belegten die zuletzt auf Bundesebene erarbeiteten Vorschläge zur Absicherung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. dazu auch ZAP 2024, 749).

In diesem Zusammenhang wiederholte der Deutsche Richterbund auch seine schon länger erhobene Forderung, das ministerielle Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft zu streichen oder zumindest auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle zu beschränken (vgl. zu dem Thema zuletzt ZAP 2024, 607). Dieses sei „aus der Zeit gefallen“. Allein der böse Anschein, dass eine Regierung Strafverfahren politisch steuern könnte, sei Gift für das Vertrauen der Menschen in eine objektive Strafjustiz, so Sven Rebehn. Und in den falschen Händen wäre dieses Weisungsrecht fatal.

[Red.]

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