Viele Menschen tragen hierzulande als Amts- oder Mandatsträger oder auch als ehrenamtlich Tätige in vielfältiger Weise zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei. Trotz ihres unverzichtbaren Beitrags zum gesellschaftlichen Leben werden sie immer häufiger zum Ziel von Angriffen sowohl physischer als auch psychischer Natur. Dies hat sich auch jüngst wieder im Vorfeld der diesjährigen Europawahl gezeigt, wo mehrere Menschen, etwa beim Aufhängen von Wahlplakaten oder an Wahlkampfständen, Opfer von gewalttätigen Angriffen wurden.
Neben den individuellen Folgen für die Opfer tragen solche Übergriffe dazu bei, dass sich ausgerechnet diese für das Gemeinwesen besonders engagierten Personen von ihrem Einsatz für das Gemeinwohl zurückziehen oder dass Personen schon von vornherein von einem solchen Engagement abgeschreckt werden. Deshalb werden nach entsprechenden Übergriffen immer wieder Forderungen nach einem besseren Schutz von Berufsträgern oder Ehrenamtlern laut, hauptsächlich in Form von höheren Strafen. Erst kürzlich gab es hierzu wieder eine Bundesratsinitiative der Länder Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, wonach ein neuer § 106a ins Strafgesetzbuch eingefügt werden soll, der in Anlehnung an den Stalking-Paragrafen Übergriffe in die Privatsphäre von Mandatsträgern schärfer ahnden soll.
Das Bundesjustizministerium sieht die Schaffung immer neuer Strafvorschriften hingegen kritisch. Dort ist man davon überzeugt, dass es bereits genügend Strafnormen gibt, die den Schutz des betreffenden Personenkreises sicherstellen können. Der „Eindruck einer Strafbarkeitslücke“ sei falsch, hieß es kürzlich aus dem BMJ. Es komme vielmehr auf eine konsequente Verfolgung und Ahndung dieser Taten an. Dort möchte das Ministerium jetzt ansetzen und hat im Juni einen Referentenentwurf vorgelegt, der sich auf die Strafzumessung konzentriert. Ergänzt werden soll vor allem in zwei Paragrafen:
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Zum Schutz von ehrenamtlich tätigen Personen sowie Amts- und Mandatsträgern soll in § 46 Abs. 2 S. 2 StGB (Grundsätze der Strafzumessung) eine Ergänzung vorgenommen werden, wonach bei der Strafzumessung künftig auch zu berücksichtigen sein soll, ob die Auswirkungen der Tat geeignet sind, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.
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§ 113 Abs. 2 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) soll zum Schutz von u.a. Polizisten, Hilfeleistenden der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes, eines ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme erweitert werden, indem künftig auch die Tatbegehung mittels eines „hinterlistigen Überfalls“ i.d.R. einen besonders schweren Fall darstellen soll, der mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden kann.
Mit diesen Verschärfungen im StGB wolle man ein „klares rechtspolitisches Signal“ gegenüber den potenziellen Tätern senden, hieß es hierzu aus dem Ministerium. Zugleich wolle man den Respekt und die Wertschätzung unterstreichen, welche insb. die Vollstreckungsbeamten, Hilfeleistenden und allen, die sich für das Gemeinwohl einsetzten, verdienten.
[Quelle: BMJ]