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Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften soll reglementiert werden

Das Weisungsrecht der Justizministerien gegenüber den Staatsanwaltschaften soll neu bestimmt werden. Dazu hat das Bundesjustizministerium kürzlich den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Erhöhung der Transparenz von Weisungen gegenüber der Staatsanwaltschaft“ vorgelegt. Hintergrund ist nicht etwa der aktuelle Abgang der Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, den einige Beobachter nicht zuletzt auf Einflussnahmen seitens der Politik auf ihre Ermittlungsarbeit im Cum-Ex-Skandal zurückführen (vgl. dazu auch ZAP 2024, 464). Vielmehr war das Vorhaben bereits im Koalitionsvertrag der Ampelparteien angekündigt worden (s. ZAP 2021, 1230).

Demnach ist der eigentliche Anlass der Neuregelung eine Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2019. Darin hatten sich die Luxemburger Richter irritiert über die unklare Situation in Deutschland hinsichtlich des Weisungsrechts der Justizverwaltungen gegenüber den Staatsanwaltschaften gezeigt und letzteren deshalb im Ergebnis die nötige Unabhängigkeit zur Ausstellung von Europäischen Haftbefehlen abgesprochen (vgl. dazu auch ZAP 2019, 590). Die vom EuGH bemängelten Unklarheiten will der nun vorgelegte Entwurf beseitigen, dabei das Weisungsrecht aber nicht gänzlich abschaffen. Vorgesehen ist eine Änderung von § 146 GVG, dem zwei neue Absätze angefügt werden. Diese regeln, unter welchen Voraussetzungen Weisungen zulässig sind und welche Erfordernisse zur Erhöhung der Transparenz eingehalten werden sollen.

Die Grenzen des Weisungsrechts werden dabei wie folgt umschrieben: Eine Weisung zur Sachleitung, d.h. hinsichtlich der eigentlichen Ermittlungshandlungen, ist nur zulässig:

  • um rechtswidrige Entscheidungen zu verhindern,

  • soweit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ein Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum besteht,

  • wenn die Staatsanwaltschaft bei einer Frage Ermessen hat.

Diese Regelungen beziehen sich sowohl auf das externe (ministerielle) Weisungsrecht als auch auf das interne Weisungsrecht innerhalb der Staatsanwaltschaft, d.h. von der Generalstaatsanwaltschaft zur Staatsanwaltschaft. Zur Schaffung der nötigen Transparenz bei Weisungen soll gelten:

  • Die Weisungen sollen zur Dokumentation in Textform erteilt und begründet werden. Die Textform ist gewahrt, wenn die Weisungen per E-Mail erfolgen.

  • Eine Ausnahmevorschrift erlaubt eine Bestätigung und Begründung der Weisung spätestens am folgenden Tag, wenn die Weisung aus besonderen Gründen nur mündlich oder ohne Begründung erteilt werden konnte.

  • Das Textform- und das Begründungserfordernis sollen die Nachvollziehbarkeit von Weisungen erleichtern und die anweisende Person vor übereilten Weisungen schützen.

Der Deutsche Anwaltverein hat das Vorhaben bereits begrüßt. Die Staatsanwaltschaft sei Teil der Exekutive; deswegen sei es richtig, dass das Weisungsrecht erhalten bleibe, erläuterte der DAV in einer Pressemitteilung. Positiv sieht der Verein, dass der Gesetzentwurf das Weisungsrecht transparenter gestalten will. Weisungen an die Staatsanwaltschaft müssten schriftlich festgehalten und begründet werden, so der DAV; das ermögliche nicht nur Einwände durch die Betroffenen, sondern auch die parlamentarische Kontrolle.

Nicht zufrieden mit dem Entwurf dürften hingegen die Berufsvereinigungen der Richter und Staatsanwälte sein, etwa der Deutsche Richterbund und die Neue Richtervereinigung; sie hatten bereits im Vorfeld – auch mit Blick auf die Vorkommnisse rund um die Cum-Ex-Ermittlungen – für eine strikte Abschaffung des ministeriellen Weisungsrechts plädiert.

[Quellen: BMJ/DAV]

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