Mitte Juni hat das Bundesjustizministerium ein Eckpunktepapier für eine weitere Novelle zur Verwaltungsgerichtsordnung vorgelegt. Im Blick hat das Ministerium dabei vor allem eine Beschleunigung der Asylprozesse und kommt damit einer schon länger erhobenen Forderung der Justizministerkonferenz nach (s. dazu auch oben S. 602).
Ziel der Novelle der VwGO ist es, verwaltungsgerichtliche Verfahren effektiver auszugestalten und zwar vor allem dadurch, dass personelle Ressourcen an den Gerichten flexibler als bisher eingesetzt werden. Die hohe Anzahl der bei den Verwaltungsgerichten anhängigen Fälle in Asylangelegenheiten hat zuletzt zu einer Dauer der Klageverfahren von durchschnittlich zwei Jahren geführt; die geplanten Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass asylgerichtliche Verfahren zukünftig regelmäßig in drei bis sechs Monaten abgeschlossen sind, heißt es in der Verlautbarung des BMJ. Unter anderem sind folgende Maßnahmen geplant:
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Einsatz von Proberichtern
Proberichter sollen zukünftig unmittelbar als Einzelrichter eingesetzt werden können. Die bisherige Sperrfrist von einem Jahr für Verwaltungsprozesse im Allgemeinen und von sechs Monaten für Asylprozesse soll entfallen.
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Originärer Einzelrichter in Hauptsacheverfahren
Im Asylhauptsacheverfahren soll kraft Gesetzes grds. der Einzelrichter entscheiden. Damit wird der bisherigen Praxis entsprochen, nach der die Verfahren fast ausnahmslos auf den fakultativen Einzelrichter übertragen werden; allerdings soll der bürokratische Akt der Einzelrichterübertragung künftig entfallen. In Fällen, die besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen, oder bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wird eine Verpflichtung zur Übertragung auf die Kammer normiert.
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Fakultativer Einzelrichter
An den OVG und Verwaltungsgerichtshöfen soll der fakultative Einsatz von Einzelrichtern sehr viel weitgehender als bislang erlaubt werden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und keine grundsätzliche Bedeutung hat.
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Anordnung der Gerichtskostenvorauszahlung
Bei offensichtlich aussichtslosen und rechtsmissbräuchlichen Klagen oder Anträgen soll es in das Ermessen des Vorsitzenden gestellt werden, anzuordnen, dass die Klage oder der Antrag erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt wird.
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Änderungen im Rechtsmittelrecht
Ein weiterer Schwerpunkt der Novelle sind Änderungen im Rechtsmittelrecht. So sollen Berufung und Revision in Verwaltungsprozessen künftig auch bei „offensichtlich vorliegendem Zulassungsgrund“ zugelassen werden. In der Praxis scheitern derzeit viele Zulassungsanträge an dem von den Gerichten eher strenggehandhabten Darlegungserfordernis. Das Rechtsmittelgericht soll deshalb im Einzelfall die Möglichkeit erhalten, das Rechtsmittel zuzulassen, wenn der Zulassungsgrund „offensichtlich“ vorliegt, auch wenn er nicht (genügend) dargelegt worden ist.
Zudem soll der Rechtsmittelzulassungsgrund der Divergenz weiter gefasst werden. Bislang ist der Zulassungsgrund der Divergenz bei der Berufung und der Revision in der VwGO sehr eng formuliert; dies führt dazu, dass er äußerst selten zum Tragen kommt. Die Formulierung soll deshalb an die weiter gefassten Regelungen in der ZPO und FGO angeglichen werden.