Das Bundesjustizministerium hat Anfang Februar einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts vorgelegt. Mit der Reform soll Deutschlands Attraktivität als Standort für Streitbeilegungen weiter gestärkt werden. Das Schiedsverfahrensrecht wurde zuletzt vor 25Jahren umfassend reformiert. Es hat sich nach Einschätzung von Expertinnen und Experten bewährt. Durch die nun geplanten Änderungen soll vor allem der voranschreitenden Digitalisierung und verschiedenen Entwicklungen in der Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Rechnung getragen werden.
Geregelt ist das deutsche Schiedsverfahrensrecht in der Zivilprozessordnung. Es gelangt zur Anwendung, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland liegt (§ 1025 Abs. 1 ZPO) und darüber hinaus auch in einigen anderen Fällen (§ 1025 Abs. 2 ZPO). Das Schiedsverfahrensrecht trifft Regelungen zu Schiedsvereinbarungen, zur Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens und zu den Voraussetzungen der Vollstreckung von Schiedssprüchen.
Der nun vorgelegte Gesetzentwurf sieht u.a. folgende Änderungen vor:
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Formfreiheit im kaufmännischen Verkehr
Schiedsvereinbarungen im kaufmännischen Verkehr sollen künftig wieder formlos abgeschlossen werden können, d.h. auf jedem denkbaren Weg. Seit 1998 müssen Schiedsvereinbarungen selbst dann bestimmten Formanforderungen genügen, wenn ihr Abschluss für alle Parteien ein Handelsgeschäft darstellt (§ 1031 ZPO). Auch nach altem Schiedsverfahrensrecht, das bis 1998 galt, konnten Schiedsvereinbarungen bereits formfrei geschlossen werden.
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Veröffentlichung von Schiedssprüchen
Es soll klargestellt werden, dass Schiedsrichter ihre Schiedssprüche veröffentlichen können, wenn die Parteien mit der Veröffentlichung einverstanden sind. Die Zustimmung der Parteien soll dabei auch dann als erteilt gelten, wenn sie der Veröffentlichung nicht widersprechen. Auf diese Weise soll die Entscheidungstransparenz in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit gestärkt und die Fortentwicklung des Rechts gefördert werden.
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Videoverhandlungen und elektronische Schiedssprüche
Es soll klargestellt werden, dass mündliche Verhandlungen vor Schiedsgerichten per Bild- und Tonübertragung („Videoverhandlung“) durchgeführt werden können. Insoweit ergänzt das Vorhaben das vom Bundesministerium der Justiz erarbeitete Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten. Zudem sollen Schiedsgerichte Schiedssprüche künftig auch elektronisch erlassen können. Dazu sollen sie von den Schiedsrichtern mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Auf diese Weise soll die Rechtslage für Schiedssprüche an diejenige für Entscheidungen staatlicher Gerichte angeglichen werden.
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Verfahren vor staatlichen Gerichten
Für Verfahren vor staatlichen Gerichten, die in Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren stehen, sind ebenfalls Änderungen vorgesehen. Das betrifft insbesondere Verfahren, mit denen der Schiedsspruch durch staatliche Gerichte aufgehoben oder für vollstreckbar erklärt wird. So soll für die Parteien die Möglichkeit geschaffen werden, in diesen Verfahren Schriftstücke in englischer Sprache vorzulegen. Staatliche Gerichtsverfahren sollen auf diese Weise effizienter geführt werden können und den Parteien sollen Kosten für umfangreiche Übersetzungen erspart werden. Außerdem soll für diese Verfahren eine neue Zuständigkeitsregelung zur Anwendung gelangen können. Hat das Bundesland des Gerichtsorts einen sog. Commercial Court eingerichtet und entsprechende Verfahren diesem besonderen Spruchkörper zugewiesen, so soll dieser für das betreffende Verfahren zuständig sein. Bei entsprechendem Einvernehmen der Parteien sollen diese Verfahren vor den Commercial Courts vollständig in englischer Sprache geführt werden können. Englischsprachige Beschlüsse der Commercial Courts sollen zusammen mit einer deutschen Übersetzung veröffentlicht werden.
Der Entwurf ist derzeit an die Länder und Verbände versandt. Diese haben noch bis Mitte März Gelegenheit zur Stellungnahme.
[Quelle: BMJ]