Nach Kritik aus der Praxis hat die Bundesregierung beschlossen, die Mindeststrafhöhe im Straftatbestand der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornografischer Inhalte wieder abzusenken. Einen entsprechenden vom Bundesjustizministerium erarbeiteten Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett am 7. Februar gebilligt.
Der Straftatbestand war erst im Jahr 2021 durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder verschärft worden. Darin wurde u.a. der Tatbestand der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornografischer Inhalte (§ 184b StGB) neu gefasst. Insbesondere wurden § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StGB als Verbrechen ausgestaltet. Der Strafrahmen für die Tatbestandsvarianten des Abs. 1 S. 1 wurde von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren auf ein Jahr bis zu zehn Jahren angehoben. Der Strafrahmen für die Tatbestandsvarianten des Abs. 3 wurde von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auf ein Jahr bis zu fünf Jahren angehoben. Alle Taten nach § 184b Abs. 1 S.1 und Abs. 3 StGB sind damit derzeit Verbrechen (vgl. § 12 StGB). Minder schwere Fälle wurden nicht vorgesehen.
Dies habe in der Praxis zu Problemen geführt, erläuterte Bundesjustizminister Buschmann. Es habe „breite Rückmeldungen“ aus der Praxis gegeben, die aufgezeigt hätten, dass als Folge der Anhebung der Mindeststrafen auf ein Jahr Freiheitsstrafe eine tat- und schuldangemessene Reaktion bei Verfahren, die einen Tatverdacht am unteren Rand der Strafwürdigkeit zum Gegenstand hätten, nicht mehr in jedem Einzelfall gewährleistet sei. Die Verhältnismäßigkeit der Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe sei insbesondere dann fraglich, wenn die beschuldigte Person offensichtlich nicht aus einem eigenen sexuellen Interesse an kinderpornografischen Inhalten gehandelt habe. Dies betreffe etwa Fälle, in denen die beschuldigte Person gehandelt habe, um eine andere Tat nach § 184b StGB, insbesondere eine weitere Verbreitung oder ein öffentliches Zugänglichmachen eines kinderpornografischen Inhalts, zu beenden, zu verhindern oder aufzuklären. Besonders häufig seien solche Fälle bei Eltern, Lehrerinnen oder Lehrern älterer Kinder oder Jugendlicher aufgetreten, die bei ihren Kindern oder Schülern aufgefundenes kinderpornografisches Material an andere Personen schickten, um auf einen Missstand aufmerksam zu machen, Straftaten aufzuklären oder zu verhindern.
Man wolle deshalb jetzt teilweise zur alten Rechtslage zurückkehren, um den Staatsanwaltschaften und Gerichten die Möglichkeit zurückzugeben, flexibel und verhältnismäßig auf jeden Einzelfall angemessen reagieren zu können, erläuterte der Bundesjustizminister. Die Absenkung der Mindestfreiheitsstrafe sei zudem auch deshalb dringend erforderlich, um auf den großen Anteil jugendlicher Täterinnen und Täter wieder angemessen und mit der gebotenen Flexibilität eingehen zu können. Denn auch hier agierten die handelnden Personen i.d.R. nicht, um sich durch den kinderpornografischen Inhalt sexuell zu erregen, sondern aus einem für den jugendlichen Entwicklungsstand typischen Antrieb wie Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben.
Allerdings sollen auch künftig schwere Straftaten nach § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StGB mit der gebotenen Härte sanktioniert sowie effektiv und konsequent verfolgt werden können; daher wird die 2021 in Kraft getretene Erhöhung der Höchststrafen für die Tatbestandsvarianten des § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StGB beibehalten. Für die Fälle des § 184b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 StGB wird die Versuchsstrafbarkeit angeordnet. Damit wird hinsichtlich der Versuchsstrafbarkeit zur Rechtslage vor der Gesetzesänderung 2021 zurückgekehrt.
[Quellen: BMJ/Bundesregierung]