Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat Mitte Oktober eine Beschlussempfehlung an den Bundestag verabschiedet, in der gefordert wird, das Kindeswohl verfassungsrechtlich zu garantieren und Art. 6 Abs. 2 GG mit dem Zusatz „Das Wohl des Kindes steht im Vordergrund“ zu ergänzen. In der Begründung des Petitionsausschusses wird u.a. auf den Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/DieGrünen und FDP für die 20. Legislaturperiode verwiesen, in dem vereinbart worden war, die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern und sich dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu orientieren.
Anlass der Befassung des Ausschusses mit dem Thema waren zwei gegenläufige Eingaben. In einer wurde die explizite Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung befürwortet, in der anderen ausdrücklich abgelehnt. In der befürwortenden Petition hieß es, Kinder sollten nicht nur als Rechtsobjekte angesehen werden, sondern auch als Rechtssubjekte mit eigenen Rechten, die sowohl von Erziehungsberechtigten als auch von Behörden vorrangig zu beachten seien. Zu den Kinderrechten gehören nach Meinung des Petenten der Schutz vor Diskriminierung, Ausbeutung und Gewalt sowie der ungehinderte Zugang zu Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung; auch müssten das Recht auf Erziehung, Bildung und Ausbildung ebenso wie das Recht auf Partizipation in Schule und Gesellschaft beachtet werden.
In der ablehnenden Petition heißt es, es gebe gar keine verfassungsrechtliche Schutzlücke. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in einem Beschluss aus dem Jahr 1968 festgehalten, dass das Kind ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit i.S.d. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG sei. Somit schütze die Verfassung Kinder bereits heute in vorbildlicher Weise. Der Begriff „Kinderrechte“ lasse zudem offen, wie diese Rechte genau definiert werden müssten. Dies berge die Gefahr, dass die Politik künftig eigene Ziele zu einem „Kinderrecht“ erklären könnte. Denkbar seien beispielsweise die Einführung einer „Kindergartenpflicht“ oder gar einer „Krippenpflicht“, gestützt auf ein kindliches Recht auf Bildung. Hingegen sei es vermutlich i.S.d. Verfasser des Grundgesetzes gewesen, zukünftig Generationen vor dem Verlust von Freiheitsrechten zu schützen, so die Petentin dieser Eingabe.
Diesen Bedenken wollte sich die große Mehrheit im Petitionsausschuss allerdings nicht anschließen. Die Abgeordneten verwiesen auf die eingangs genannte Verabredung im Koalitionsvertrag und waren der Auffassung, dass die konkrete Ausgestaltung der verfassungsmäßigen Kinderrechte durch den Gesetzgeber abgewartet werden sollte.
[Quelle: Bundestag]