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Geldwäschevorschriften teilweise europarechtswidrig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Teile der EU-Geldwäscherichtlinie für ungültig erklärt. Gegenstand der Entscheidung war eine Bestimmung, wonach Informationen zu wirtschaftlichen Eigentümern von Gesellschaften in der EU in allen Fällen für die Öffentlichkeit einsehbar sein müssen. Der damit verbundene Eingriff in die durch die der EU-Grundrechte-Charta gewährleisteten Rechte sei mit Blick auf die europarechtlichen Vorgaben weder erforderlich noch angemessenen, entschied das Luxemburger Gericht (EuGH, Urt. v. 22.11.2022 – C-37/20 u. C-601/20).

In dem Fall ging es zwar um einen Rechtsstreit in Luxemburg. Eine dort ansässige Gesellschaft und ihr wirtschaftlicher Eigentümer wehrten sich vor einem Luxemburger Gericht dagegen, dass eine Reihe von Informationen über sie aufgrund der Geldwäschevorschriften einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollten. Die Entscheidung des EuGH, dem die Rechtsfragen zur Klärung vorgelegt wurde, betrifft jedoch die grundlegende europäischen Regelung zur Geldwäsche und ist damit in allen Mitgliedstaaten relevant.

Mit den fraglichen Regelungen der EU-Richtlinie 2015/849 in der aktuellen Fassung aus dem Jahr 2018 (ABl 2018, L 156, S. 43, sog. 5. Geldwäscherichtlinie) hatte der EU-Gesetzgeber beabsichtigt, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weiter zu erschweren, indem mittels erhöhter Transparenz ein Umfeld geschaffen werden sollte, das weniger leicht für kriminelle Zwecke genutzt werden kann. Dazu sollten u.a. Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer von im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingetragenen Gesellschaften in allen Fällen uneingeschränkt auch für die Öffentlichkeit zugänglich werden.

Der EuGH stellte jetzt klar, dass der Gesetzgeber auch mit dieser speziellen Maßnahme durchaus legitime gemeinwohlorientierte Zwecke verfolgt hat, nämlich die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dabei sei er jedoch über das Ziel hinausgeschossen. Die Maßnahme sei ein schwerwiegender Eingriff in die in Art. 7 und 8 der EU-Grundrechtecharta verankerten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten. Sie sei aber weder auf das absolut Erforderliche beschränkt noch stehe sie in einem angemessenen Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung.

Bereits der Umfang der Daten, deren Veröffentlichung die EU-Richtlinie gestatte, sei weder hinreichend bestimmt noch identifizierbar, kritisierten die Luxemburger Richter. Zudem seien die’möglichen Folgen einer etwaigen missbräuchlichen Verwendung der veröffentlichten personenbezogenen Daten zu sehen: diese sensiblen Daten könnten, sobald sie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden seien, nicht nur frei abgerufen, sondern auch auf Vorrat gespeichert und verbreitet werden. Hierbei habe der EU-Gesetzgeber nicht dargelegt, dass diese schweren Eingriffe durch etwaige Vorteile der 5. Geldwäscherichtlinie kompensiert würden, die sich im Vergleich zu den Vorgängerregelungen ergeben hätten.

Aus diesen Gründen erklärte der EuGH die betreffende Vorschrift in der 5. Geldwäscherichtlinie, die den unbeschränkten Zugang der Öffentlichkeit zu Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer von in der EU eingetragenen Gesellschaften erlaubt, für ungültig.

[Quelle: EuGH]

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