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Geplante Änderungen im Insolvenzrecht stoßen auf Skepsis

Bundesjustizminister Marco Buschmann plant, das Insolvenzrecht erneut zu ändern. Er will dadurch insb. den durch die derzeitige Energiepreiskrise sowie durch gestörte Lieferketten bei Rohstoffen in Not geratenen Unternehmen entgegenkommen. Die Gefahr sei groß, dass in Deutschland aus den genannten Gründen eine Insolvenzwelle drohe. Bereits zahlungsunfähigen Firmen soll hingegen nicht mehr geholfen werden; anderenfalls, so der Minister, drohe eine „Vorkasse-Wirtschaft“.

Berichten zufolge plant das BMJ, den Prognosezeitraum bei der sog. Überschuldungsprüfung von zwölf auf vier Monate zu verkürzen. Unternehmen würden dadurch Zeit gewinnen, um ihre Geschäftsmodelle anpassen zu können. „Wer kann zwölf Monate in die Zukunft schauen in diesen unsicheren Zeiten?“, erläuterte Buschmann Anfang September gegenüber der Presse. Für einen Bäcker sei es beispielsweise eine enorme Erleichterung, wenn er nicht mehr vorrechnen können muss, dass er zwölf Monate gesichert den Betrieb fortführen könne. Das nehme ihm die Sorge, aus Sorge vor der Staatsanwaltschaft eher zu früh als zu spät einen Insolvenzantrag stellen zu müssen.

Der Minister kündigte an, zeitnah zu prüfen, was das „schnellste Verfahren“ sei, ob also ein eigenes Gesetzgebungsverfahren notwendig sei oder ob man das Vorhaben an ein anderes Gesetzgebungsverfahren „dranhänge“. Grundsätzlich müsse es aber „so schnell wie möglich passieren“.

Aus Sicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) begegnet dieser Plan jedoch Bedenken. In einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme seiner Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht & Sanierung führt der Verein aus, dass man in einem solchen Vorgehen Gefahren sieht und sich eine grundlegendere Lösung wünscht. „Wir teilen die Einschätzung der Bundesregierung, dass die unmittelbaren und mittelbaren Wirkungen der steigenden Energiepreise schon jetzt und sicherlich noch für einige Zeit die Unternehmen vor große Herausforderungen stellen. Lediglich Definitionen im Insolvenzrecht zu ändern, beseitigt aber keines der tatsächlichen Probleme. Im Mittelpunkt sollte daher die Frage stehen, wie den im Maßnahmepaket angesprochenen, im Kern gesunden und auch langfristig überlebensfähigen Unternehmen tatsächlich geholfen werden kann“, heißt es in der Stellungnahme.

Soweit die Stabilisierung des Unternehmens etwa bereits durch die im Maßnahmepaket vorgesehenen Unternehmenshilfen wie das KfW-Sonderprogramm möglich sei, brauche es gar kein Insolvenzverfahren. Und für die Fälle, in denen sich ein Unternehmen tatsächlich noch grundlegender neu aufstellen müsse, um wirklich zukunftsfähig zu sein, biete das deutsche Sanierungsrecht mit seinen Fortentwicklungen der letzten Jahre einen geeigneten Rahmen. Ansonsten, so die Befürchtung des DAV, drohe bloß die Entstehung weiterer „Zombie“-Unternehmen. Aus Praktikersicht solle deshalb nunmehr der Zugang zum Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren erleichtert werden, wie es bereits in § 6 COVInsAG umgesetzt worden sei, schlägt der Verein vor.

[Red.]

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