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EU mahnt bessere Bezahlung deutscher Richter an

Die EU-Kommission hält deutsche Richter für nicht angemessen besoldet. In ihrem Mitte Juli vorgelegten Rechtsstaatlichkeitsbericht werden mehreren Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, eine Reihe von Maßnahmen empfohlen, um die Rechtsstaatlichkeit zu stärken. Einige dieser Maßnahmen betreffen die Ausstattung der Justiz, darunter auch die personelle Ausstattung.

Wörtlich heißt es in dem Deutschland betreffenden Passus des Rechtsstaatlichkeitsberichts: „Zur Sicherstellung der langfristigen Resilienz der Justiz gehört auch, die Attraktivität der Rechtsberufe u.a. durch eine angemessene Vergütung zu gewährleisten und die Zahl der offenen Stellen für Richter, Staatsanwälte und Gerichtsbedienstete so gering wie möglich zu halten. (…) In Deutschland ist eine Verlängerung des Pakts für den Rechtsstaat angekündigt worden, in deren Rahmen zusätzliche Ressourcen für die Justiz und die Digitalisierung bereitgestellt werden sollen; längerfristige Herausforderungen bestehen aber nach wie vor in Bezug auf die Einstellung und die Besoldung von Richtern.“

Insgesamt stellt die EU-Kommission Deutschland aber ein gutes Zeugnis bzgl. der Rechtsstaatlichkeit aus. Die Unabhängigkeit der Justiz werde als sehr hoch wahrgenommen und das Land genieße ein hohes Maß an Medienfreiheit und -vielfalt. Lediglich in einigen Punkten bestehe Verbesserungsbedarf. Darunter zählt die Kommission – neben der genannten Ausstattung der Justiz – den sog. Drehtüreffekt, d.h. den Wechsel von Politikern in die Wirtschaft, und die zurzeit noch nicht sehr transparenten Verfahren zur Genehmigung neuer Jobs für hochrangige Beamte. Auch der Einfluss von Lobbygruppen bei der Vorbereitung neuer Gesetze müsse in Zukunft sichtbarer werden.

Die EU-Kommission veröffentlicht seit 2020 einmal pro Jahr ihren sog. Rechtsstaats-TÜV. Darin untersucht und beschreibt sie etwa den Zustand des Justizsystems, die Bekämpfung der Korruption und etwa den Grad der Medienfreiheit und Medienvielfalt in den 27 EU-Staaten. In diesem Jahr gab sie erstmals auch Empfehlungen ab, um die Mitgliedstaaten bei der Wahrung und’Stärkung der Rechtsstaatlichkeit zu unterstützen.

Der Deutsche Richterbund (DRB) hat die an Deutschland gerichteten Empfehlungen der EU-Kommission, die Finanzierung der Justiz insgesamt einschließlich der Besoldung der Richterinnen und Richter angemessen und den europäischen Standards gemäß auszugestalten, bereits begrüßt. Die Kommission habe in ihrem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten entsprechende Forderungen des Richterbundes übernommen, freute sich der DRB: „Die EU-Kommission folgt unserer Kritik an der bundesweit zu geringen Besoldung von Richterinnen und Richtern, die im Vergleich zum Durchschnittseinkommen eine der niedrigsten in Europa ist. Die Empfehlungen der Kommission sind daher vor allem eine Blamage für die Bundesländer. Diese setzen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Besoldung von Beamten und Richtern nicht ordnungsgemäß um“, erklärten die’beiden Vorsitzenden, Andrea Titz und Joachim Lüblinghoff nach Veröffentlichung des EU-Rechtsstaatlichkeitsberichts.

Seitdem die Länder für die Besoldung von Beamten und Richtern zuständig seien, habe sich die’Besoldungssituation verschlechtert. Die besoldungsrechtliche Zersplitterung habe zu Ungleichgewichten zwischen den Ländern geführt. Zudem gestalteten die Länder die Besoldung nicht verfassungsgemäß aus. Der öffentliche Dienst entferne sich immer weiter von der Einkommensentwicklung in Deutschland. Deshalb habe das BVerfG die Besoldung mehrfach als verfassungswidrig zu niedrig angeprangert; anstatt jedoch diese Entscheidungen umzusetzen, konkurrierten die Länder um den billigsten Weg, sie zu umgehen, kritisierten Titz und Lüblinghoff.

Der diesjährige EU-Rechtsstaatlichkeitsbericht kann auf der Internetseite der EU-Kommission unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_4467 eingesehen und heruntergeladen werden.

[Quellen: EU-Kommission/DRB]

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