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Bundesrat billigt zahlreiche Gesetze

In seiner letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause hat der Bundesrat am 8.’Juli noch viele Gesetze aus dem Bundestag gebilligt. Damit ist der Weg u.a. frei für das sog. Osterpaket, mit dem die Versorgungssicherheit Deutschlands bei Energieträgern gesichert und der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden soll; auch billigten die Länder den geplanten NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands. „Durchgewinkt“ hat der Bundesrat daneben aber auch eine Reihe von Vorhaben auf steuer-, wirtschafts- und strafrechtlichem Gebiet, die nachfolgend kurz dargestellt werden.

  • Zinssatz für Steuernachzahlungen

    Der Zinssatz für Steuernachzahlungen oder -erstattungen wird rückwirkend zum 1.1.2019 abgesenkt. Dies sieht eine entsprechende Änderung der Abgabenordnung vor, die der Bundestag bereits im Juni verabschiedet hatte. Das Gesetz kann damit nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten verkündet werden und soll zeitnah in Kraft treten. Hintergrund sind Forderungen des BVerfG, den bisher geltenden festen Zinssatz von 6 % (rückwirkend) verfassungskonform auszugestalten. Erwartet werden durch die Änderung in diesem Jahr Mindereinnahmen von 2,46 Mrd. € und im kommenden Jahr von 530 Mio. €. Das Gesetz legt den Zinssatz nach § 233a AO auf 0,15 % pro Monat – also 1,8 % pro Jahr fest. Die Angemessenheit des neuen Zinssatzes soll künftig regelmäßig evaluiert werden, erstmals zum 1.1.2024. Außerdem verankert das Gesetz eine bisher nur im Verwaltungsweg getroffene Regelung über den Erlass von Nachzahlungszinsen bei vor Fälligkeit freiwillig geleisteten Zahlungen. Sie erstreckt sich damit künftig auch auf die von Kommunen verwaltete Gewerbesteuer.

  • BAföG-Reform

    Gebilligt haben die Länder auch die 27. Novelle des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, mit dem sich die Bedarfsätze um 5,75 % und die Freibeträge um 20,75 % bereits zum 1. August dieses Jahres erhöhen. Der Wohnzuschlag für auswärts Wohnende liegt künftig bei 360 €, der’Vermögensfreibetrag von Geförderten bis zum 30. Lebensjahr bei 15.000 € sowie für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, bei 45.000 €. Die Altersgrenze zu Beginn des zu fördernden Ausbildungsabschnittes wird vereinheitlicht und auf 45 Jahre angehoben. Die’Erlassmöglichkeit der Darlehensrestschulden nach 20 Jahren für Altfälle gilt künftig auch für’jene Rückzahlungsverpflichteten, die es versäumt hatten, innerhalb der gesetzten Frist der vorangegangenen 26. BAföG-Novelle den Erlass der Darlehensrestschulden zu beantragen. Befasst hat sich der Bundesrat zudem mit Plänen zur nächsten, der 28. BAföG-Änderung: Er äußerte keine Einwände gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der diese zur Ausweitung des Berechtigtenkreises im Falle einer nationalen Notlage ermächtigt. Vermutlich im Herbst kommt diese Vorlage noch einmal zur abschließenden Beratung in den Bundesrat.

  • Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche

    Zugestimmt hat die Länderkammer auch die ersatzlose Streichung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche in § 219a StGB. Der Bundestag hatte die Aufhebung im Juni beschlossen. Künftig können Ärztinnen und Ärzte ausführlich über Möglichkeiten zum Abbruch einer Schwangerschaft informieren, ohne mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen zu müssen. Schwangere sollen so einfacher als bisher Ärztinnen und Ärzte für’eine Abtreibung finden können, heißt es in der’Gesetzesbegründung. Geändert wird auch das Heilmittelwerbegesetz: Es erfasst künftig sowohl medizinisch indizierte als auch’medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche. Irreführende oder abstoßende Werbung für alle Arten von Schwangerschaftsabbrüchen bleibt damit weiterhin verboten. So werde sichergestellt, dass die Aufhebung des Werbeverbots nicht zu Lücken im grundrechtlich gebotenen Schutzkonzept für das ungeborene Leben führe, heißt es in der’Gesetzesbegründung. Auch das Schwangerschaftskonfliktgesetz wird ergänzt. Demnach ist es Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen, Krankenhäusern sowie Ärztinnen und Ärzten gestattet, sachlich und berufsbezogen über die Durchführung einer Abtreibung zu informieren, die unter den Voraussetzungen von § 218a Abs. 1 bis 3 StGB erfolgt. Durch eine neue Regelung im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch sollen strafgerichtliche Urteile, die seit dem 3.10.1990 wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch ergangen sind, aufgehoben und noch laufende Verfahren eingestellt werden, um die verurteilten Ärztinnen und Ärzte zu rehabilitieren.

  • Entschädigung für verurteilte Homosexuelle

    Die Billigung der Länder fand auch ein Gesetz, mit dem die Frist zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen für Personen, die nach dem 8.5.1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilt worden waren, verlängert wurde. Die neue Frist wurde auf den 21.7.2027 festgelegt.

  • Online-Beglaubigungen im Gesellschaftsrecht

    „Durchgewinkt“ hat der Bundesrat auch ergänzende Regeln zur Umsetzung der europäischen Digitalisierungsrichtlinie. Zwar war diese EU-Richtlinie bereits im vergangenen Jahr in deutsches Recht umgesetzt worden; dieses Umsetzungsgesetz tritt größtenteils zum 1. August dieses Jahres in Kraft. Allerdings will Deutschland noch über die europäischen Vorgaben hinausgehen. Das neue Gesetz weitet v.a. die Möglichkeit der Online-Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen aus. Die bisherige Beschränkung auf bestimmte Rechtsträger wie Einzelkaufleute, GmbH oder Aktiengesellschaften entfällt. Zudem erstreckt es das Verfahren auch auf Anmeldungen im Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister. Es sieht vor, dass das notarielle Verfahren der Online-Beurkundung auch auf einstimmig gefasste satzungsändernde Beschlüsse sowie auf GmbH-Sachgründungen und Gründungsvollmachten angewendet werden kann. Zudem sieht das Gesetz die Ausweitung der Möglichkeiten der Beurkundung mittels Videokommunikation in der Bundesnotarordnung vor. In Kraft treten sollen diese ergänzenden Regelungen zu großen Teilen am 1. August dieses Jahres und teilweise erst am 1.8.2023.

[Quelle: Bundesrat]

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