Mit Beginn des Monats Juli sind v.a. staatliche bzw. sozialversicherungsrechtliche Leistungen teils angehoben, teils neu eingeführt worden, um die Bürger angesichts stark gestiegener Lebenshaltungskosten zu entlasten. Daneben wurde auch der Verbraucherschutz gestärkt. Auf dem Mietwohnungsmarkt soll bei den Mietspiegeln mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. Im Einzelnen:
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Gesetzliche Renten
Zum 1. Juli sind die Renten in Westdeutschland um 5,35 % und in Ostdeutschland um 6,12 % angehoben worden. Somit erhöht sich der Rentenwert im Westen von bisher 34,19 € auf 36,02 €, im Osten von bisher 33,47 € auf 35,52 €. Der Rentenwert Ost steigt damit auf 98,6 % des aktuellen Rentenwerts West – die Rentenangleichung kommt hiermit einen weiteren Schritt voran und soll spätestens zum 1.7.2024 vollständig abgeschlossen sein.
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Monatlicher Sofortzuschlag für Kinder
Ab Juli erhalten rund 2,9 Mio. von Armut betroffene Kinder in Deutschland monatlich 20 € zusätzlich. Anspruch haben alle Kinder, die entweder einen Leistungsanspruch nach dem SGB II oder SGB XII, dem Asylbewerberleistungsgesetz oder auf Kinderzuschlag sowie die ergänzende Leistung zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz haben. Damit sollen finanzielle Spielräume für arme Familien geschaffen und dazu beigetragen werden, die Lebensumstände und Chancen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Der Sofortzuschlag wird ab Juli ergänzend und ohne weiteren Antrag ausgezahlt und ist bis zur geplanten Einführung einer Kindergrundsicherung vorgesehen.
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Einmaliger Kinderbonus
Zusätzlich gibt es für jedes Kind, das Anspruch auf Kindergeld hat, einen sog. Einmalbonus i.H.v. 100 €. Er soll Familien in Zeiten außergewöhnlicher Belastungen helfen und die stark angestiegenen Preise, insb. im Energiesektor, abfedern. Auch dieser Bonus wird ab Juli ausgezahlt und muss nicht extra beantragt werden.
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Einmalzahlung für Erwachsene
Erwachsene Bezieher von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung erhalten einmalig 200 €. Der Gesetzgeber will so besondere Härten aufgrund der Pandemie und steigender Lebenshaltungskosten abfedern.
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Akuthillfe für pflegende Angehörige
Die Akuthilfe für pflegende Angehörige ist ein weiteres Mal, diesmal bis 31.12.2022, verlängert worden. Damit können betroffene Familienangehörige u.a. weiterhin kurzzeitig eine Arbeitsverhinderung von bis zu 20 Arbeitstagen pro Akutfall in Anspruch nehmen.
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Kurzarbeitergeld
Insbesondere wegen des Ukraine-Krieges ist das Kurzarbeitergeld erneut verlängert worden, nachdem die pandemiebedingte Sonderregelung zum 30. Juni eigentlich ausgelaufen war. Dies bedeutet, dass das Kurzarbeitergeld – zunächst bis zum 30. September – weiterhin gezahlt wird, wenn 10 Prozent der Beschäftigten eines Betriebs von Arbeitsausfall betroffen sind. Auch müssen die Beschäftigten nach wie vor keine Minusstunden vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld aufbauen. Die bisherigen (pandemiebedingten) höheren Leistungssätze, die längere Bezugsdauer und die Einbeziehung der Leiharbeit werden allerdings nicht fortgesetzt.
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Mindestlohn
Der gesetzliche Mindestlohn ist zum 1. Juli von 9,82 € auf 10,45 € (brutto) pro Stunde angehoben worden. Zum 1. Oktober steigt er erneut, dann auf 12 € (brutto) pro Stunde.
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Sanktionsmoratorium in der Grundsicherung
Jobcenter dürfen vom 1.7.2022 bis zum 1.6.2023 bei vielen Pflichtverletzungen keine Sanktionen mehr gegen Arbeitssuchende verhängen, etwa bei der Weigerung, eine Arbeit oder Maßnahme aufzunehmen. Soweit Leistungsberechtigte allerdings ohne wichtigen Grund nicht zu vereinbarten Terminen erscheinen, kann dies weiterhin Leistungsminderungen nach sich ziehen. Damit geht der Gesetzgeber einen Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Bürgergeld. Wird dieses eingeführt, sollen auch Sanktionen und Mitwirkungspflichten neu geregelt werden.
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Kündigung von Online-Verträgen
Mit dem 1. Juli ist für dauernde Schuldverhältnisse wie etwa Energielieferverträge oder Zeitschriften-Abos ein verpflichtender Kündigungsbutton im Online-Bereich eingeführt worden. Damit können solche über das Internet geschlossenen Verträge nun ebenso schnell gekündigt werden, wie sie zuvor geschlossen worden sind. Erfüllt ein Unternehmer die Voraussetzungen dafür nicht, kann der betroffene Verbraucher seinen Vertrag jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.
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Elektro-Altgeräte
Aufgrund des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) sind nun auch Lebensmittelhändler mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als 800 qm zur Rücknahme von Elektro-Altgeräten verpflichtet. Voraussetzung ist allerdings, dass sie selbst (zumindest mehrmals im Jahr) Elektrogeräte anbieten. Für kleine Elektro-Altgeräte gilt dies unabhängig vom Neukauf eines Gerätes, für größere Altgeräte nur beim Kauf eines entsprechenden neuen Gerätes.
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Kosten bei Auslandstelefonaten (Roaming)
Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben einer Verlängerung der geltenden EU-Regelungen für das sog. Roaming zu Inlandspreisen bis 2032 zugestimmt. Damit können die Bürger in der Europäischen Union auch nach dem Ablauf der geltenden Roaming-Verordnung im Juni weiterhin ohne zusätzliche Kosten Auslandsanrufe tätigen, SMS versenden und im Internet surfen.
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Rechtssichere Mietspiegel
Zum 1.7.2022 sind Mindestanforderungen an die Mietspiegel in Kraft getreten, die mehr Rechtssicherheit im Mietwohnungsmarkt gewährleisten sollen. Eine neue Mietspiegelverordnung legt Mindeststandards fest, mit dem Ziel, eine zuverlässige Abbildung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erreichen. Entsprechen Mietspiegel den Anforderungen der VO, können sie in Zukunft von den Gerichten nicht mehr ohne Weiteres in Zweifel gezogen werden. Juristisch gesehen wird dann vermutet, dass der betreffende Spiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde.