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DRB verlangt Anschlussregelung zu den Unterbrechungsfristen im Strafprozess

Seit März 2020 galt coronabedingt die – inzwischen mehrfach, zuletzt bis zum 29.6.2022 verlängerte – Regelung in § 10 EGStPO, der zufolge der Lauf der in § 229 Abs. 1 und 2 StPO genannten Unterbrechungsfristen unabhängig von der Dauer der Hauptverhandlung für die Dauer von längstens zwei Monaten gehemmt ist, solange die Hauptverhandlung aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Covid-19-Pandemie nicht durchgeführt werden kann. Der Deutsche Richterbund (DRB) hat sich jetzt für eine Verlängerung dieser Sonderregelung ausgesprochen; in der Praxis der Strafgerichte habe sich die neue Hemmungsregelung bewährt.

Der DRB argumentiert, dass mit der Regelung v.a. im Strafverfahren angemessen auf die Quarantäne von Verfahrensbeteiligten reagiert und verhindert werden könne, dass allein deswegen ein Verfahren völlig neu beginnen müsse. Dies sei – auch bei weitgehender Normalisierung der Lage – weiterhin nötig, solange die Pandemie nicht endgültig überwunden sei. Auf diese Weise trage die Regelung zur Beschleunigung von Strafverfahren bei, vermeide eine Mehrbelastung der ohnehin knappen Ressourcen in der Justiz mit pandemiebedingt auszusetzenden und damit zu wiederholenden Hauptverhandlungen und schütze so die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der Justiz insgesamt. Durch die Vermeidung aussetzungsbedingt zu wiederholender Beweiserhebungen trage sie zudem Aspekten des Opferschutzes Rechnung. Anders als die in § 229 Abs. 3 StPO vorgesehene Hemmung der Unterbrechungsfristen müsse, so der Richterbund, damit insb. weder ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person erkrankt sein (eine bloße Quarantäne reicht nicht aus, so der BGH, Beschl. v. 11.3.2021 – 1 StR 458/20), noch müsse die Hauptverhandlung bereits an mind. zehn Tagen stattgefunden haben.

Zur Veranschaulichung ihrer Forderung verweist die Richterorganisation auf ein aktuell anhängiges, derzeit bis einschließlich 2023 terminiertes Staatsschutzverfahren vor dem OLG Stuttgart. In dem dortigen Verfahren mit allein sieben Berufsrichtern, zwölf Angeklagten, 25 Verteidigern, den Sitzungsvertretern des Generalbundesanwalts und zahlreichen Justizbediensteten habe bereits zweimal auf die Regelung des § 10 EGStPO zurückgegriffen werden müssen. Gerade in solchen Umfangsverfahren habe sich diese Regelung als ein unverzichtbares Instrument zur Sicherung der Durchführung der Hauptverhandlung erwiesen. Anderenfalls drohe ein unter den Gesichtspunkten von Ressourceneinsatz und Verfahrensbeschleunigung nicht hinnehmbarer Neubeginn der Hauptverhandlung.

Angesichts der Situation in der Justiz mahnen die Richter den Gesetzgeber zur Eile: Wegen der hohen Praxisrelevanz der Sonderregelung bestünden „durchgreifende Bedenken, die Regelung erst im Herbst zu verlängern“ oder ihren Anwendungsbereich inhaltlich oder auch zeitlich zu beschränken.

[Quelle: DRB]

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