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Entscheidung über Fachanwaltschaft für Opferrechte verschoben

Anfang Dezember tagte erneut die Satzungsversammlung der Rechtsanwaltschaft, coronabedingt wieder rein virtuell. Sie befasste sich mit einer Reihe aktueller Fragen, v.a. zu den Fachanwaltschaften, aber auch zu Folgeproblemen der jüngsten berufsrechtlichen Reformen.

So musste u.a. die Regelung zur Interessenskollision in der Berufsordnung (BORA) umfassend überarbeitet werden, weil die BRAO-Reform hier Änderungen gebracht hatte. Der Plan, in die BORA auch eine neue Regelung zur Interessenskollision von Stationsreferendaren und wissenschaftlichen Mitarbeitern in Kanzleien aufzunehmen, wurde hingegen auf später verschoben, weil keine Klarheit darüber erzielt werden konnte, ob die Satzungsversammlung nach den jüngsten gesetzlichen Reformen hier noch eine Regelungskompetenz hat.

Zu den Fachanwaltschaften gab es gleich mehrere Änderungen: So wurde die bisherige Fachanwaltschaft für Insolvenzrecht umbenannt in „Fachanwaltschaft für Insolvenz- und Sanierungsrecht“. Dies war schon länger gefordert worden, um diese Spezialisierung nach außen hin aufzuwerten. Wer den alten Fachanwaltstitel bereits besitzt, soll selbst entscheiden dürfen, ob er ihn beibehält oder die neue Bezeichnung übernimmt.

Bei der Fachanwaltschaft für Bau- und Architektenrecht wurden die Anforderungen an den Nachweis der praktischen Erfahrungen gesenkt. Statt sechs selbstständige Beweisverfahren müssen künftig nur noch drei nachgewiesen werden. Grund dafür ist, dass die Bedeutung der selbstständigen Beweisverfahren auf diesem Rechtsgebiet abgenommen hat und man den betroffenen Kollegen keine unnötigen Hürden in den Weg legen möchte.

Gescheitert ist – wieder einmal – die Einführung einer neuen Fachanwaltschaft für Opferrechte. Das Thema war offenbar zu komplex, um es in einer virtuellen Sitzung abzuhandeln. Entschieden wurde, die Angelegenheit auf das kommende Frühjahr zu verschieben. Bereits 2018 war der Antrag auf Einführung dieser neuen Fachanwaltschaft nach längerem Anlauf gescheitert (vgl. Anwaltsmagazin ZAP 10/2018, S. 474). Schon seinerzeit wurde deutlich, dass es neben vehementen Befürwortern dieses neuen Fachanwaltstitels auch hartnäckigen Widerstand gibt.

Zu den Befürwortern gehört u.a. der Deutsche Anwaltverein (DAV), der auch diesmal wieder im Vorfeld der Satzungsversammlung für diese gesonderte Spezialisierung warb. Opfervertretung sei eine eigene Materie, wenn auch mit Schnittmengen zu anderen Bereichen, argumentiert der DAV. Die Fachanwaltschaft für Opferrechte würde insb. Teilbereiche aus dem Strafrecht, dem Familienrecht, dem Sozialrecht und dem allgemeinen Zivilrecht vereinigen. Deshalb brauche es die Möglichkeit einer fundierten rechtsgebietsübergreifenden Spezialisierung. „Geschädigtenvertretung ist mehr als das Führen der Nebenklage oder Erringen einer Gewaltschutzanordnung, mehr als das Durchsetzen einer Geschädigtenrente oder die Realisierung von Schadensersatzansprüchen bei Dritten, wenn der Schädiger ausfällt“, betonte Dr. Holger-Christoph Rohne in einer DAV-Pressemitteilung vom 3.12.2021. „Und es sollte unser Anspruch als Anwaltschaft sein, anwaltliches Fachwissen und -kompetenz vorzuhalten und durch eine entsprechende Fachanwaltschaft auch sichtbar auszuweisen.“

Ebenfalls zum wiederholten Mal auf der Tagesordnung der Satzungsversammlung stand die erst 2017 gescheiterte Einführung einer allgemeinen und sanktionierten Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte. Auch hier wurde in der Diskussion wieder deutlich, dass der Widerstand aus den Reihen der Anwaltschaft nach wie vor erheblich ist. Dennoch wurde beschlossen, einen erneuten parlamentarischen Anlauf zu wagen und eine Resolution an das Bundesjustizministerium zu richten, das Thema wieder aufzugreifen.

[Red.]

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