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Zweifel an Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz

Zweifel an Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) bezweifelt, ob es notwendig oder sinnvoll ist, mit einer Grundgesetzänderung Kinderrechte in den Grundrechten zu verankern. Das geht aus ihrer offiziellen Stellungnahme zum vorliegenden Regierungsentwurf hervor (vgl. zu dem Vorhaben zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 4/2021, S. 162).

Die Kammer stimmt zwar der Begründung des Gesetzentwurfs zu, dass der Schutz der Kinderrechte – auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Grundgesetz – in jahrzehntelanger Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht im Lichte der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern ausgeformt worden und anerkannt worden ist. Von den deutlich über 100 Senatsentscheidungen, die das BVerfG seit Beginn seiner Rechtsprechung zu Art. 6 GG und anderen einschlägigen Grundgesetz-Artikeln getroffen habe, betreffe aber ein wesentlicher, wenn nicht gar überwiegender Teil das Wohl des ehelichen, nichtehelichen, adoptierten oder Stiefkindes und i.Ü. die Auswirkungen, die Erziehung und Unterhalt der Kinder auf das Einkommen und Auskommen von Familie, Ehegatten, nicht verheirateten oder alleinerziehenden Eltern hätten.

Die aktuelle gesetzgeberische Initiative habe demgegenüber ihren Grund ausschließlich in einer Vorfestlegung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode zu einer entsprechenden Grundgesetzänderung. Eine sachliche Notwendigkeit besteht deshalb speziell für diese Verfassungsnovelle aus Sicht der BRAK nicht. Diese Auffassung entspreche auch der Einschätzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kinderrechte ins Grundgesetz“ in ihrem Abschlussbericht vom Oktober 2019. Soweit es in Einzelfällen zu massiven und tragischen Verletzungen von Rechten der Kinder gekommen sei (Stichwort: Kindesmissbrauch) und in diesem Zusammenhang zu Fehlentscheidungen staatlicher Behörden und/oder Gerichte sowie von kirchlichen Autoritäten, hätten die Ursachen hierfür sicherlich nicht darin gelegen, dass der Schutz des Kindeswohls normativ und speziell im Grundgesetz zu schwach ausgeprägt gewesen sei, sondern allenfalls in einem Vollzugsdefizit.

Die BRAK erinnert deshalb in diesem Zusammenhang auch an den bekannten Ausspruch des französischen Denkers und Staatsmanns Montesquieu: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“ Das gelte erst recht, wenn es, wie im vorliegenden Fall, um die Modifizierung von Grundsatznormen der staatlichen Verfassung gehe.

[Quelle: BRAK]

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