Trotz Pandemie weniger Insolvenzen
Trotz des massiven Konjunktureinbruchs infolge der Corona-Pandemie sind die Insolvenzen in Deutschland weiter stark gesunken: insgesamt waren bisher nur gut 82.000 Insolvenzen zu verzeichnen – im Hochkonjunkturjahr 2019 waren es noch rund 104.000 Pleitefälle. Das meldete die Wirtschaftsauskunftei Creditreform im Dezember.
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen sank danach ebenfalls deutlich um 13,4 % auf 16.300 Fälle (2019: 18.830) ab. Das ist der niedrigste Stand seit der Einführung der Insolvenzordnung (InsO) im Jahr 1999. Zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung zahlreiche Hilfs- und Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft beschlossen und die Insolvenzantragspflicht mehrere Monate lang ausgesetzt (vgl. dazu zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 18/2020, 934). Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform beschreibt die Situation wie folgt: „Im laufenden Jahr hat sich das Insolvenzgeschehen als Seismograph für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vom wirklichen Zustand der deutschen Unternehmen entkoppelt.“ Problematisch sei auch, dass durch die Staatshilfen sehr viele Unternehmen am Markt blieben, die unabhängig von der Corona-Krise eigentlich nicht mehr überlebensfähig seien.
Insolvenzen seien ein „wichtiger Mechanismus zum Schutz der Volkswirtschaft“, so Hantzsch weiter. Unternehmen ohne tragbares Geschäftsmodell müssten vom Markt genommen oder von Grund auf saniert werden, damit die deutsche Wirtschaft als Ganzes auch nach Corona wettbewerbsfähig bleibe. Branchen wie Autoindustrie, Luftfahrt und Einzelhandel stünden ohnehin vor drastischen Umwälzungen. Der Strukturwandel werde durch diese Maßnahmen teilweise verzögert. Nachdem die Insolvenzanzeigepflicht bei Zahlungsunfähigkeit wieder in Kraft sei, dürften die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und ein Ende der Eindämmungsmaßnahmen die Insolvenzen im Jahr 2021 insgesamt wieder steigen lassen.
Großunternehmen stellen allerdings die Ausnahme von diesem Befund dar: Bei ihnen hat die Corona-Krise zu einer überdurchschnittlich hohen Zahl an Insolvenzen geführt. Zu den größten Unternehmenszusammenbrüchen des vergangenen Jahres zählen die Warenhauskette GALERIA KARSTADT KAUFHOF und zahlreihe Unternehmen im Modeeinzelhandel wie ESPRIT und BONITA. So stieg die Zahl der Insolvenzverfahren in den Umsatzgrößenklassen 5 bis 25 Mio. € (plus 26,4 %) und 25 bis 50 Mio. € (plus 36,4 %) deutlich. Eine Verdopplung der Fallzahlen war bei Unternehmen mit mehr als 50 Mio. € Jahresumsatz zu verzeichnen. Trotz dieser Entwicklungen dominieren Kleinst- und Kleinunternehmen weiterhin das Insolvenzgeschehen. In acht von zehn insolventen Unternehmen waren höchstens fünf Personen beschäftigt.
Spürbar erhöht haben sich auch die Schäden für die Gläubiger von insolventen Unternehmen. Im Jahr 2020 summierten sich die offenen Forderungen auf schätzungsweise 34 Mrd. € – nach 23,5 Mrd. € im Vorjahr. Pro Insolvenzfall muss im Durchschnitt voraussichtlich die Rekordsumme von gut 2 Mio. € an Forderungsverlusten abgeschrieben werden.
[Quelle: Creditreform]