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Verständlichkeit² im Anwaltsbüro – Texte schnitzen und Geschichten erzählen

Über die Möglichkeiten, wie Kanzleien mit verständlichen Texten und innovativen Ideen die Kommunikation mit Mandanten verbessern, wurde hier kürzlich schon geschrieben.

Anwälte registrieren, dass sie bei Rechtsuchenden schneller und besser auf den Punkt kommen müssen und auch mit cleveren Geschichten arbeiten können, sagt die Volljuristin Eva Engelken im Interview. Storytelling für Kanzleien? Genau.


Engelken veröffentlichte 2010 den Ratgeber Klartext für Anwälte und berät heute Unternehmen und Kanzleien in Marketingfragen, wie man sich mit einer guten überzeugenden Sprache auch im Wettbewerb auf dem Rechtsmarkt abhebt. Ein paar Gedanken über den Sprachwandel in der Rechtsbranche, digitale Helfer für Anwälte und was „David und Goliath“ damit zu tun haben.


Ist Anwälten bewusst, SICH immer KONKRETER ÜBER VERSTÄNDLICHKEIT UND KLUGE ANSPRACHE GEDANKEN MACHEN ZU MÜSSEN?

Ich beobachte das schon. Ein jüngeres Beispiel: Ich hatte ein Textprojekt in einer Großkanzlei begleitet und aus einem Interview wortwörtlich die Formulierungen eines Anwalts übernommen. Als er sich die Textpassage durchlas, sagte er, die Sätze wären zu lang, und man müsse die einzelnen Gedanken in einzelne Sätze packen. Innerlich habe ich ihm Beifall geklatscht, weil ich genau das in meinen Seminaren immer vermittle.


WAS TREIBT DIESE ENTWICKLUNG AN?

Die elektronische Kommunikation hat sicherlich dazu beigetragen, die Sensibilität bei den Anwälten zu erhöhen. Auch Juristen kommunizieren nicht immer über lange, durchdachte Schriftsätze, sondern verstärkt direkt über elektronische Medien. Sie bedienen sich diverser Messenger-Dienste, chatten oder tauschen sich in Videokonferenzen aus. Aber egal, welchen Kanal sie wählen: es muss schnell gehen und es gilt, zügig auf den Punkt zu kommen und juristische Einzelheiten zu erklären. Für fein gedrechselte Schachtelsätze ist da weder Platz noch Zeit.


EINFACH NUR BESSER VERSTANDEN ZU WERDEN, IST DABEI NUR EINE EBENE

Tatsächlich wachsen jenseits der reinen Verständlichkeit auch Bedürfnis und Wunsch, sich sprachlich immer besser darzustellen. Kanzleien investieren viel Grips und Geld in eine gute Außendarstellung, dem Ausformulieren von Kernbotschaften mit allem was dazu gehört. Dies auch mit kurzen, lebendigen Formulierungen. Wer die Motivation hat, aktiv daran zu arbeiten, verschafft sich einen Vorteil, sich verständlich und eloquent auszudrücken.


WIE ZEIGT SICH DAS IN DER PRAXIS GENAU?

Ich merke in meinen Textseminaren meist schnell, wo der Schuh drückt, die Selbsteinsicht ist sehr hoch, dass sich Juristen zuweilen kompliziert ausdrücken. Ebenso hoch ist die Bereitschaft, daran etwas zu ändern. Dafür nehmen Kanzleien Geld in die Hand, auch, was die Ausbildung des Nachwuchses angeht. Ebenso ist mit der stetig wachsenden Professionalisierung der Anspruch an die textliche Qualität der Eigendarstellung gewachsen – angefangen mit Beschreibungen auf der eigenen Kanzlei-Website, über White Papers bis hin zu Texten, mit denen sich Kanzleien für Rankings oder Kanzlei-Guides bewerben.


Gibt es digitale Hilfsmittel für gutes Schreiben?

Es gibt schon jetzt viele Tools, die Texter und Autoren auch online nützen können und die Verständlichkeitsanalysen, Empfehlungen oder Synonymchecks enthalten. Zum Beispiel online der DUDEN Mentor oder das Programm Papyrus, das einen Stilcheck anbietet und bei bestimmten Füllwörtern fragt, ob man ein Wort wirklich verwenden will. Außerdem bricht es den Text auf und analysiert, wie kompliziert oder gut lesbar ein Text ist. Ein Anwendungsbereich, der sich auch durch künstliche Intelligenz weiterentwickelt, ist die Transkription von Audio zu Text; je intelligenter das Programm ist, desto fehlerfreier überträgt es das gesprochene Wort in brauchbare Texte. WordPress bietet natürlich auch Plug-ins an, beispielsweise Yoast, die neben der Suchmaschinenoptimierung auch prüfen, wie gut lesbar ein Text ist. Hier kann man sich (zu) lange Sätze anzeigen lassen, Wortwiederholungen sowie die Gliederung des Textes durch Zwischenüberschriften.


WIRD SICH HIER AUCH BEI DEN LEGAL-TECH-TOOLS MEHR TUN?

Tatsache, Legal Tech entwickelt sich ja pausenlos weiter. Was gerade passiert, ist, dass die gängigen Legal-Tech-Tools, zum Beispiel Vertragsgeneratoren, die bereits vorhandenen digitalen Hilfsmittel wie Rechtschreibkontrolle etc. integrieren. Das wird auf jeden Fall noch ganz stark zulegen und auch mit technischen Innovationen einhergehen. Eine Anwendung, die auf künstlicher Intelligenz fußt, sind Textgeneratoren, die aus eingegebenen Informationsblöcken komplette Texte verfassen. Die muss man natürlich redigieren, und logischerweise kann es am Anfang passieren, dass der Textgenerator kompletten Blödsinn vorschlägt. Das ist in etwa so wie bei der Handy-Texteingabe – die gibt einem zuweilen ja auch seltsame Wörter vor. Das ist noch nicht ausgereift, aber wir sind in einem Digitalisierungsprozess, der nicht mehr aufzuhalten ist.


POTENZIAL FÜR STORYTELLING SEHEN SIE AUCH BEI ANWÄLTEN. WIE DARF MAN SICH DAS DENN VORSTELLEN?

Ich sage häufig: Moderne Ansprache und Stilistik gut und schön, aber wenn Ihr überzeugend schreiben wollt, dann müsst Ihr auch eine gute Geschichte dazu haben. Ich integriere daher mit meinem neuen Konzept Storyvolution die Entwicklung von Geschichten, die überzeugen, für Kanzleien. Bei jeder Kampagne, die ich mit konzipiere, bei jeder Werbekommunikation für eine Kanzlei, einen Verlag oder für ein Produkt, frage ich: In welcher Geschichte ist mein Adressat der Held? Dieser Storytelling-Ansatz hilft, die eigene Dienstleistung als Hilfsmittel in einer Heldengeschichte zu begreifen und den Mandanten zu vermitteln. Auf einer Ebene davor, also beim Entwickeln von Beratungslösungen, hilft der Storytelling-Ansatz, Beratungspakete von vornherein wirksam auf die Bedürfnisse von Kunden hin zu entwickeln. Den Storytelling-Ansatz beherzigen Journalisten in jedem ihrer Texte; ich nutze das Potenzial in der Kommunikation.


DRÜCKEN SIE DOCH MAL DENN START-KNOPF EINER GESCHICHTE…

Ein kleines Beispiel. Das klassische Storytelling-Narrativ ist das von David und Goliath. Eine Kanzlei, die einen kleineren Player gegenüber einem großen Player oder vielleicht gegen eine mächtige Behörde oder gar einen Staat vertritt, arbeitet also für den David. Der große Player ist der Goliath. Die mitschwingende Botschaft lautet: der Kleine ist in einer ohnehin schwächeren Position, also gebietet es das Prinzip der übergeordneten Gerechtigkeit, ihm nicht noch zusätzlich Steine in den Weg zu legen. Im konkreten Fall kann das helfen, zu begründen, warum der Kleine jetzt vor Gericht Recht bekommen, eine Genehmigung erhalten oder ihm anderweitig Gerechtigkeit widerfahren sollte.




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