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Präkrastination – auch nicht besser als das Gegenteil

Schieben Sie auf oder eilen Sie Ihren Aufgaben voraus? Die Prokrastination ist ein vielbesprochenes und vielerlebtes Phänomen in der Juristerei. Einige bezeichnen sie direkt als eine Art Berufskrankheit – die bestimmt begünstigt wird durch viele Fristen und die Menge gleichzeitiger Aufgaben, die uns permanent auf Trab hält. Denn diese halten uns beschäftigt, auch wenn wir das eigentlich Wichtige gerade vor uns herschieben. Und so können wir sagen: Geht ja gerade nicht anders! Und alles Mögliche erledigen, bevor wir uns der vielleicht auch ungeliebten, wichtigen Sache widmen.

Es gibt allerdings auch das Gegenteil dieser Aufschieberitis. Das ist der Drang, jede auftauchende Aufgabe direkt und nicht nur im Sinne des BGH unverzüglich, sondern wirklich einfach sofort zu erledigen. Immer. Dieser Drang wird Präkrastination genannt und kann genauso zu Problemen führen wie das andere Extrem. Denn die Aufgaben und Anliegen können ja dank moderner Kommunikationstechniken rund um die Uhr auftauchen und durch sofortige Bearbeitung werden sie im Grunde nur noch mehr.

Die Gefahren der Präkrastination

  • Überforderung und Burnout
  • Fehler
  • Kein Raum für Kreativität
  • Prokrastination in anderen Lebensbereichen

Überforderung und Burnout

Genauso wie die Aufschieberitis kann auch die Präkrastination in Überforderung und Burnout führen. Weil das ständige „unter Strom stehen“ körperlich und mental anstrengend ist und uns keine Gelegenheit zu Pause gibt. Das hohe Tempo bietet von allein keine Unterbrechung, weil die schnellen Rückmeldungen dazu führen, dass auch schnell wieder neue Themen auftauchen.

Fehler

Wenn wir immer alles sofort erledigen, werden wir an vielen Stellen an der Oberfläche bleiben. So kann die Aufgabe entweder wie ein Boomerang zurückkommen, weil sie gar nicht vollständig erledigt war oder direkt die Folgefrage auftaucht. Oder wir haben etwas übersehen, was uns bei sorgfältiger Prüfung zur richtigen Zeit wahrscheinlich nicht passiert wäre.

Kein Raum für Kreativität

Wenn wir geradezu hyperaktiv und eilig alle Dinge sofort beantworten, bleibt weniger Raum für ein tieferes Durchdenken, für das Schlafen über eine schwierigere Sache, für das Auftauchen neuer Perspektiven und die Möglichkeit weiterer Lösungsoptionen. Kreativität braucht Zeit und Raum und kann unter unserer Präkrastination schnell vergraben werden.

Prokrastination in anderen Lebensbereichen

Wenn wir zu allen Tages- oder Nachtzeiten bereit sind, „schnell mal eben kurz“ eine Mail zu beantworten, einen Rückruf zu erledigen, eine Einschätzung zu einer veränderten Situation zu geben, bedeutet das gleichzeitig, dass wir privaten Vorhaben für diese Zeit eine Absage erteilen. Dass wir nicht wirklich anwesend sind bei der von Telefonaten unterbrochenen Verabredung. Oder, dass wir den Sport immer wieder verschieben, das Treffen mit Freunden verpassen, das Buch ungelesen in der Ecke liegenlassen. Es gilt hier aufzupassen, die eigenen Wünsche nicht so lange aufzuschieben, bis sie nicht mehr verwirklicht werden können.

5 Tipps für eine gesunde Balance

Wie in allen Bereichen gilt: Wir müssen unseren eigenen Weg finden. Vielleicht beruhigt es Sie, schon am Sonntag zu sehen, welche Fragen über das Wochenende bei Ihren Mandanten aufgetaucht sind. Oder Sie möchten noch am Abend wissen, welche Schreiben der Gegenseite kurz vor Feierabend in der Kanzlei noch verschickt wurden. Aber: Müssen Sie deshalb gleich alles bearbeiten und beantworten? Nicht alle mögen sich umgewöhnen und zum Beispiel von der permanenten Beobachtung des Mail-Postfachs umstellen auf ein regelmäßiges Abrufen der Nachrichten nur zu bestimmten Zeiten. Was wir aber alle können: Eine bewusste Entscheidung für den eigenen Rhythmus treffen.

  • Treffen Sie eine bewusste Entscheidung, wie oft Sie Ihre Nachrichten checken möchten.
  • Entscheiden Sie dann vor allem auch, was Sie mit den Informationen machen. Dass Sie wissen, was los ist, bedeutet schließlich nicht, dass sie sofort reagieren müssen.
  • Planen Sie feste Zeiten ein für die Dinge, die Ihnen wichtig sind – sei es die strategische Entwicklung der Kanzlei, die Familienzeit, ein Hobby oder was Sie sonst noch für Ihre Erfüllung brauchen. Nehmen Sie diese Entscheidung genauso wichtig wie Ihren Job.
  • Unterscheiden Sie ganz klar zwischen wichtigen und dringenden Aufgaben und machen vor allem die nur vermeintlich dringenden ausfindig. Die können meistens warten und das dürfen wir auch klar kommunizieren.
  • Geben Sie Ihren Mitmenschen etwas Zeit, sich an eine veränderte Herangehensweise zu gewöhnen. Das tun sie.

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