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© Adobe Stock, Andrey Popov

Ist Ihr Leben turbulent oder sind Sie im Stress?

Es gibt solche Menschen, die begrüßen uns in jeder Situation mit einem „Na, bist du auch gerade so im Stress?“ oder „Wahnsinn, das Jahr hat schon wieder so stressig begonnen!“. Und es ist ja auch wirklich sehr viel los. Die Nachrichten aus allen Ecken der Welt sind weiterhin zahlreich und überwiegend beunruhigend. Und der Arbeitsalltag von vielen von uns hat wieder richtig Fahrt aufgenommen, mit mehr Terminen und einem Tempo, das sich ein bisschen anfühlt wie vor der Pandemie. Jetzt heißt es extra gut aufpassen und nicht all das vergessen, was wir gesagt haben, als die kollektive Auszeit uns so einiges über das Leben gelehrt hat. Wollten wir nicht auch in Zukunft weiter ein paar Sachen anders machen als zuvor?

Bei mir lösen diese Bemerkungen über den vielen Stress dennoch einen kleinen Widerstand aus. Weil ich mich nicht gern über Stress definiere, auch wenn gerade viel los ist. Und das hat gar nichts mit der Pandemie zu tun. Es gibt Menschen, die sich eher gestresst fühlen als andere, das ist klar. Wir sind unterschiedlich. Wir alle können aber auch aufpassen und beeinflussen, was wir uns selbst so erzählen über uns und unseren Alltag. Sprache hat eine starke Wirkung – auch im Selbstgespräch. Deshalb macht schon die Wortwahl einen großen Unterschied: Ist ihr Leben turbulent oder sind Sie im Stress?

Stress entsteht, wenn wir uns fremdbestimmt fühlen, wenn dieses Hamsterradgefühl auftaucht und wir hauptsächlich dem hinterherzurennen scheinen, was andere für uns terminiert und bestimmt haben.

Was hilft Ihnen, weniger Stress zu haben?

Es gibt unzählige Tipps dazu, wie wir besser mit Stress umgehen können. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wohin genau das führen soll. Immer mehr „aushalten“ können? Wenn wir das Gefühl haben, einen guten Teil unserer Energie darauf zu verwenden, mit dem klarzukommen, was uns gar nicht passend scheint, ist der Gewinn ein kurzfristiger. Deshalb ist diese Frage so wichtig: Was hilft Ihnen, weniger Stress zu empfinden?

Das hat zu tun mit den Entscheidungen, die wir treffen und mit der Klarheit, die dadurch in unser Leben kommt. Sie sind gut beschäftigt und möchten eigentlich erst mal drei Wochen gar keine neuen Sachen annehmen? Wenn genau dann ein superinteressantes Mandat auftaucht, das Sie einige späte Abende an Recherche und Vorbereitung kosten wird, haben Sie dennoch die Entscheidung: Sie können ja oder nein sagen.

Wir haben viel mehr Entscheidungsmöglichkeiten, als wir manchmal wahrnehmen

Das gilt für Selbstständige genauso wie für Angestellte. Es sind nur manchmal die Richtungen unterschiedlich, aus denen die Dinge von außen auf uns zukommen. Gestalten können wir an allen Plätzen.

Wir haben alle die gleiche Zeit zur Verfügung. Wenn etwas dazukommt, wird an anderer Stelle etwas weniger werden. Es kann der Sport sein, der hinten runterfällt, die Treffen mit Freunden, die Zeit für uns selbst. Und es ist viel leichter, darüber klar zu entscheiden und nicht einfach allen anderen oder der Welt persönlich die Schuld zu geben, wenn wir nicht zu dem kommen, was wir auch noch gern tun.

Wir können alles tun, nur eben nicht alles gleichzeitig

Natürlich können wir die Entscheidung treffen, uns für eine Zeit lang auf mehr einzulassen, als auf Dauer für uns passend ist – und dann in dem Wissen, dass es sich um eine Phase handelt, diese zugesagten Dinge auch bei enger Taktung genießen. An dieser Stelle wird dann die andere Frage wichtig: Was hilft uns, durch solche turbulenten Zeiten zu kommen? Die klare Entscheidung für das, was wir tun, steht an erster Stelle. Und dann gilt es, für alles andere ebenso klare Entscheidungen zu treffen.

Was hilft Ihnen in turbulenten Zeiten?

Wenn es stressig wird, neigen wir dazu, gerade an den eigentlich wichtigen Dingen Zeit abzuknapsen. Weniger Schlaf und Bewegung, ungesündere Mahlzeiten, weniger Treffen mit Freunden. Alles gesunde Sachen. Was kein Gegensatz sein soll, denn auch arbeiten kann sehr gesund sein. Beobachten Sie, welche Teile Ihrer Arbeit Ihnen Energie geben, weil Sie sie gern machen. Oder weil sie Ihnen Sinn geben und Gelegenheit für wunderbare Verbindungen mit anderen Menschen. Das ist schon fast wieder ein eigenes Thema und gleichzeitig auch an dieser Stelle wichtig: Viel Arbeit bedeutet eben nicht, dass automatisch viel Schlechtes im Leben ist, das dann durch die anderen Komponenten irgendwie ausgeglichen werden muss. Insgesamt brauchen wir eine Balance von Dingen, in die wir Energie geben und solchen, bei denen wir Energie schöpfen. Es ist sehr individuell, was wir für unsere persönliche Balance brauchen. Deshalb auch hier:

Bewusste Entscheidungen helfen uns, durch turbulente Zeiten zu kommen

  • Wieviel Schlaf brauchen Sie, um sich fit zu fühlen? Kommen Sie klar mit kürzeren Nächten in dem Wissen, dass es in ein paar Tagen wieder mehr wird? Ist die letzte schon übermüdete Stunde mit langsamerem Denken für Ihr Projekt gerade wertvoller als der Schlaf, der am nächsten Morgen einen frischeren Start ermöglicht?
  • Wenn Sie es nicht in Ihr Fitness-Studio schaffen oder zur gewohnten Yoga-Stunde: Könnte es eine kleinere Einheit von Bewegung geben, die Sie unterbringen können? Zwischen ganz oder gar nicht in Sachen Bewegung liegen so einige Treppenstufen, der zu Fuß gegangene Weg oder ein 15-Minuten-YouTube-Workout. Wenn das Übliche nicht klappt, gibt es bestimmt eine kleinere Alternative.
  • Es mag keine Zeit dafür da sein, auf dem Markt herumzustreifen und aus lauter frischen, regionalen Zutaten etwas Aufwändiges zu kochen. Dennoch haben wir hier den sehr großen Luxus, auch bei knapper Zeit zwischen sehr unterschiedlich gesunden Snacks und fertig zubereiteten Mahlzeiten zu wählen.
  • Ein schlechtes Gewissen, vorgeschlagene Treffen mit Freunden abzulehnen oder sich selbst schon länger nicht gemeldet zu haben, kann viel Energie kosten. Auch hier helfen klare Entscheidungen – vielleicht haben Sie einen Abend zwischen all dem, was gerade los ist, und werden ihn so genießen, dass Sie mit mehr Kraft weitermachen können. Und vielleicht passt es im Moment einfach wirklich nicht, dann können wir genau das auch so ansprechen. Wenn es Freunde sind, sind sie noch da, wenn es wieder ruhiger wird.

Wir dürfen uns selbst die Erlaubnis geben, zu entscheiden und umzuentscheiden über ruhigere und turbulentere Phasen. Wenn wir das für uns klar haben, können wir auch unabhängig von vermeintlichen gesellschaftlichen Erwartungen an Produktivität oder gesunden Lebensstil auf die Frage „Na, bist du auch gerade so im Stress“ mit „Nö“ antworten. „Nö, gerade geht es bei mir ruhiger zu“ oder „Nö, es ist turbulent und ich mag’s“.

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