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Die Kunst des Krieges – Sun Tzu für Juristen

Die Kunst des Krieges (The Art of War) von Sun Tzu ist ein Klassiker. Der chinesische Militärstratege lebte um 500 v. Chr., doch seine Lehren lassen sich auf viele Situationen im anwaltlichen Berufsleben von heute transferieren. Aber: Kann man einen Prozess vor Gericht mit einem kriegerischen Gefecht vergleichen? Es gibt durchaus Parallelen.

Oberster Grundsatz für den Feldherrn ist es, den Gegner ohne Kampf zu unterwerfen oder zumindest einen schnellen Sieg zu erlangen. Und auch für den Anwalt ist der beste Sieg jener, für den nicht prozessiert werden muss. Eine frühe Einigung kostet weniger Ressourcen – Zeit, Geld, Kraft – als ein langes, zähes, ermüdendes Verfahren. Doch oftmals lässt sich ein Gefecht – ein Prozess – nicht vermeiden.


Die Bewertung der Lage

Der neue Mandant kommt in Ihre Kanzlei und schildert sein Anliegen. Ein Konflikt droht und er möchte siegreich daraus hervorgehen. Ihnen, als „konflikterfahrenem Feldherrn“, wird quasi vom „Herrscher“ die rechtliche Einschätzung und Abwägung übertragen.

Die Ausgangssituation wird daraufhin von Ihnen einer genauen Analyse unterzogen. Welche Argumente hat Ihr Mandant auf seiner Seite? Wie stark ist der Gegner? Was ist die Ursache der Auseinandersetzung, was ist ihr Ziel und wie lässt es sich erreichen?

Sun Tzu said: If you know the enemy and know yourself, you need not fear the result of a hundred battles.

Wer sich und den Feind kennt, braucht den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.

Die begabtesten Generäle versuchen, eine Schlacht zu vermeiden. Soweit möglich, begebe man sich jedenfalls nur in Gefechte (oder Prozesse), die man auch gewinnen kann. Vorrangig ist die wirksame Verteidigung sicherzustellen, dann erst der effektive Angriff.


Das Schicksal des Mandanten in Ihrer Hand

Sun Tzu said: The art of war is of vital importance to the State. It is a matter of life and death, a road either to safety or to ruin.

Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod; eine Straße, die in die Sicherheit oder in den Ruin führt.

Vom Engagement des Anwalts und dem Ausgang eines Gerichtsprozesses hängt viel für den Mandanten ab. Vielleicht ist es keine Frage von Leben und Tod, doch ein verlorener Prozess bedeutet für ihn stets den Verlust von viel Geld oder der Freiheit, etwas zu tun.


Flexibilität bewahren, Schwächen erkennen, Chancen nutzen

Sun Tzu said: According as circumstances are favorable, one should modify one’s plans.

Wenn die Umstände günstig sind, sollte man seine Pläne anpassen.

Ein Anwalt weiß, dass zwar einerseits die exzellente Vorbereitung auf den Prozess wichtig ist, das starre Festhalten an einer Taktik hingegen ins Verderben führen kann. Getreu dem militärischen Leitsatz des Carl von Clausewitz: „Kein Plan überlebt die erste Feindberührung“.

Wie ein kluger General, so ist auch der Anwalt jederzeit bereit und in der Lage, seine Pläne anzupassen, um eine Schwachstelle auszunutzen oder eine Chance zu ergreifen.


Strategie und Taktik – Ass im Ärmel und Pokerface

Sun Tzu said: Keep your plans and tactics as dark as night. Mask strength with weakness, courage with timidity, order with disorder.

Halte Deine Pläne, Strategie und Taktik so dunkel und undurchdringlich wie die Nacht. Kaschiere Deine Stärke mit vorgetäuschter Schwäche, Deinen Mut mit scheinbarer Furcht und verhülle Deine Ordnung mit dem Mantel der Unordnung.

Kurzum, ob Pokerface oder Understatement: In Verhandlungen jeglicher Art ist es ratsam, nicht gleich offenzulegen, welche Asse man noch im Ärmel hat.


Fazit: Der Anwalt als Stratege und Feldherr

Um die in der Kunst des Kriegespostulierten Regeln zu beherrschen, bedarf es fortwährender Entwicklung. Das gilt auch für die individuelle Anwaltskunst. Mit jedem Mandanten und jedem Verfahren lernt der Anwalt etwas Neues: über sich selbst, über das Recht und über die Prozessführung. Anwälte sind nicht nur Strategen, sondern müssen – im Sinne von Sun Tzu – durchaus auch Feldherrn-Qualitäten aufweisen. Ob im Krieg oder vor Gericht, es gilt:

  • Der beste Sieg ist jener, für den keine Auseinandersetzung nötig ist.
  • Die richtige Einschätzung und Bewertung der Ausgangslage ist essentiell für den Erfolg.
  • Wenn es zur Auseinandersetzung kommt, steht viel auf dem Spiel. Dieser Verantwortung sollte man sich bewusst sein.
  • Flexibilität hält wach! Bleiben Sie allzeit bereit, Ihre Taktik zu ändern.
  • Legen Sie nie gleich alle Karten auf den Tisch. Der richtige Moment wird kommen. Und dann stürze herab wie ein Blitzschlag (Sun Tzu).

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